15# - Loosig her Mind

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Die Zeit scheint für mich stehen geblieben zu sein, als ich dabei zusehen muss, wie Ella quer durch die Straße geschleudert wird. Ich bebe bis zum Knochenmark, als sie hart auf den Boden aufschlägt. Ich höre schrille Reifen die den Asphalt scharf schleifen und davon fahren. Mein ganzer Körper fühlt sich taub an, meine Sinne speichern das Szenario vor mir bis ins letzte Detail. Das Blut, dass ihren Körper verlässt, wie es langsam zu einer Pfütze wird. Weinende Kinder die in der Nähe sind. Die Menge, die sich um ihren Körper versammelt hat. Ich schreie ihren Namen so laut, als würde es das geschehene ungeschehen machen können. Mein mit Adrenalin gepumpter Körper rennt los. Ich schubse jeden, der mir im Weg steht zur Seite und dränge mich durch die Menge. Als ich die letzte fremde Schulter überbrücke, sehe ich sie auf diesem kalten Boden liegen. Mich verlässt ein verzweifelter Schrei, als ich mich neben ihrem Körper auf die Knie fallen lasse. Ich schiebe ihr die braunen, in Blut getränkten Haare aus dem Gesicht und rede auf sie ein. Ich sage, sie solle die Augen auf machen und mich ansehen. Mal flehe ich flüsternd, mal schreie ich sie an. Ich brülle die Menschen um mich herum an, ihr zu helfen. Man zieht mich von ihr weg. Fremde reden auf mich ein, sie nicht zu berühren. Sie halten mich fest und sagen, ich solle mich beruhigen. Ich schubse sie von mir und lasse mich wieder neben meiner besten Freundin nieder. Unter Tränen sage ich ihr, sie solle keine Angst haben. Ich kämme ihr mit zitternden Fingern die Haare und schluchze, dass ich bei ihr sei und sie niemals verlassen werde. Meine Hände färben sich mit ihrem warmen Blut. Ich höre wie Sirenen sich nähern. Ich werde wieder von ihr gerissen und mit den anderen Menschen zurück gedrängt. Als ich sehe, wie sie Ella versuchen zu beleben, indem sie auf ihre Brust drücken, verliere ich den Verstand. Ich winde mich, als würde ich sie noch irgendwie retten können, wenn ich zur ihr gelange. Verzweifelt schreie ich, verliere jede Beherrschung während ich dabei zusehen muss, wie Ella stirbt. Ich werde in ein Krankenwagen gezerrt und auf eine Liege gedrückt. Man hält mich fest und verabreicht mir ein Beruhigungsmittel. Ich flehe den Rettungsdienst an, sie um jeden Preis zu retten. Ich raufe mir die Haare, bete und flehe vor mich hin, dass sie am Leben bleibt. Meine Sinne werden langsam benebelt. Ich werde ganz still. Verliere das Bewusstsein.

*****

Ich bin wieder zurück in der Zelle, die ich mit Bob teile. Ich liege auf dem Bett und starre die graue Decke an. Es beunruhigt mich, seit Tagen von Celeste getrennt zu sein. Vor allem, weil man es auf mich abgesehen hat. Ich sollte bei ihr sein und sie beschützen, aber mir sind die Hände gebunden. Es ist offensichtlich, dass die Wachleute hier saftig geschmiert wurden, damit ich sie nicht schmieren kann. Ich bin mir auch inzwischen ganz sicher, dass einige Insassen mir das Leben hier zur Hölle machen sollen. Ich komme nur nicht dahinter, wieso zur Hölle die Beweise von mir haben?
,,Harsen! Du hast Besuch.", sagt ein Kerl und öffnet mir die Zelle. Ich steige vom Bett und lasse mir wieder Handschellen anlegen. Ich weiß, ich habe Precious gesagt, sie solle nicht hierher kommen, aber ich habe sie so sehr vermisst, dass ich insgeheim doch noch hoffe, dass sie es ist. Als mir die Tür geöffnet wird und ich mich wieder in eine dieser Kabinen setze, sehe ich Sebastian vor mir sitzen.

,,Gibt's was neues?", frage ich ihn hoffnungsvoll. Er seufzt und nimmt seinen Hut vom Kopf. Seine grauen, gekämmten Haare kommen zum vorschein. Ich sehe ihn skeptisch an. Das ist kein gutes Zeichen.
,,Was?", frage ich ihn direkt.

,,Miss Welsons Freundin... hatte einen schweren Unfall.", sagt Sebastian. Ihre Freundin? Meint er etwa diese zickige Brünette?

,,Geht es Celeste gut?!", frage ich schnell. Er nickt. Ich atme erleichtert durch.

,,Sofern es die Umstände erlauben."
Ich sehe ihn fragend an. Das hat mir jetzt noch gefehlt...

,,Wo ist sie jetzt? Im Krankenhaus bei ihrer Freundin?", frage ich ihn.

,,Ja.", antwortet er.
,,Miss Welson ist schwer traumatisiert. Man gibt ihr regelmäßig Beruhigungsmittel, weil sie Panikattacken bekommt. Sie hat den Unfall mit eigenen Augen gesehen, Sir."
Ich sehe Sebastian ungläubig an.

,,Hast du-"

,,Ja. Vor ihrem Krankenzimmer sind zwei Security.", unterbricht er mich.

,,Gut.", sage ich und starre auf meine Hände.
,,Gibt es keine Möglichkeit, hier raus zu kommen Sebastian? Ich kann hier nicht einfach rumsitzen und warten!"

,,Deswegen bin ich auch hier. Sie dürfen morgen früh vorübergehend raus. Zwei Beamte werden Sie begleiten und ins Krankenhaus fahren.", sagt er. Erleichtert sehe ich ihn an.

,,Wie hast du das geschafft?", frage ich ihn überrascht.

,,Ich habe angegeben, dass es um Ihre Verlobte geht. Und da Sie nur in Untersuchungshaft sind, kann man Ihnen nicht verbieten sie zu sehen, wenn Sie dabei unter Beobachtung stehen."

,,Verstehe... Danke.", sage ich nachdenklich. Er erwidert nichts.
,,Weiß sie, dass ich komme?"
Er zögert leicht. Ihm fällt es schwer mir zu antworten.

,,Sir, sie ist nicht ansprechbar. Ich weiß selbst nicht genau, was passiert ist. Das alles habe ich mir aus dem zusammen gereimt, was sie leise vor sich hingemurmelt hat.", erklärt er mir ernst. Ihn nimmt es sehr mit, das sieht man an den Falten an seiner Stirn, die sich bilden, wenn er sich daran zurück erinnert. Besorgt beiße ich die Zähne zusammen. Ich will mir gar nicht erst vorstellen, in welchem Zustand sie ist. Ich erinnere mich daran, wie sie während unseres Urlaubs immer dazu geneigt hat, von ihrer Freundin zu reden und mir zu erzählen, was sie jetzt machen oder sagen würde wenn sie dort wäre. Manchmal hat sie mit ihr stundenlang am Handy gesprochen, sodass ich schon eifersüchtig wurde und sie gezwungen habe aufzulegen. Und jetzt kommt sowas. Ich seufze gestresst.

,,Verdammt..."









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Vielen Dank für Kommis und Votes💕

Prisoner - Behind BarsWhere stories live. Discover now