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~~~~~~~~~~~Emmas Sicht~~~~~~~~~~

Zwei Wochen hatte die Reise zum Schloss von Amestria gebraucht.
Zwei ganze Wochen durch die Kälte und den Schnee, durch Städte und weite Felder und Wälder.
Zwei ganze Wochen in denen Emma zu viel Zeit gehabt hatte, um an Adam zu denken und ihn in alles und jeden wiederzuerkennen. Sie erkannte ihn in den Äpfeln, welche er so gerne aß, in den Flammen am Kamin, an dem sie zusammen gesessen hatten und in den Armen des anderen lagen, in dem Duft des Waldes welches sie an ihn erinnerte und vieles mehr. Immer wieder, trotz ihrer Versuche ihn aus ihren Gedanken zu verbannen, kehrte  er zurück und ließ ihr Herz mit Schmerzen zurück.

Die Tage hatte sie zudem die Übelkeit verfolgt. Sobald sie etwas gegessen hatte, blieb es nur schwer drinne und das Essen was sie sonst mochte, schmeckte ihr nicht mehr. Für Gideon zwang sie sich dennoch zum Essen, denn der Junge sorgte sich um seine Ziehmutter, was ihr half sich zurecht zu raffen. In der Zeit hatte sie den Jungen besser kennen gelernt, wusste nun das er Möhren verabscheute und Geschichten liebte. In einer Nacht in einer Taverne hatte er ihr sein Geheimnis anvertraut. Aus Gleichheit, so meinte er. Gideon gestand ihr, dass er, wenn er an die Liebe dachte immerzu sich andere Jungen statt Mädchen vorstellte und es sich deshalb schämte. Emma hatte geschmunzelt und ihm von ihrem ersten Kuss mit Avery erzählt, damit er sich nicht falsch fühlte. An die Liebe konnte nichts falsch sein, so fand sie. Es war schmerzhaft und brachte viele unerwünschten Gefühle mit sich, doch die Liebe war nicht falsch. Sie war das ehrlichste Gefühl auf Erden.

Viele Nächte hatten sie in Tavernen oder Gaststätten verbracht.
Doch endlich war die beschwerliche Reise zu Ende, denn Emma erblickte Amestrias Schloss: Graces Geburtsort und Emmas neues zu Hause. Das Schloss bestand aus helle Steinen und die Ziegelsteine waren in blau gehalten, und eine Mauer war zum Schutz darum gebaut worden. Um das Gebäude herum war ein großes Feld, wahrscheinlich wuchsen dort im Frühling Wildpflanzen und schmückten alles herum. Doch jetzt war es ein fremdes Gemäuer, indem eine grausame Frau lebte, welche Emma niederstrecken musste.

Die Tore wurden geöffnet und die Kutsche fuhr in den Innenhof. Dort waren mehrere Wächter, welche über die Ankunft ihrer Königin überrascht waren.
In der Kutsche atmete Emma nochmal tief durch.
Es war soweit. Sie würde auf Lady Susan treffen, die Frau im Hintergrund.

Aus der Kutsche steigend ließ Emma die trauernde, fragile Emma in der Kutsche zurück und zeigte die starke, beeindruckende Königin, welcher jeder dienen wollte.

Gideon folgte ihr und bestaunte das Gebäude, welches nun ebenfalls sein neues Zuhause werden würde.
Bedienstete kamen auf Emma zu und sie gab ihnen die Aufgabe, sich um Gideon zu kümmern und ihm ein Zimmer zu geben, in dem er leben würde, und welches in der Nähe ihres eigenen Gemaches sein würde. Sie wusste, dass Gideon sowieso ihre Nähe suchen würde und kam dem bereits zuvor.

"Gideon, du wirst jetzt erstmal versorgt und bleibst dann auch in deinem Zimmer. Ich habe noch etwas zu erledigen."

Gideon nickte und beide folgte den Damen ins Schloss. Weitere nahmen von Emma den Mantel entgegen und sie verlangte zu "ihre Mutter" gebracht zu werden.
Das Schloss war von innen mit mehreren Portraits der vorherigen Könige und Landschaften geschmückt, während die Mosaikfenster das Symbol Amestrias zeigte: den Phönix in Flammen. Das rote Glas ließ die weißen Gänge im Sonnenlicht an einigen Stellen rötlich erstrahlen. Es war wunderschön.

Eine Zofe führte Emma zum Thronsaal, in dem Susan sich mit ihren Ratsmännern über die Konflikte im Norden besprach.
Welch passender Augenblick.

Die Tür wurde geöffnet und Emma trat ein.

Das Erste was Emma bemerkte war, dass der Saal in einer Hexagonform erbaut war und an jeder Wand Fenster waren, sodass viel Licht einfiel. Das Zweite waren die acht Männer, welche sich nach und nach zu ihr umdrehten und sich scheinbar fragten, wer sie wäre bis ihnen der Groschen fiel.
Als Drittes sah Emma den Thron, auf dem eine sehr schlanke, großgewachsene, in violett gekleidete, Frau saß, welche die gleichen roten Locken hatte wie Grace und Emma. Doch obwohl ihre Augen die gleiche Farbe wie Graces besaßen, war darin nicht die gleiche Wärme zu spüren wie Emma es damals erfahren hatte. Es hatte die gleiche Wirkung wie Viktorias Augen, kalt und eigensinnig.
Es war Lady Susan, welche zunächst verwirrt die angetroffene junge Frau betrachtete.
Seit Graces achten Lebensjahr hatte sie ihre Tochter nicht gesehen, was für Emma nur von Vorteil war. Susan wusste selber nicht wie ihre eigene Tochter ausgesehen hatte, ansonsten hätte Susan sie sofort enttarnt.

Blutkrone Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt