|41|

1.1K 84 8
                                    

Lebende Schatten färbten sich durch die Flammen auf das Blutmeer und verdrängten die Dunkelheit.
Wieder waren dort die Schreie, die Emma jede Nacht zu jagen schienen. Wieder sah sie Grace und ihre Familie, die sie anstarrten und auf etwas warteten. Die Blicke bohrten sich in Emma, die mittlerweile nicht mehr weiter wusste.
Hände stiegen aus dem Blut empor und griffen nach ihr, versuchten sie im Blut zu ertränken.

"Komm zu uns." riefen ihr Grace und ihre Familie zu. Ihr Herz schmerzte beim Anblick. Ihre Schwestern kamen ihr entgegen.

"Komm zu uns, Emma. Wir vermissen dich. Komm zu uns." baten sie und hielten ihr die Hand entgegen.

"Ich kann nicht. Noch nicht." trauerte Emma ihrer Familie nach, die plötzlich in Flammen aufgingen und sie ohne Vorwarnung in die Tiefe gezogen wurde. Vor ihr war die blutbeschmierte Grace die grinste. Beim genaueren Hinsehen merkte Emma allerdings, dass es nicht Grace war. Es war sie selbst. Es war die Blutkönigin.

"Du bist zu schwach. Wegen dir wird Amestria untergehen. Lass mich regieren." sagte sie mit kalten Stimme und begann Emma zu erwürgen.

"Lass mich los. NEIN!" schrie Emma und erwachte schweißgebadet aus dem Traum. Neben ihr bewegte sich etwas und sie schlug auf den Schatten neben ihr ein.

"Ich will nicht sterben! Bitte lass mich!"

Starke Hände umgriffen ihre Handgelenke und eine ihr vertraute Stimme sprach auf sie ein.
"Grace! Wach auf! Es war ein Traum. Du bist bei mir." beruhigte Adam sie und schloss sie in seine Arme. Erst jetzt wurde ihr bewusst wo sie war. Sie lag neben Adam in ihrem neuen gemeinsamen Gemach. Es war Nacht und in ein paar Stunden würden sie beide als König und Königin von Aerugo gekrönt.

"Es tut mir Leid, Adam. Ich wollte dir nicht wehtun. Es tut mir so Leid." bat Emma um Verzeihung und schmiegte sich an Adams warme Brust. Diese Wärme zeigte Emma wie sehr sie eigentlich zitterte.

"Mach dir keine Sorgen, so schnell kriegst du mich nicht klein." meinte Adam und zog sie auf seinen Schoß, tröstete sie.
"Wovon hast du denn geträumt? Die ganze Zeit hast du 'Komm zu uns.' gesagt. Bitte Grace, sag mir was dich belastet." hörte Emma die Sorge in Adams Stimme und wünschte sich so sehr, dass sie es ihm hätte sagen können, hätte ihm all ihre Albträume und sorgen erklären können. Doch konnte sie es nicht.

"Hab ich das gesagt? Ich kann mich nicht erinnern worum es im Traum ging. Nur das ich Angst hatte." log sie ihn an und schämte sich dafür ihre Mann, ihre Liebe, anlügen zu müssen.
Sie dachte an sich als die Blutkönigin und fragte sich was es zu bedeuten hatte.

"Sind es immer noch dieselben Träume, welche dich seit der Entführung plagen?" wollte er wissen. Er erinnerte sich wohl an die Nacht in der sie sich bei der Eiche getroffen und gestritten hatten. Adam hatte sie ins Bett gebracht und neben ihr gelegen um sie nicht alleine zu lassen. Emma kam es vor, als wäre dies bereits eine Ewigkeit her. In diesem Schloss passierten bereits so viele Ereignisse und es nahm scheinbar kein Ende.

In Adams Gesicht blickend antwortete sie wahrheitsgemäß auf seine Frage: "Die Toten verfolgen mich."

Besorgt und verständnisvoll sah Adam sie an, dann rückte er sie von sich.
"Ich weiß genau was du meinst." sagte er sanft.
"Ich will dir etwas zeigen, etwas was du noch nicht gesehen hast, weil ich es vor dir versteckt habe."

Verwirrt versuchte Emma zu verstehen was er meinte. Was hatte er ihr nicht gezeigt?
Langsam zog Adam sein Nachthemd aus, drehte seinen Rücken zu ihr und Emma erschrak bei dem Anblick. Wie konnte sie das vorher nicht gesehen haben? War sie so blind vor Lust gewesen, sodass sie dies wirklich ignoriert hatte?
Auf Adams Rücken ragte ein Löwe, welches hineingebrannt wurde. Die Narbe wirkte alt und schien tief zu sein. Behutsam strich sie mit ihren Fingern darüber, beinahe als wäre die Wunde noch verletzlich.

Blutkrone Where stories live. Discover now