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Veronika starrte ihren Vater an.

Um sie herum brandete Applaus auf, doch sie schüttelte nur den Kopf. Die Fackeln, die Musik, die Farben und Formen, alles verschwamm als sich ihre Augen mit Tränen füllten.

„Vater", sagte sie und suchte seinen Blick, „Bitte...Wir hatten eine Abmachung."

Antonius blieb unbarmherzig, seine Lippen zu Strichen verengt. „Es tut mir leid. Du wirst mir eines Tages dankbar sein."

Verräter. Veronika konnte an nichts anderes denken, konnte es gar nicht fassen. Ihr eigener Vater hatte sie verraten, verkauft. Er war immer ihr Held gewesen, sie hatte so viel von ihm gehalten, von seinem Urteil, seiner Ehrlichkeit... „Du hast Claudia dein Wort gegeben, bei deiner Ehre, du hast es-"

Von hinten legte sich ein Arm um ihre Schulter. Ehe Veronika sich wehren konnte führte sie jemand mit sich die Stufen hinab und zurück in die Menge. Sie drehte sich nicht zu ihm um, bis er sie auf eines der Liegesofas drückte und sich neben sie setzte.

„Liebste..." Markus Aulus nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. „Wie schön, dich wiederzusehen", sagte er mit einem breiten Grinsen.

„Fass mich nicht an! Du hast mit meinem Vater gemeinsame Sache gemacht." Veronika versuchte ihre Wut zu unterdrücken und presste die Lippen aufeinander. „Ihr habt Claudia und mich betrogen."

„Glaubst du wirklich, dass sich ein Mann wie Antonius von seinen Töchtern erpressen lässt?" Wenn möglich, dann wurde Markus' Grinsen noch eine Spur breiter. „Oh nein, ihr habt ihm wirklich geglaubt?" Er kicherte. „Dann wart ihr noch naiver, als ich dachte..."

Veronika zog ihre Hand weg und wollte aufstehen. „Ich gehe."

„Davon würde ich abraten", sagte Markus und packte sie am Arm. Seine Augen blitzten, doch dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich milde. Er rückte so nah an sie heran, dass es ihr unangenehm war und strich ihr über die Wange. Sie schauderte bei seiner Berührung, doch Markus schien es gar nicht zu bemerken. „Veronika..." Seine Stimme klang, als würde er mit einem geistig Kranken sprechen. „Du hast eine schwere Zeit hinter dir. Das Verhalten deiner Schwester, die überstürzte Reise...Es ist verständlich, dass du dich da einem Kult zuwendest..."

„Du weißt...?"

„Antonius hat mir alles erzählt. Aber das gibt sich schon. Jetzt bist du ja wieder da. Wenn wir erst verheiratet sind, werden diese Leute in deinem Leben keine Rolle mehr spielen..."

„Was redest du da?" Veronika rückte von ihm ab. „Ich kann dich nicht heiraten. Ich will dich nicht heiraten!"

Kurz zeigte sich offen der Ärger auf seinem Gesicht. „Oh doch, das wirst du. Dein Vater will es, ich will es. Wir sind uns alle einig."

„Ich liebe dich nicht."

Markus schmunzelte. „Es ist nicht deine Liebe, die ich brauche." Er neigte den Kopf und legte seine Lippen an ihr Ohr, sodass nur sie ihn hören konnte. „Ich habe drei Jahre auf dich gewartet, was glaubst du, warum? Du bist die perfekte Frau, dein Ruf tadellos. Und genau das will ich von dir, deinen Ruf und deinen Gehorsam. Ich habe viel vor, vielleicht werde ich bald sogar Kaiser sein...Du wirst an meiner Seite sitzen, den Mund halten und lächeln. Verstanden?"

„Mein Gott-"

Ich bin dein Gott!" Er hatte einen fast beleidigten Unterton. „Früher hast du das gewusst..."

Veronika wollte den Mund öffnen, doch Markus unterbrach sie noch ehe sie etwas sagen konnte. „Hör mir zu", flüsterte er und sein Ton wirkte auf einmal gar nicht mehr freundlich. „Du gehorchst mir, oder du wirst die Konsequenzen spüren. Ich kann deine Christenfreunde ausfindig machen, wenn ich will. Weiß der Kaiser schon, dass ihr unsere Götter ablehnt? Nein? Das wird ihm sicher nicht gefallen. Machen wir es doch so...Du wirst die Frau, die ich an meiner Seite haben will und ich lasse deine Freunde in Ruhe. Widersetzt du dich mir, lasse ich vielleicht ein paar von ihnen in unserem Vorgarten verbrennen, was sagst du?" Er legte den Kopf schief. „Unter deinem Balkon, damit du es auch gut sehen kannst...?"

VeronikaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt