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Es war wieder einer dieser Nächte. Wieder besuchten die Toten Emma in ihren Träumen und hielten sie gefangen, zogen sie tiefer in den Blutmeer hinein. Diesen Traum hatte sie Nacht für Nacht. Dieses Mal war es jedoch anders. Eine Hand ergriff ihre und versuchte sie aus dem Meer zu ziehen. Leider erkannte Emma das Gesicht nicht und erwachte schreiend.

Schwitzend und erhitzt saß sie auf ihrem übergroßem Bett. Ihre roten Locken klebten an ihr und ihr Atem ließ sich nicht beruhigen. Emma hielt es nicht mehr aus, zog sich einen Mantel an und rannte aus ihrem Gemach. Ihre Füße trugen sie ohne ihren Befehl nach draußen. Atemlos stand sie nun vor der großen Eiche in den Gärten. Es war für Emma eine Art Zufluchtsort geworden. Sie hatte das Gefühl, dass Grace hier war; dass dies ihre Ruhestätte war, auch wenn sie wusste, dass Graces Körper verkohlt mit den anderen Nonnen vergraben wurde. Das war ihr Grab.

Mit dem Rücken an den kalten Baum lehnend, sah sie zum klaren Himmel auf, in denen die Sterne um die Wette funkelten.
"Grace." flüsterte Emma ihren Namen ehrfurchtsvoll.
"In was für eine Situation bin ich nur geraten? Warum musste es nur so kommen? Deine Mörder habe ich immer noch nicht gefangen, ich weiß nicht wer für den Brief für Kastil verantwortlich ist, meine Freundinnen kämpfen ihre eigenen Kämpfe und streiten, und zu allem überfluss bin ich in Adam verliebt und durch James verwirrt. Kannst du mir nicht helfen?"

Plötzlich hörte Emma eine Stimme. Es war jedoch nicht Graces Stimme.
"Du lernst es wohl nie, oder Grace? Wie oft soll man dir noch sagen, dass du nicht alleine herumlaufen sollst?" erkannte Emma Adams Stimme, der vor ihr stehen blieb. Seine blonden Haare waren völlig zerzaust und seine Kleidung war auch eher schlicht. Er trug eine schlabrige, braune Hose und ein weißes, weit geöffnetes Hemd, was seine Muskeln nicht verdeckte. Noch nie war Adam ihr schöner vorgekommen. Der drei Tage Bart trug auch einiges dazu bei.

"Ich musste für einen Moment raus." erklärte sie und konnte ihre Augen nicht von ihm nehmen. Das war das erste Mal das sie nach dem Gewitter miteinander sprachen. Jetzt stand sie vor ihm und sie wusste nicht was sie sagen sollte.

"Vielleicht um jemanden zu treffen?" kam es gereizt von Adam, was Emma zusammenzucken ließ. Woher kam diese Kälte in seine Stimme und wen sollte sie denn treffen? Vorher hatte sie es aufgrund der Dunkelheit nicht erkannt; Adams Gesicht war vor Ärger verzogen. Der Anblick versetzte ihr einen Stoß ins Herz. Hatte sie ihn so sehr verletzt, dass er dermaßen wütend auf sie war?

"Adam, i-ich wollte mich für den Tag im Regen entschuldigen..." setzte Emma an, wurde doch je von Adam unterbrochen.
"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es hat doch nichts bedeutet. Alles vorher hatte doch keine Bedeutung für dich."

Wie vom Blitz getroffen stand Emma regungslos dort. Die Worte fügten ihr wahrlich Schmerzen zu und ihre Hände zitterten. Trauer und Wut mischten sich und Emma verstand nicht, weshalb Adam sie anfuhr.

"Wie kommst du darauf?! Das stimmt nicht!" wurde Emma lauter, denn sie mochte es gar nicht, wenn jemand so mit ihr sprach.

"Natürlich nicht. Dann habe ich mir deinen Kuss mit James nur eingebildet?! Oder deine Zuneigung für ihn, wenn er in deiner Nähe ist?!" wurde auch Adam lauter, verschränkte die Arme vor seiner Brust.
Ausgerechnet Adam hatte den Kuss gesehen. Der, der es überhaupt nicht erfahren sollte.

"Adam, dass ist nicht so wie du denkst..." wollte Emma es ihm erklären, Adam ließ ihr aber keine Gelegenheit dazu.

"Was ist es denn dann? Du reitest mit ihm einfach durch die Wildnis, ohne Wachen, obwohl er dein Feind ist. Er hilft uns die Intrigen gegen dich aufzudecken. Du schenkst ihm immer wieder ein Lachen und wirkst in seiner Nähe erleichtert. Und dann küsst ihr euch ohne darüber nachzudenken, was für Folgen es haben könnte."

Blutkrone Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt