Serious Talk

737 38 4
                                    


  Als Murtagh aufwachte stellte er fest, dass Val nicht mehr neben ihm lag. Die Wärme des anderen Körpers fehlte. Sofort war er hellwach und sah sich in seinem Zimmer um. Zu seinem Glück fand er schließlich Vals Sneakers neben seinem Bett und war wieder beruhigt. Gähnend streckte er sich und schlug dann die Bettdecke zur Seite. Von unten drang Gelächter zu ihm ins Zimmer und ein wirklich himmlischer Geruch. Ob Val und sein Dad gemeinsam kochten?
Mit dieser Vorstellung und grinsend, ging er zu seinem Kleiderschrank und zog das T-Shirt seines Dads aus und einen dunkelblauen Pullover an. Dann schlenderte er gemütlich aus seinem Zimmer. Im ganzen Haus roch es bereits nach Essen. Roast Potatoes ( Geröstete Kartoffeln in Amerika ). Schnell hastete er noch die Treppen runter und ging dann in die Küche. Tatsächlich standen dort Alex und Val nebeneinander und machten die Arbeitsplatten in der Küche sauber. Schmunzelnd lief Murtagh auf die beiden zu und schlang von hinten seine Arme um Vals Taille. Dieser kicherte leise und versuchte sich umzudrehen.
Auch Alex drehte sich zu seinem Kleinem um und sah diesen ein wenig besorgt an. Val hatte ihm genauer von dem Streit erzählt, zumindest das was er selbst mitbekommen hatte, weshalb Alex sich nun noch mehr um Murtagh sorgte. Dieser aber schien das ganze zumindest schon wieder halb verdaut zu haben und grinste müde.
,,Na, ausgeschlafen?", fragte der Footballspieler lächelnd und legte seinerseits die Hände auf die schmale Hüfte des jüngsten unter ihnen. Alex verzog sich ins Wohnzimmer, da sein Sohn und Val noch etwas zu besprechen hatten, und er sie dabei wirklich nicht stören wollte.
,,Ihr habt gekocht?", fragte der kleinere der beiden schwarzhaarigen stellte sich auf die
Zehenspitzen um Val besser küssen zu können.
,,Ja...nur...für...dich.", gab dieser nuschelnd zurück und wurde von den zarten Küssen Murtaghs unterbrochen. Vorsichtig drückte Valentin den anderen von sich, um ihn ansehen zu können.mal wieder verlor er sich in diesen tiefblauen Augen die schimmerten wie zwei Saphire.
,,Du hast heute noch nichts gegessen, also wird es so langsam Zeit. Aber davor muss ich noch mit dir über eine sehr wichtige Angelegenheit reden.", erklärte der ältere leise und erntete dafür einen unsicheren Blick des anderen.
,,Worüber denn?", wollte der jüngere der beiden Jungen sofort wissen. Solch einen Ernst war Murtagh von seinem Freund gar nicht gewohnt, weshalb es wirklich wichtig sein musste. Ob er Schluss machen wollte?
,,Hey, es ist nichts schlimmes, weder für mich noch für dich. Also musst du dir keinerlei Sorgen machen. Also, gehen wir nach oben? Da haben wir unsere Ruhe.", meinte Valentin schnell und griff nach der knochigen Hand seines jüngeren Freundes. Etwas unsicher nickte dieser und zog ihn mit sich nach oben.
Alex der im Wohnzimmer saß, musste sich wirklich zurückhalten, um ihnen nicht noch etwas nachzurufen, beziehungsweise zu werfen.

Oben im Zimmer des kleineren angelangt setzte Val sich im Schneidersitz auf das weiche Bett und lehnte sich gegen die Bettlehne. Murtagh krabbelte auf seinen Schoß und sah ihn gespannt und abwartend an.
Zur Sicherheit, damit sein Kleiner nicht gleich die Flucht ergreifen würde, legte Val seine Arme noch um den anderen Jungen, welcher sich zwar schon an seine Brust gelehnt und die Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Aber sicher ist sicher.
,,Also, du weißt, dass ich genauso wie dein Dad nur das Beste für dich will und dir helfe wo es geht. Aber alleine können wir dich nie ganz von allem befreien. Eine professionelle Hilfe, würde und gut tun. Dir gut tun. Ich kann dir einfach nichts so helfen, wie es ein Therapeut kann. Wenn dein Dad sich doch schon die Mühe macht und in ganz Orlando einen sympathischen Therapeuten zu suchen, dann solltest du dem wenigstens eine Chance geben. Dein Dad hat gesagt, dass der Mann wirklich nett zu sein scheint und sich auch auskennt also warum denn nicht?", begann Val und versuchte seine eigene Nervosität nicht zu zeigen. Das war eine ernste Angelegenheit, und diese wollte er nun wirklich nicht vermasseln.
Murtagh wusste nicht was in ihn gefahren war, doch jetzt wollte er einfach nur weg von Val, weshalb er sich auch mit aller Kraft aus Vals Umarmung zu befreien versuchte. Er fühlte sich verraten.
,,Natürlich hat das alles mein DAD gesagt! Wer denn auch sonst! Ihr sagt alle immer, dass ihr das Beste für mich wollt! Dann lasst mich doch einfach in Ruhe!", fauchte er und spürte, wie Val seine beiden Handgelenke festhielt. Er war natürlich nicht grob, sondern eher selbst unsicher wie er nun reagieren sollte.
,,LASS MICH LOS!", wiederholte er noch einmal. Er hatte einfach keine Chance gegen den muskulösen, wirklich gutaussehenden, Footballspieler. Er war einfach zu schwach.
,,Nein, ich werde dich nicht loslassen. Hör mich doch wenigstens einmal zu! Du weißt doch noch, was Mary damals gesagt hat. Du wirst irgendwann nicht mehr aufwachen, wenn du so weiter machst. Und dann bist du Selbstschuld, weil du alle Hilfe abgelehnt hast und uns allen nie zugehört hast! Wir wollen wirklich nur das Beste für dich! Du müsstest ja nicht einmal mehr hingehen, wenn du den Mann unsympathisch findest oder er dich in irgendeiner Weise beleidigt oder ähnliches. Wenn dein Dad dir schon ein solches Angebot macht, dann solltest du ihm den Gefallen tun, und dort wenigstens nur ein einziges Mal hingehen. Meine Eltern würden mich nicht einmal fragen, ob ich zu einem Therapeuten gehen wollte. Die würden mich ins Auto stecken, hinfahren mich hinauf bringen um sich zu vergewissern, dass ich auch wirklich hin gehe und mich danach wieder abholen, ohne mich zu fragen, ob ich wieder hin wollen würde, oder wie es war. Ihnen wäre das scheiß egal. Dein Dad hat mir gesagt, dass du jemanden mitnehmen kannst, oder auch zwei. Wen auch immer du willst. Wenn du willst werde ich dich jedes Mal begleiten, bis du irgendwann einmal sagst, ich soll verdammt nochmal verschwinden. Du musst also nicht alleine hingehen. Ich werde nicht zulassen, dass er dir blöd kommt oder so. Das verspreche ich dir. Wovor hast du denn so Angst?"
,,Ich kann das einfach nicht, Val. Es tut mir leid, aber ich kann das einfach nicht. Warum versteht ihr denn das nicht? Ich will ja, aber ich kann das einfach nicht.", meinte Murtagh noch und begann dann hemmungslos zu schluchzen. Er verbarg sein Gesicht in Vals Pullover und legte seine Hände, zu Vals Überraschung, wieder auf dessen Genick.
Der ein wenig überforderte Footballspieler wusste nicht wirklich was er tun sollte, weshalb er den Jungen einfach an sich drückte und ihm beruhigend über den Rücken strich. Manch anderer hätte sich wahrscheinlich davor geekelt, da man hauptsächlich die Wirbelsäule spürte, und die Rippen auch noch zählen konnte.
,,Du weißt, dass du mir alles sagen kannst und doch vor nichts zu schämen brauchst?", flüsterte Val dem kleinerem zu und drückte diesen noch ein bisschen fester an sich.
Erst bekam der ältere der beiden keine Antwort, doch dann nickte Murtagh leicht und kam merklich.
,,Also, wovor hast du Angst?"
,,Es ist nicht so, dass ich nicht gerne hin gehen würde, ich will nur nicht mit irgendeinem fremden Menschen reden. Die starren mich alle immer an, oder ekeln sich vor mir oder lästern über mich. Manchmal machen sie auch blöde Bemerkungen wie, Iss mal mehr, du Knochengestell. Dabei kenne ich diese Menschen ja nicht einmal. Ich will mich nicht einem von diesen anvertrauen. Wie will der mir denn dann helfen?! Ich will einfach niemandem den ich nicht persönlich kenne meine Vergangenheit oder meine Gründe für das alles hier erzählen. Es geht ihn nichts an. Was wenn er mich auch nicht mag und unsympathisch auf mich reagiert. Oder mich gar nicht wirklich versteht. Oder in Wirklichkeit ein richtiger Arsch ist? Ich will meinen Dad einfach nicht mehr enttäuschen, wenn ich es schon einmal in diese Praxis geschafft habe. Er freut sich dann wahrscheinlich so sehr darüber. Und wenn ich ihm danach sagen würde, dass ich nicht mehr hin will, ist er sicher enttäuscht von mir.", erklärte Murtagh endlich seine Sorgen und sah kurz zu Val auf.
,,Dann hast du eher Angst davor, dass du den Mann nicht mögen wirst, und deinen Dad zu enttäuschen, wenn du ihm die Wahrheit sagst. Versteh ich das richtig?", erkundigte sich Valentin bei seinem jungen Freund um sicher zu gehen. Dieser nickte zögernd und verbarg sein Gesicht in Vals Halsgrube.
,,Murtagh, ein Vater, wäre kein gutes Vater, wenn er die Entscheidungen, Bedürfnisse und Wünsche seines Kindes nicht akzeptieren würde! Wahrscheinlich wird Alex dann so glücklich sein, dass du es wenigstes versucht hast, dass er gar nicht so enttäuscht sein kann, wenn du nicht mehr hingehen willst. Aber wenn dein Dad schon sagt, dass der Therapeut sehr nett wirkt, dann wird er das auch sicher sein. Eltern haben ein Gespür für so etwas. Und er wird es akzeptieren müssen. Aber steigere dich jetzt nicht allzu sehr ihn das ganze hinein. So bekommst du nur noch mehr Angst und dann willst du wirklich nicht mehr, dort hingehen. Du musst über denen eigenen Schatten springen und dich nicht immer im Schutz der Dunkelheit verstecken. Ich sehe in dir nicht das verängstigte, dürre, kleine Gespenst das sich nur in der Dunkelheit und einsam wohlfühlt sondern einen mutigen, etwas zu schmal geratenen Jungen, der mehr ist, als nur ein kleiner Feigling und sich alle Mühe der Welt gibt um den anderen alles recht zu machen. Aber das ist allen unnötig. Du brauchst vor solchen kleinen Dingen doch keine Angst haben. Wenn du es so willst, dann werde ich dich auch beim ersten Mal, das du dort hin gehst, begleiten und wenn dir der Mann unsympathisch vorkommt, werden wir sofort gehen. Wenn du es deinem Dad nicht sagen willst, dann werde ich es tun. Du brauchst also wirklich keine Angst davor haben, deinen Dad zu enttäuschen, oder deine Meinung auszusprechen. Wir werden das akzeptieren, gerade weil wir dich lieben. Du musst dich nicht davor fürchten andere zu enttäuschen. Das gehört zum Leben dazu. Du kannst nicht jedem immer alles recht machen. Du siehst, du hast dicht mit meinem Dad gestritten und bist gegangen, ich war zwar enttäuscht darüber, dass mein Dad dich nicht mag, aber das habe ich akzeptiert. Weil ich dich liebe und nichts wird daran etwas ändern. Versprochen. Wir wollen alle nur, dass es dir besser geht. Ich will nicht irgendwann im Krankenhaus vor deinem Bett sitzen und dir dabei zusehen, wie ein paar Maschinen dir sogar beim Atmen helfen müssen. Alles was dein Dad für dich tut, das tut er nur aus Liebe zu dir. Und er wird es auch akzeptieren, wenn du nicht mehr zu diesem Therapeuten hin gehen willst. Also, wirst du mir und deinem Dad den Gefallen tun und es wagen, dort hinzugehen?", ermutigte Val seinen Freund. Murtagh war sich immer noch nicht sicher. Die Worte des älteren hatten ihm wirklich geholfen. Er wusste ja, dass sein Dad ihn liebte und um ihn sorgte, gerade deshalb wollte Murtagh ihn ja nicht enttäuschen. Aber tat er das nicht schon? Immerhin hatte Alex ihn ja schon mehrere Male gebeten zu einem Therapeuten zu gehen und er hatte das alles immer eiskalt abgewiesen.
Und Val war auch immer für ihn da. Es wurde langsam aber wirklich Zeit, dass er ihnen etwas zurück gab.
,,Wenn mir der Mann unsympathisch ist, muss ich nicht mehr hin gehen?"
,,Nein, dein Dad hat gesagt, du sollst es dir nur einmal ansehen. Du musst rein gar nichts tun, was du nicht willst."
,,Ich kann mitnehmen wen ich will?"
,,Wenn es dir dann leichter fällt dort hinzugehen, schon."
,,Du lässt mich dann auch wirklich nicht alleine?"
,,Nein, ich werde immer mit dir mitgehen, bis du mich davon jagst."
,,O...Okay."
,,Ist das ein Ja, ich werde hingehen?", vergewisserte sich Valentin mit großer Vorfreude. Murtagh verdrehte seine Augen und setzte sich aufrecht auf den Schoß des größeren.
,,Ja, dir zu Liebe und meinem Dad zu Liebe werde ich es versuchen."  

Love Till To Your BonesDove le storie prendono vita. Scoprilo ora