31# - Gringo

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,,Stellt euch in eine Reihe auf, na los!", ruft Benjamin als die Zelltüren geöffnet werden und wir in Richtung Cafeteria gehen.
,,Nett dich wiederzusehen Benjamin", sage ich als ich neben ihm zu stehen komme. Ich halte ihm ein gefaltetes Stück Papier hin in dem folgendes steht.

>>Ich brauche die Goldkette aus Franklins Spind. Bis heute abend.<<

Mit nervösem Gesichtsausdruck nimmt er den Zettel ohne dass es jemand merkt und steckt es ein.

In der Cafeteria hole ich mir diese dreckige Pampe die man uns als Essen verkauft und will mich an einen Tisch setzen, als Miguel mir auf die Schulter klopft.
,,Komm zu uns an den Tisch. Du hast doch gehört was Paco gesagt hat."
,,Wie nett von euch", sage ich amüsiert und folge ihm zu deren Tisch. Ich setze mich gegenüber von Paco.
,,Und? Wie siehts aus?", fragt er mich.
,,Wie gesagt, heute Abend hast du was du brauchst", antworte ich. Er lächelt zufrieden. ,,Gut."
,,Wieso bist du eigentlich im Knast? Musst du nicht in deinem Jacuzzi sitzen mit lauter nackten Bräuten?", fragt mich der Kerl neben Paco. Ich glaube er hieß Javier.
,,Man hängt mir einen Mord an", antworte ich. Aufeinmal fangen sie an zu lachen. Ich sehe sie verwirrt an.
,,Man hängt es dir an? Ach komm schon Amigo, du sitzt nicht vor irgendwelchen fünfklässlern", sagt ein anderer.
,,Emilio hat recht", sagt Paco und schüttelt den Kopf. ,,Aber er macht es richtig so. Er posaunt seine Sünden nicht raus, so wie die meisten hier. Das ist wohl dein Geschäftsgeheimnis, was?", fügt er hinzu.
,,Kann man so sagen", gebe ich amüsiert wieder und esse ein Stück Kartoffel, die nicht mal ganz durch ist. ,,Was ist mit euch?", frage ich zurück.
,,Javier sitzt wegen Mord und Drogenhandel. Miguel sitzt wegen einem Überfall auf eine Bank und Totschlag, Emilio hat zwei Cops erschossen. Und ich sitze wegen Warenschmuggel und unter anderem auch Mord", erklärt Paco. Er sieht zu den restlichen Kerlen am Tisch.
,,Bruno, Raimon, Nacho, stellt euch dem neuen Kollegen vor", sagt Paco zu ihnen.
,,Ich sitze wegen Autodiebstahl", sagt Nacho und isst ruhig weiter.
,,Ich auch", sagt Raimon. Ich sehe zu Bruno, der nur zögerlich antwortet.
,,Hab meine Frau Totgeschlagen ... und mich gestellt", gibt er von sich und starrt auf seinen Teller. Ich wette er war dabei auf Drogen und bereut es, so wie es scheint. Was für ein Bastard.
Paco blickt zu mir. ,,Wie du siehst ist keiner von uns Sündenfrei. Wenn du meine Kette besorgst, stehen dir unsere Dienste zur Verfügung. Nacho hat flinke Hände, kann also Dinge für dich ... 'ausborgen'. Ich habe einige Kontakte in der Küche und auch wo anders, wie du ja bereits gemerkt hast. Unser Einfluss reicht aber nur bis zu den Gittern. Die Aufseher und der Rest ist für uns Tabu, deshalb habe ich dich um Hilfe gebeten. Wenn alles gut läuft, kannst du von uns verlangen was du willst."
Ich nicke verstehend. ,,Hoffen wir mal, dass alles gut läuft", sage ich.
,,Harsen. Du hast Besuch", sagt ein Wärter. Ich nicke den Latinos zu und stehe auf.

*****

Wir sind wieder in diesem Herrenhaus. Ich sitze mit Ethan an einem Tisch.
,,Also gut, wie gehen wir die ganze Sache an? Wir haben Roses Mutter, Ryan ist wieder in der Stadt und läuft bestimmt nicht ohne seine Security herum. Außerdem haben wir zwar etwas gegen Rose in der Hand, aber nicht gegen ihn. Es ist eher anders herum. Wenn etwas schief läuft, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass er Darrow umbringen wird", erkläre ich gestresst.
,,Zuerst einmal müssen wir wissen wo die beiden sich rumtreiben, wie oft sie zueinander in Kontakt stehen und was sie den ganzen Tag machen. Darum kümmern sich meine Jungs. Wir könnten Rose mitschleppen, aber sie wird durchgehend von Ryan überwacht. Das zeigt schonmal, dass er ihr nicht vertraut", erklärt er. ,,Bis jetzt hast du dich nicht auffällig verhalten. Du bist ins Krankenhaus zu deiner Freundin gegangen, warst im Anwesen und bist ab und zu raus gegangen, jedes Mal mit Bodyguards um dich herum weil dein Freund es so verordnet hat. Du und ich sind nach außen hin Kollegen, die sich ab und zu treffen. Ich habe dafür gesorgt, dass unsere Treffen unregelmäßig und spontan aussahen, deshalb die Besuche im Cafè." Er holt eine Karte heraus und breitet sie auf dem Tisch aus.
,,Das hier ist die Karte des Hotels in dem Carter wohnt. Was uns interessiert, ist der Hintereingang zu dem Flur seiner Suite für die Security. Wenn wir es bis dahin schaffen, legen wir ihn um, schnappen uns seinen Hubschrauber der auf dem Dach wartet und verziehen uns."
Ich sehe ihn fassungslos an. ,,Bitte was?"
Er sieht mich stumm an.
,,Ist das dein Ernst?", frage ich ihn.
,,Ja."
,,Nein!"
,,Was ist jetzt schon wieder das Problem?", fragt er mich genervt.
,,Ich will ihn vorher zur Rede stellen! Ich kann nicht einfach rein, abdrücken und wieder raus!"
,,Ich schon."
,,Nein!"
Er seufzt. ,,Na schön. Dann Kidnappen wir ihn und hauen mit dem Hubschrauber ab."
,,Kein Hubschrauber! Das soll doch alles verdeckt ablaufen Ethan!"
,,Wir werden Masken tragen", sagt er angepisst. Ich atme tief durch.
,,Wir machen das anders", sage ich.
,,Und wie?", fragt er gelangweilt.
,,Ich werde ihn bitten sich mit mir zu treffen."
,,Das kannst du vergessen", sagt Ethan sauer.
,,Wieso?", frage ich verständnislos.
,,Das verstößt gegen Fredericos 'wehe dem Mädchen passiert etwas - Regel'. Ich habe keine Lust eines morgens ohne Arme und Beine aufzuwachen."
,,Es passiert schon nichts! Ich werde mich einfach an einem abgelegenen Ort mit ihm treffen und so tun als hätte ich eingewilligt. Er wird nicht damit rechnen, dass aus allen Ecken Männer mit Sturmgewehren auftauchen werden. Du und deine Männer können ja vorher das ganze Gebiet abchecken."
Ethan seufzt. ,,Er wird Männer bei sich haben."
,,Wir werden mehr haben", entgegne ich entschlossen.
,,Na schön. Okay. Nenn mir den Treffpunkt und ich arrangiere alles."

*****

,,Sebastian", sage ich freudig darüber, den alten wieder zu sehen.
,,Wie geht es Ihnen Sir?", fragt er mich.
,,Den Umständen entsprechend", sage ich genervt. ,,Gibts etwas neues?"
Sebastian sagt nichts und kreuzt kaum merklich die Finger. Ich hebe eine Braue. Das bedeutet, dass das Gegenteil von dem gemeint ist, was er sagt. Das hatten wir mal zum Notfall abgemacht, falls die FBI uns belauscht. In diesem Fall ist es der Wärter hinter uns.
,,Es gibt nichts herausragendes Sir."
Er löst das Kreuz wieder. ,,Das Haus wird gut überwacht ich habe das Personal auf ihre Loyalität kontrolliert und ..."
Er kreuzt die Finger. ,,Niemand hat sich als Bedrohung entlarvt. Vor allem keiner der Bediensteten, was ja ihre Sorge war, Sir."
Einer der Bediensteten ist ein Verräter?! Wieso merken wir das erst jetzt?!
,,Gut zu wissen. Ich vertraue diesen Männern und bezahle sie entsprechend gut", antworte ich nebenbei. ,,Kümmer dich darum, dass alles in Ordnung bleibt Sebastian." Er nickt verstehend. Seine Finger sind gekreuzt.
,,Was Miss Welson betrifft ... sie wird nach wie vor von keinem außer unseren Leuten bewacht."
Sie wird also bewacht, hm? Konnte ich mir aber schon denken. Schon allein wegen Rose und dem Foto von Celeste mit diesem Kerl, dass sie mir zuschicken lassen hat. Dieses Mal kreuze ich die Finger.
,,Das interessiert mich nicht wirklich. Sie soll auf sich selbst aufpassen und sich rumtreiben wo sie will. Hauptsache es kommt zu keinem Vorfall", sage ich. Das hört Rose bestimmt gerne. Sebastian löst sein Kreuz auf.
,,Machen Sie sich keine Sorgen Sir. Ich habe alles im Griff."
,,Gut", sage ich. ,,Die Kette die ich ihr schenken wollte Sebastian ..."
,,Ich kümmere mich darum, Sir." Ich nicke.
,,Irgendwas neues bei Ihnen?", fragt er mich. Ich kreuze die Finger.
,,Nein. Es sieht immer übler für mich aus. Ich schaffe es nicht, sichere Kontakte zu knüpfen und weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie es weiter gehen soll. Ab und an besucht Rose mich und hilft mir abzuschalten, aber hier heraus wird es mich auch nicht bringen", sage ich und meine natürlich das Gegenteil. Zufrieden nickt er.
,,Keine Sorge Sir, wir kriegen Sie hier schon irgendwie raus."

Nachdem die Besuchszeit vorbei ist, werde ich zurück in meine Zelle gebracht. Der Aufseher, der meine Zelle hinter mir wieder schließt, spricht.
,,Dein Kissen", sagt er und verschwindet auch schon. Ich gehe zu meinem Bett, nehme das Kissen und sehe nach. Ich hole den Gegenstand aus dem Kissen. Und tatsächlich - in meiner Hand baumelt Pacos lang ersehnte Goldkette. Ich grinse Miguel an, der faul in seinem Bett herumliegt und nichts von dem bemerkt.
,,Hier, mein Geburtstagsgeschenk an Paco", sage ich und werfe die Kette zu Miguel, der mich überrascht ansieht.
,,Du bist zwar ein Gringo, aber ein nützlicher Gringo", grinst Miguel und sieht sich die Kette an. Ich lege mich in mein Bett und seufze.

Jetzt darf ich also verlangen was ich will, huh?

Prisoner - Behind BarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt