Memories...

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  Val wusste wirklich nicht, was er darauf erwidern sollte. Genau deshalb, sagte er nichts und sah zögernd auf den Jungen. Murtagh hatte seine Augen geschlossen, schlief aber nicht. Das wusste Val daher, da der jüngere nervös an Vals Pullover herum spielte. Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen des älteren. ,,T..tut dein Fuß noch schlimm weh?", fragte Murtagh schließlich leise und sah zu Val auf. Seine Blauen Augen strahlten wie immer Ruhe aus. Aber auch Trauer. Das war eines der vielen Dinge, die Val so an Murtagh liebte. Seine emotionsvollen, großen Augen.
,,Naja, ich werde es überleben.", schmunzelte Valentin und spielte mit einer von Murtaghs Haarsträhnen. Dieser rückte noch etwas näher an Vals Körper heran und schloss wieder seine Augen. ,,Val?"
,,Hm?"
,,Du hast gesagt, dass du mich liebst, was liebst du an mir?"
,,Ich liebe dich bis zu deinen Knochen. Jedes einzelne noch so winzige Teilchen an dir. Und deine Augen. Sie erinnern mich ans Meer. Sie sehen immer so traurig aus, auch wenn es dazu gar keinen Grund gibt."
Verwirrt runzelte Murtagh die Stirn. ,,Wie meinst du das, ich habe keinen Grund dazu, traurig zu sein? Meine Mum ist gestorben, ich wurde gehänselt und verarscht bis zum geht nicht mehr. Manchmal auch verprügelt. Ich habe im letzten halben Jahr, drei Schulen besucht, Val. Und jetzt sag du mir nicht, dass es keinen Grund geben würde um traurig zu sein. Du verstehst das ganze nicht."
In seinen Augen schimmerten Tränen, weshalb Murtagh aufstand und zu dem Fenster gehen wollte, doch Val sprang auf, trotz der Schmerzen in seinem Fuß, und schnappte sich den anderen, ehe er sich zurück auf das Bett fallen ließ. Der jüngere der beiden landete direkt auf Vals Körper und stützte sich mir den Händen auf dessen Brust ab.
,,Sieh es doch einmal so, Murtagh. All der Schmerz den du durchleben musstest, hat dich nicht umgebracht, sondern er macht dich stärker. Du hast schon so vieles durch gemacht, und bist dadurch stärker geworden. Deine Mutter wird nie ganz weg sein. Nie. Sie wird immer da sein auch wenn du sie nicht siehst. DU denkst jeden Tag an sie, du betrachtest immer die Fotos und erinnerst dich an sie. Sie wird immer bei dir sein, egal ob du gerade schläfst oder unter der Dusche stehst. Sie ist immer da und passt auf dich und deinen Dad auf. Glaubst du, sie sieht dich gerne so? Sie würde wollen, dass du trotzdem weiter machst und nicht aufgibst. Sie würde dir genau dasselbe sagen wie ich. Mach weiter und versuch das beste daraus zu machen. Erinnere dich einfach an die schönen Momente mit ihr und vergiss den Rest. In deinen Gedanken, kannst du doch immer bei ihr sein, oder?"
,,J..Ja, aber.."
,,Nichts aber, Murtagh. So ist es nun mal. Oft sind die Erinnerungen eben alles, was einem noch bleiben, weißt du?"
,,Du klingst, als würdest du dich darin auskennen." , murmelte Murtagh und versuchte nicht in die grünen Augen des anderen zu starren.
,,Ich erinnere mich auch jeden Tag an früher. Ich bin fast jeden Tag mit meinen Eltern in den Park gegangen, als ich drei war. Aber dann kam ich in die Schule und meine Eltern begannen wieder Vollzeit zu arbeiten. Die Erinnerungen an damals, sind alles was ich noch davon habe."
Jetzt verstand Murtagh. Vals Eltern lebten zwar noch, aber viel von ihnen hatte er auch nicht. Einen Moment lang, schwiegen sie beide. Val tastete nach Murtaghs Hände, ehe er an ihnen zog, sodass der jüngere nun komplett auf ihm lag. Murtagh legte seinen Kopf auf Vals Brust ab und lauschte dessen Herzschlag.
Als Val ihn mit seinen starken Armen umschlang und etwas näher zu dessen Gesicht zog, ließ er ihn einfach machen. Val stupste ihn mit seiner Nase an und wartete. Murtagh hob seinen Kopf an und wollte gerade etwas sagen, doch Val versiegelte seine Lippen mit seinen.
Val drückte den jüngeren an sich und drehte sich auf die Seite. Ein Arm würde ihm auch reichen, um den Jungen fest zu halten und an sich zu drücken, weshalb er mit seiner nun freien Hand über die weiche Wange des jüngeren strich. Dieser legte seine Arme und Valentins Hals und klammerte sich regelrecht an ihn. Val war die einzige Person außer seinem Dad, bei der er sich sicher und geborgen fühlte. Val strich vorsichtig mit seiner Zunge über die roten Lippen des anderen und wartete einfach ab. Nach kurzem Zögern, öffnete Murtagh seinen Mund und gewährte der Zunge des anderen Einlass. Der jüngere beließ seine Zunge jedoch in seinem Mund, da er, wie er sich offen gestehen musste, keine Ahnung hatte wie das ging. Als Val ihn auf der Straße, im Regen unter der Laterne geküsste hatte, war das sein erster, richtiger Kuss gewesen.
Als Val sich wenige Augenblicke von ihm löste, schmiegte Murtagh sich an seine Brust und legte einen Arm um den älteren und verwendete den anderen als Kissen. Val selbst hatte einen Arm unter und den anderen auf Murtaghs Taille gelegt und vergrub sein Gesicht in den schwarzen Haaren des anderen. Kurz später, waren beide Jungen eingeschlafen, ohne auch nur ein weiteres Wort gewechselt zu haben.

Aufgeweckt wurden sie, als Alex nach Hause kam und ihnen etwas von unten zu rief. Val gähnte und sah sich kurz um. Er brauchte erst einen Moment, bis ihm wieder einfiel, bei wem er war. Dann fiel sein Blick auf den immer noch schlafenden Jungen neben ihn, der aussah, wie Schneewittchen. Schmunzelnd strich er ihm eine Strähne aus dem Gesicht und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Wange. Murtagh murrte etwas unverständliches und versuchte Val weg zu stoßen. Dieser wich aber geschickt aus und schüttelte den Jungen leicht.
,,Was ist denn?", fragte dieser schlaftrunken und öffnete seine Augen einen Spalt weit.
,,Dein Dad ist da."
,,Haben wir echt, ( Er zählte mit seinen Fingern die Stunden ), vier Stunden geschlafen?"
Val nickte grinsend und setzte sich an die Bettkante. Im selben Moment steckte Alex den Kopf zu den Jungs ins Zimmer hinein und grinste.
,,Ihr habt den ganzen Tag geschlafen? Wehe ihr schläft nachts nicht mehr!", schmunzelte er und sah kurz zu Murtagh, der verschlafen gähnte und sich die Hand vor den Mund hielt. Der zu große Pullover, verdeckte mehr als die Hälfte seiner Hände, weshalb nur seine Fingerspitzen hervor lugten.
,,Ich krieg das schon hin. Und Val sicher auch.", grinste Murtagh und kroch aus dem Bett um nach etwas zu suchen. Eine Weile lang, beobachteten die beiden älteren den Jungen und schmunzelten, als dieser immer ungeduldiger wurde.
,,Dad hast du meine..", mehr brauchte Murtagh gar nicht zu sagen, denn Alex hielt seine Mütze schon in der Hand. ,,Die ist unten auf dem Küchentisch gelegen."
,,Danke.", sagte Murtagh und setzte sich die schwarze Mütze auf.
,,Wie geht es dem Fuß?", richtete Alex das Wort an Val und setzte sich zu den beiden ans Bett.
,,Ich werde es überleben. Aber das Spiel am Samstag kann ich streichen."
,,Spiel? Was spielst du denn?"
,,Football. Im Team unserer Schule."
,,Cool. Habt ihr Hunger?", fragte Murtaghs Dad und sah dabei zu Murtagh, der wie immer eigentlich nur mit den Schultern zuckte.
,,Ich nehme das einfach mal als JA an. Also kommt."
die beiden Jungs standen auf und liefen Alex hinter her. Val humpelte besser gesagt. Unten in der Küche standen zwei Tüten auf dem Tresen. Alex war noch einkaufen gewesen.
,,Was kochst du?", fragte Murtagh und sah in die Tüten.
Alex nahm die Tüten weg und grinste. ,,Etwas gutes. Wenn ihr wollt, könnt ihr ja einen Film anschauen. Es könnte ein bisschen dauern. Oder spielt irgendein Spiel."
,,Okay. Komm, Val. Ich habe schon eine Idee.", grinste Murtagh und ging durch einen Gang. Val humpelte ihm hinterher und setzte sich neben Murtagh auf die Couch. Murtagh hatte einen Gelben Karton in der Hand und grinste.
,,Was ist das?"
,,Wer bin ich. Das ist echt cool. Du hast da eine Karte auf der Stirn und der andere muss das was du bist vormachen, so dass du es erraten kannst."
,,Klingt lustig. Also, klebst du mir die Karte auf den Kopf, ich muss raten, und du machst die Bewegungen? Habe ich das richtig verstanden?", schmunzelte Valentin und Murtagh nickte eifrig.

Als Alex mit dem Essen fertig war und es nun vor sich hin blubbern konnte, sah er kurz zu den Jungs ins Wohnzimmer. Val war gerade dabei Murtagh zu packen und ihn zu kitzeln. Murtagh lachte wirklich ausgelassen. Ein Geräusch, das Alex nun schon seit knapp einem Jahr nicht mehr gehört hatte. Lächelnd ging er zurück in die Küche und brachte die anderen Tüte, die er zuvor Murtagh weg genommen hatte nach oben in sein Schlafzimmer. Grinsend sah er auf den Käfig, der auf seinem Schreibtisch stand, indem ein kleiner Zwerghamster wohnte. Murtagh war als kleiner Junge immer begeistert von den kleinen Nagern mit den dicken Backen gewesen und hatte sich immer so einen gewünscht. Leider hatte Natascha eine Allergie gehabt, die das Halten von so einem kleinem Nager unmöglich gemacht hat. Der kleine lief gemütlich in seinem Rad, das zum Glück keinerlei Geräusche machte, und genoss währenddessen ein Stück Gurke, dass beinahe halb so groß war, wie er. Es war natürlich ein Männchen. ,,Wenn ich so einen bekomme, dann ein Junge. Der heißt dann Riley.", hatte Murtagh immer ganz stolz gesagt. Also hieß der Hamster jetzt Riley. Das stand auch auf seinem Futternäpfchen. Alex hatte den kleinen gestern aus dem Tierfachhandel geholt.
( https://goo.gl/images/g1dnpm ) → Riley
Heute hatte er noch Futter, eine größere Trinkflasche, ein Häuschen, und ein paar Früchte für Riley gekauft. Leider ließ sich der Hamster noch nicht gern angreifen, das hatte Alex auf die harte Tour lernen müssen. Riley hatte ihn in die Hand gebissen. Nachdem er den Hamster, mit extremer Vorsicht gefüttert hatte, ging er wieder nach unten und deckte den Tisch. Er hatte, extra für seinen Kleinen, eine Gemüsesuppe gekocht. Natascha hatte sie immer gekocht, wenn Murtagh krank gewesen war oder einfach einen schlechten Tag hatte. Was wirklich jeden Tag so gewesen war. Oft war er nach der Schule mit einem Blauen Auge oder einem dunkeln Fleck im Gesicht zurück gekommen und hatte gesagt, dass es egal sei.
,,Jungs, kommt ihr?", rief er und steckte kurz den Kopf ins Wohnzimmer.
,,Okay."
Die beiden folgten Alex und setzten sich an den Tisch. Alex stellte jedem einen Teller mit Suppe, und Murtagh, der wieder aufgestanden war, ein Glas mit Eistee hin, ehe sie alle begannen zu essen.

Der restliche Abend verlief recht lustig. Sie sahen sich noch einen Film an, spielten eine Runde Wer bin ich? Und gingen dann ins Bett. Murtagh war schon auf der Couch eingeschlafen, weshalb Alex ihn nun, gefolgt von Val, nach oben in sein Bett trug. Val ging noch kurz ins Bad, um sich die Zähne zu putzen und sich seine dreiviertel Jogginghose und ein Shirt anzuziehen, und legte sich dann neben Murtagh ins Bett, ehe er sie beide zu deckte und das Licht ausschaltete.

Alex sah noch kurz zu Riley, der jetzt auch in seinem Häuschen schlief, und zog sich schließlich auch eine Jogginghose und einen Pullover an, ehe er sein Handy anhing und sich schlafen legte.
Morgen würde er den Käfig in das Zimmer von Murtagh stellen. Da er morgen frei hatte, Freitag war sein freier Tag, erwies sich das als recht nützlich. Am meisten freute es ihn, dass Murtagh heute wirklich mal wieder ausgelassen gelacht hatte.   

Love Till To Your BonesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt