28# - Seduction

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Ich folge einem Wärter und gehe die Flure entlang zu meiner neuen Zelle. Ich bin nicht mehr in Einzelhaft und soll meine Zelle jetzt mit jemanden namens Miguel teilen. Als ich in Handschellen an den vielen Zellen vorbeigehe, spüre ich Blicke auf mir und ich weiß auch schon woher sie kommen. Dieser Nole Bastard beobachtet mich von seiner Zelle aus. Er steht überraschender Weise nicht auf meiner Todesliste, die ich von Benjamin bekommen habe. Das heißt, er wurde nicht von Ryan bezahlt. Anscheinend war Luiz' Tod noch unnötiger, als ich dachte. Aber das wird dieser Schlappschwanz bereuen.

Wir halten vor einer Zelle an. Ein gebräunter Kerl mit Glatze und tattoos steht im Raum und sieht mich an. Das ist also dieser Miguel.
,,Ein Gringo hat mir jetzt noch gefehlt", murmelt er genervt. Ich runzle die Stirn, als die Zelle geöffnet wird und trete ein. Die Zelle wird geschlossen und ich strecke meine Handgelenke in einen Spalt, damit der Wärter mir die Handschellen entfernen kann. Nachdem er das tut, verschwindet er wortlos. Ich drehe mich zu Miguel. Er steht auch nicht auf der Liste, zu seinem Glück.
,,Welches Bett?", frage ich ihn ausdruckslos.
,,Das untere", antwortet er im selben Ton. Ich setze mich auf das Bett.
,,Stimmt es, dass du Oliver gekillt hast?", fragt er mich und lehnt sich an die Wand vor mir.
,,Hab nie von dem gehört", antworte ich knapp. Er lacht.
,,Sicher", sagt er, unüberzeugt von meiner Antwort. ,,Ein kleiner Tipp an dich", fängt er an. ,,Man hat es auf dich abgesehen. 'Ne menge Leute, Amigo."
,,Das ist mir schon klar", gebe ich gelassen wieder und lehne mich zurück ins Kissen.

*****

,,...und so entsicherst du sie. Das ist aber von Modell zu Modell etwas verschieden", beendet Ethan seine Lehre über Schusswaffen und streckt mir die Pistole entgehen. Ich starre die Waffe nur an, nehme sie aber nicht. Wir sind auf einer weiten Wiese in der nähe dieses Herrenhauses.

,,Wieso muss ich das alles wissen?", frage ich ihn stirnrunzelnd und nehme die Pistole nicht an.

,,Weil wir angreifen sobald Ryan zurück ist und du dich verteidigen können musst."

,,Ich hab nicht vor-"

,,Ich dachte du wolltest ihn umbringen?", fragt er mit gehobener Braue und unterbricht mich. Ich sehe auf den Boden.

,,Will ich auch...", murmle ich unsicher.

,,Oder war das nur aus reinem Impuls heraus? Ich glaube nämlich, dass es so war. Du willst ihn doch gar nicht töten", sagt Ethan mit prüfenden Blick.

,,Wenn er nicht stirbt, wird er uns nie in Ruhe lassen."

,,Mag sein", sagt Ethan. ,,Aber du solltest dich langsam mal entscheiden. Wenn wir mittendrin sind, können wir nich darauf warten bis du dich entscheidest. Sowas zögert man nicht heraus. Wir gehen rein, bringen ihn um und hauen wieder ab."

,,Ich weiß!", sage ich stirnrunzelnd.

,,Ich hab dir gesagt, dass du es mir überlassen sollst, aber du willst ja unbedingt dabei sein", sagt er kopfschüttelnd. Er kommt zu mir und drückt mir die Waffe in die Hand. ,,Wenn du schon so stur bist, dann halt dich auch gefälligst an den Plan und tu was ich dir sage."

Ich starre auf die schwere Waffe in meiner Hand. Sie fühlt sich so fremd und so kalt an. Ich streiche über die eingravierte Krone am Griff der Waffe. Sie ist wirklich sorgfältig und edel verarbeitet worden. Ethan stellt sich hinter mich und hebt meine Arme an den Ellenbogen an.

,,Streck die Arme gerade aus und ziele auf die Mitte", befehlt er streng und zwingt mich die Waffe auf die Zielscheibe zu richten. ,,Bring deine Atmung in Ordnung, das ist sehr wichtig."
Ich atme tief durch. ,,Gut", sagt er.
,,Halt deinen Finger nie am Abzug, wenn du nicht schießen willst, auch wenn die Waffe gesichert ist."
Ich nicke und nehme den Finger vom Abzug.
,,Waffe entsichern", ertönt seine Stimme hinter mir. Nervös entsichere ich sie. Das fühlt sich so falsch an. ,,Gut, und jetzt genau zielen."
Ich ziele, kneife dabei ein Auge zu um das Ziel gut im Visier zu haben. ,,Erschreck dich nicht vom Knall. Es wird auch einen starken Rückstoß geben, jedenfalls für dich."
Ich sage nichts und versuche so genau wie möglich zu zielen. ,,Finger auf den Abzug und abdrücken. Halt die Arme gerade."
Ich atme tief durch und schieße. Auch wenn er mich gewarnt hat, erschrecke ich mich vom lauten Knall. Wegen dem Rückstoß knalle ich gegen Ethans Brust, die schon dicht hinter mir stand.

Prisoner - Behind BarsWhere stories live. Discover now