Die Früchte des Sieges

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Nein.

Antonius starrte seine Tochter an. Er begriff nicht recht, was gerade geschehen war. „Veronika..."

Tiberius sagte etwas, woraufhin sich zwei Soldaten von ihrem Platz an der Tür lösten und Veronika in ihre Mitte nahmen.

„Göttlicher, Tiberius, bitte", kam es von Markus Aulus. Seine Stimme überschlug sich vor Hast. Er schien nicht mehr sicher auf den Beinen und musste sich am Stuhl des Kaisers abstützen. „Das Mädchen ist verwirrt, sie haben sie verhext, sie ist nicht bei Sinnen. Bitte. Noch eine Chance..."

„Nein." Tiberius hob die Hand. „Sie hat sich entschieden."

Veronika blickte auf. Etwas Unnahbares ging auf einmal von ihr aus. Fast als würde sie das Entsetzen um sie herum völlig kalt lassen. „Sei unbesorgt, Markus", rief sie den hohen Herren entgegen, „Es wird heute trotzdem eine Hochzeit geben."

Als sie sich zum Gehen wandte, hielt es Antonius nicht mehr aus. Er machte ein paar Schritte vor, doch andere Senatoren packten ihn an den Armen und zogen ihn zurück.

„Tu dir nicht weh", flüsterte einer, „Du kannst nichts mehr für sie tun."

Die Stimmung hatte sich verändert. Waren die Männer noch vor Minuten voller Verachtung für Veronika und ihren Vater gewesen, so sagten ihre Mienen nun etwas anders. Antonius sah Mitleid, Angst, Entsetzen. Normalerweise verurteilte man Verbrecher zum Tode, keine kleinen Mädchen. Mit Veronikas Hinrichtung war selbst für die römischen Senatoren eine Schmerzgrenze erreicht.

„Lasst mich durch", knurrte er und versuchte sich loszureißen. „Veronika!"

Sie sah ihn nicht an. Mit versteinertem Gesichtsausdruck führten sie die Soldaten zur Tür.

Veronika!" Es war eine andere Stimme, eine die das Gemurmel und die Rufe ihres Vaters sogar übertönte und diesmal wandte sie sich tatsächlich um.
Markus war vor den Kaiser getreten, Zorn in Blick. „Wo ist dein Gott, Veronika!", kreischte er und in seiner Wut schien er dem Wahnsinn nahe. "Warum kann er dich jetzt nicht retten? Zeig mir deinen Gott!"

„Heute nicht", antwortete Veronika, ganz die Ruhe. „Aber ich verspreche dir, Markus, ich werde nicht aufhören für dich zu beten auf dass du eines Tages doch erkennst. Vielleicht sehen wir uns dann wieder. Am Ende der Zeiten."
Und damit verließ sie ihn.

Auch Tiberius erhob sich.

„Nein!" Antonius stolperte vorwärts, auf den Stuhl des Kaisers zu. „Tiberius! Das kannst du nicht tun! Hol sie zurück!"

Der Kaiser schüttelte den Kopf. „Es tut mir Leid."

„Nein! Nein!" Er stürzte hinter ihm her als er die Villa verlassen wollte. Mittlerweile hielten ihn vier Senatoren fest, Antonius stolperte unter ihren Griffen und fiel zu Boden.

„Tiberius, bring sie zurück! Tiberius!" Er schrie, auch wenn der Kaiser und seine Tochter längst fort waren, schrie gegen die Senatoren an, die versuchten, ihn zu beruhigen, schrie bis ihm die Tränen kamen, bis seine Stimme vor Heiserkeit brach.

„Gebt sie mir zurück! Gebt mir mein Kind zurück!"

VeronikaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt