40. Alles braucht seine Zeit

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Bucky

Die Warterei glich einer nie endenden Tortur. Das Warten darauf, dass etwas geschah, dass sich etwas tun würde, dass sie endlich aufwachen würde, doch rein gar nichts geschah. Ich saß Stunden an Malias Bett, beobachtete sie einfach, erzählte ihr ab und an irgendwelche Geschichten, hielt ihre Hand, während die Anderen immer wieder nach uns sahen, doch sie wachte nicht auf. Ich selbst vernachlässigte alles andere komplett deswegen. Ich aß nichts, schlief nicht, verdrängte das Bedürfnis aufs Klo zu gehen, so dass ich einfach bei ihr sein konnte, doch ich wollte einfach den Moment nicht verpassen, in dem sie aufwacht, wollte bei ihr sein, wollte nicht, dass sie wieder alleine dabei wäre.

„Du solltest wirklich wenigstens kurz dir die Beine vertreten gehen. Sie wird schon nicht weg laufen, Bucky", tadelte Steve mich, der irgendwann das Zimmer betrat mit einer Tasse warmen Tee in der Hand, die er mir reichte, die ich jedoch wortlos gleich wieder weg stellte.

„Ich kann nicht. Ich muss da sein, muss sie beruhigen, wenn sie wieder ausflippt."
„Ich kann kurz deinen Posten übernehmen, aber du solltest wirklich kurz raus, das tut dir doch nicht gut, du zerstörst dich ihretwegen schon sowieso viel zu sehr, das würde sie niemals wollen", sprach Steve mir weiter gut zu, wirkte besorgt. Ich verstand ihn ja dabei, sehr gut sogar, doch so einfach war es nicht. Ich gab mir die Schuld an ihrem Zustand, an ihrem Schicksal, hatte sie damals im Stich gelassen, sie verlassen und das wolle ich nicht noch einmal müssen. Ich wollte sie nicht erneut verlassen, alleine lassen müssen, nie mehr.

„Steve, ich...", begann ich ihm eben das klar zu machen, doch er ließ mich gar nicht erst ausreden, zog mich vom Stuhl stattdessen hoch.

„Nur für zwei Minuten. Geh dir die Beine vertreten, geh an die frische Luft kurz, iss etwas und wenn du zurück kommst, wird sie vermutlich sowieso noch immer schlafen."
„Wenn sie aufwacht, dann ruf mich aber sofort!", warnte ich ihn ergeben, sah ein letztes Mal zu der schlafenden Malia, ehe ich mich abwandte und das Zimmer verließ. Er hatte ja recht damit, dass es mir nicht gut tat nur zu warten, es mir rein gar nichts brachte, sie davon auch nicht schneller aufwachen würde, nur war es wie der größte Rausch überhaut nach all der Zeit plötzlich wieder bei ihr sein zu können, sie wieder berühren zu können. Es war als würde ich nach einem langen Entzug endlich wieder meine persönliche Droge kriegen und ich würde nie wieder ohne sie überleben können, es überhaupt wollen. Ich lief erschöpft einfach nur den Gang entlang bis zum nächsten Fenster, öffnete dieses und genoss die frische Luft, die sofort einem entgegen schlug, mich wacher werden ließ, lebendiger. Hunger verspürte ich seltsamerweise nicht einmal, zu sehr wurden solche Bedürfnisse vor Sorge in den Hintergrund gedrückt. Wahrscheinlich würde ich wirklich erst dann wieder einwandfrei funktionieren können, wenn sie wach wäre, wenn ich wüsste, dass der Albtraum vorbei wäre, auch wenn er sicher nie so einfach enden würde. Ich schüttelte kurz den Kopf von grauenvollen Erinnerungen, die sich in meinen Kopf zurück schleichen wollten, strich mir durch mein Haar, ehe ich das Fenster wieder schloss, genug Abstand fürs erste gehabt hatte, zurück zum Zimmer lief, doch bevor ich dieses erreichen konnte, trat Steve auf den Gang hinaus, schien erleichtert zu sein, als er mich erblickte.

„Was ist los?", fragte ich alarmiert nach, hatte Angst, dass etwas Schlimmes geschehen sein konnte, dass irgendwas mit Malia wäre, doch als er zu lächeln anfing, verstand ich, dass es ganz das Gegenteil war.

„Sie ist wach", erklärte er mir und ich konnte es kaum glauben, spürte wie eine Welle der Erleichterung mich traf, wie sich ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte, das so breit war, so ehrlich, das mein Gesicht davon kurz schmerzte, doch es war lange her, seit ich das letzte Mal so ehrlich gelächelt hatte.

„Ich gehe für zwei Minuten und sie wacht auf? Wirklich?", fragte ich fassungslos, brauchte keine Antwort von ihm dazu zu hören, eilte nur in ihr Zimmer, wo sie nicht wie erwartet auf dem Bett vorzufinden war, sondern am Fenster stand. Sie hatte ihre Hände an das Glas gedrückt, war mit dem Rücken zu mir gerichtet und doch konnte ich nicht anders als sie zu mustern, wo mein Herz schmerzte mitanzusehen, wie dürr sie geworden war, wie misshandelt ihre Haut wirkte, wie zerbrechlich sie wirkte.

Malia|| Winter Soldier Story ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt