2

378 47 1
                                    

Claudia drückte Lucius an sich und versuchte ihn zu beruhigen, als bewaffnete Soldaten ihr Haus stürmten.

Die Männer stellten sich den Eindringlingen entgegen, Titus voran, doch sie mussten bald einsehen, dass Widerstand keinen Sinn hatte. Es waren zu viele, noch dazu die Garde des Kaisers.
Kurz blitzten Schwerter, doch es kam zu keinem richtigen Kampf, die Soldaten hatten Titus und die anderen gegen die Wand geschoben ehe die sich überhaupt rühren konnten.

Der Hauptmann trat vor und nahm seinen Helm ab. Im Zwielicht blitzte der Stahl kurz auf als er das Licht einer Öllampe streifte.
„Herrin", sagte er und ging auf Claudia zu, die ihren Sohn noch fester an sich drückte. „Entschuldigt die frühe Störung. Auf Geheiß des Kaisers sollen wir Veronika, Tochter des Antonius festnehmen. Gebt sie frei und niemandem geschieht etwas."

„Sie ist nicht hier." Claudia spucke ihm die Worte regelrecht vor die Füße.

„Dann sagt uns wohin sie gegangen ist."

„Sicher nicht."

„Herrin." Der Mann schien sich ziemlich unwohl in seiner Haut zu fühlen. „Es wäre besser, Ihr würdet kooperieren. Der Senator Markus hat eindeutige Befehle hinterlassen. Weigert ihr euch, sollen wir Euren Sohn-", sein Blick blieb auf Lucius hängen, der immer noch weinte, „ - töten. Wirklich Herrin, die Sache ist ernst."

Claudia erhob sich. Ihre Beine zitterten, aber nicht vor Angst. Statt zurückzuweichen trat sie dem Hauptmann entgegen. „Meinen Sohn töten?", zischte sie, „In was für einem Land leben wir hier eigentlich? Was ist aus Rom geworden, aus Männern, die ihr Volk beschützt haben, anstatt es zu terrorisieren?"

„Sag es ihm einfach!" Ihr Blick schnellte zu Titus, der noch immer an die Wand gedrückt wurde. „Du machst es nur schlimmer Claudia, bitte. Sag es ihm."

Der Rest der Hausgemeinschaft hielt sich zurück, sie schienen zu zögern, abzuwarten.

„Euer Mann hat Recht." Der Hauptmann hob sein Schwert, doch er sah nicht glücklich damit aus. „Bitte. Ich muss gehorchen."

Claudias Augen füllten sich mit Tränen. „Sie ist meine Schwester. Und sie hat nichts getan, sie will ihn doch nur nicht heiraten müssen... Ich kann nicht...nein..."

„Claudia."

Sie wandte den Kopf. In diesem Moment schob sich die Sonne über den Rand der Klippen. Erste Strahlen des Lichts flossen über den Rasen, krochen auf die Fassade zu, bis vor die Schwelle ihrer Hintertür, wo sie die Gestalt einrahmten, die dort erschienen war.

Veronika trat aus dem Lichtkreis, vorbei an ihrer Schwester und auf den Hauptmann zu. „Ihr habt, wen ihr sucht", sagte sie, „Jetzt lasst meine Familie gehen."

Kurz starrte er sie nur an, dann schien er sich langsam wieder zu fassen. „Herrin Veronika! Ihr seid vom Kaiser des Hochverrats beschuldigt und in die Villa des Senators Markus bestellt worden, wo Ihr bis zu Eurem Prozess verbleiben werdet."

Veronika nickte. „Wenn es der Kaiser befiehlt, werde ich gehorchen. Lydia, würdest du zu meinen Sachen gehen und mir meinen Schleier bringen?"

Die Frau warf den Soldaten einen ängstlichen Blick zu, doch als die ihr mit einem Handzeichen Erlaubnis erteilten eilte sie schnell davon.

Veronika wandte sich ihrer Schwester zu. „Ich werde dir nie zurückzahlen können, was du für mich getan hast. Ich bin dir so dankbar für alles."

Claudia wollte den Mund öffnen, doch sie war unfähig etwas zu sagen. Warum bist du zurückgekommen? Bleib hier! Kämpfe! Halte durch! Nichts davon verließ ihre Lippen.

Lydia huschte ins Zimmer und Veronika nahm ihr Muschelseidetuch entgegen. „Ich traue Markus nicht. Bring das hier unserem Vater", sagte sie und legte den feinen Stoff neben Lucius in die Hände ihrer Schwester. „Er soll es bewahren, bis wir uns wiedersehen."

Ohne weitere Worte wandte sie sich um und verließ mit den Soldaten das Haus.

Claudia sah ihrer Schwester nach. Wie in Trance legte sie Lucius in seine Wiege zurück. Ihre Hände krallen sich in Veronikas Schleier. Noch immer konnte sie nicht fassen, was passiert war. In ihrem Haus. Unter ihrem Schutz. Sie konnte das nicht zulassen.

„Besorgt mir einen Wagen", flüsterte sie zu niemand bestimmten. „Ich muss zum Hafen. Ich muss nach Rom."

„Nein" Titus lief auf sie zu und griff nach ihren Hände. „Du kannst da jetzt nicht hin, tu dir das nicht an."

Claudia riss sich los. „Meine Schwester steht vor Gericht und ich soll nicht zu ihr?" In ihrem Blick war nichts als Wut. „Geh mir aus dem Weg, Titus." Sie konnte sehen wie er mit jedem Wort von ihr bleicher wurde. „Einer muss das Chaos in Ordnung bringen, das du angerichtet hast."

VeronikaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt