18# - Thoughtful

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Ella wurde gestern in ein Privatkrankenhaus verfrachtet. Dieser 'Unfall' ist schon vier Tage her. Ellas Eltern sind so erschüttert wie noch nie. Ihre Mutter wartet weinend vor ihrem Zimmer darauf dass sie endlich aufwacht. Sie ist noch immer in der Intensivstation, da ihr Zustand noch instabil ist. Nur ihre Mutter durfte bis jetzt zu ihr und das nur mit Außnahme. Ich kann ihren Eltern nicht einmal in die Augen sehen, deswegen gehe ich ihnen aus dem Weg. Ich komme nicht drum herum zu denken, dass wenn ich an Ellas stelle wäre, meine Familie es nicht mal mitbekommen würde.

Alle glauben, dass es nur ein Unfall mit Fahrerflucht war. Die Polizei sucht nach dem Verbrecher, aber ich bin mir sicher dass sie niemanden finden werden. Es ist meine Schuld, dass sie und ihre Familie durch die Hölle gehen muss. Ich weiß, dass es vielleicht besser wäre wenn ich mit Darrow darüber spreche, aber so wie ich ihn kenne würde er nur durchdrehen sobald er hört was von mir verlangt wurde. Dass ich mit Ryan von hier verschwinden und mit ihm vor die Öffentlichkeit treten sollte. Ich will einfach nicht, dass er sich vor allem jetzt, wo er unter Beobachtung steht, falsch verhält und der FBI nur mehr Gründe gibt ihn einzubuchten.

Ich fühle mich anders als vorher. Ich bin weder in Panik, noch habe ich Angst. Mir kommt es so vor, als könnte es gar nicht mehr schlimmer werden. Die erwarten von mir, dass ich jetzt eingeschüchtert bin. Aber ich bin so voller Zorn...
Ich will sie dafür bezahlen lassen, ich will es so sehr. Aber wie soll ich das anstellen?
Mir muss etwas einfallen.

Meine Gedanken werden unterbrochen als Darrow mit einem Tablett voller Gebäck zurück kommt. Wir sind in der Cafeteria des Privatkrankenhauses.
,,Hier ist dein Tee Precious.", sagt er und stellt die Tasse vor mich hin.
,,Du musst endlich mal wieder zu Kräften kommen."
,,Danke.", gebe ich leise zurück.
,,Wie lange stehst du jetzt eigentlich unter Beobachtung?", sage ich und sehe zu den Beamten die uns aus der Ferne beobachten.
,,Bis zum Gerichtstermin. Der steht aber noch nicht fest.", sagt er. Ich erinnere mich an den Tag an dem ich Darrow dort besucht habe und sein Gesicht voller Verletzungen war. Ich sehe ihm in die Augen.
,,Wer war das eigentlich, mit dem du dich im Gefängnis geprügelt hast?"
Er sieht mich überrascht an. Mit der Frage hat er wohl nicht gerechnet.

,,Niemand der zum Problem wird.", antworte ich ihr. Sie ist die ganze Zeit schon so nachdenklich. Ich weiß nicht, ob nur dieser Unfall daran Schuld ist, oder ob es etwas gibt was sie mir verschweigt. Als sie diese Panikattacke hatte, hat sie davon gesprochen, dass ich in Gefahr sei und sie dasselbe mit mir machen würden. Das war auf keinen Fall nur ihre Paranoia die aus ihr gesprochen hat. Aber egal wie oft ich sie darauf anspreche, sie behauptet immer wieder, dass sie das nur aus der Panik heraus gesagt hat. Sie ist seit Tagen viel kälter und spricht nicht viel. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Ich habe schon so oft versucht ihre Laune zu verbessern aber keine Chance. Sie lässt nichts an sich heran und starrt manchmal nachdenklich nur auf einen Punkt.
Genau wie sie es jetzt gerade auch tut.
,,Was ist los mit dir?", frage ich sie während sie nur auf ihre Tasse starrt. Sie sieht mich überrascht an.
,,Rede mit mir verdammt. Sag mir was mit dir los ist. Ich dachte wir reden über alles?"
,,Es ist nichts. Ich habe nur Kopfschmerzen.", entgegnet sie stumpf.
,,Du verhälst dich aber nicht so. Liegt es an mir? Habe ich irgendwas getan was dich verletzt hat?", frage ich eindringlich. Ich blicke einfach nicht durch sie hindurch. Sie sieht mich nur verwirrt an.
,,Nein, wieso denkst du das?", sagt sie stirnrunzelnd.
,,Du sprichst kaum, gibst nur knappe Antworten und bist ständig besorgt. Und ich glaube nicht, dass es nur an diesem Unfall liegt. Sag mir was dich bedrückt und ich lasse es verschwinden.", bitte ich sie wütend. Wäre sie nur traurig wegen ihrer Freundin, dann wäre ich noch in der Lage sie zu trösten, aber so? Sie atmet tief durch.
,,Das ist gerade alles einfach zu viel für mich. Tut mir leid wenn ich nicht immer deine fröhliche Freundin spielen kann.", sagt sie schlechter gelaunt als sonst schon.
,,Wir wissen beide, dass es nicht nur daran liegt Celeste.", sage ich ernst. Sie trennt unseren Blickkontakt und seufzt gestresst.
,,Also liegt es nicht an dem Unfall meiner Freundin, oder an der Tatsache, dass mein Mörder Freund wahrscheinlich in den Knast kommt oder an mir, weil ich es nicht hinkriege mein Leben in den Griff zu kriegen? Oder an meiner Familie die sich einen Dreck um mich schert wäre ich an Ellas stelle gewesen?", sagt sie mit ruhiger Stimme. Ich sage nichts und versuche einzuordnen, ob sie die Wahrheit sagt.
,,Muss ich dir noch mehr aufzählen oder reicht das?", fragt sie.
,,Ich habe dir gesagt, dass ich diesen Kerl nicht umgebracht habe."
,,Und ich glaube dir.", sagt sie dann nickend und trinkt aus ihrer Tasse. Ich seufze.
,,Ich versuche dir nur zu helfen."
,,Ich brauche keine Hilfe. Ich bin groß genug um auf mich selbst aufzupassen.", sagt sie angepisst. Sie stellt ihre Tasse ab und steht auf. Ich sehe sie wütend an.
,,Und was soll das jetzt?", frage ich sie.
,,Ich gehe auf die Toilette. Oder willst du mich auch dort mit deinen dummen Fragen durchlöchern?", fragt sie mich angepisst. Ich schüttle ungläubig den Kopf als sie sich umdreht und geht.

Als ich die Frauentoiletten erreiche, gehe ich rein und lasse den Wasserhahn laufen. Während ich den Wasserstrahl auf meine Hände fließen lasse, bemerke ich wie sie zittern. Ich atme tief durch und sehe mich im Spiegel an. Ich will nicht so zu ihm sein, aber dass er mich so ausfragt hilft mir nicht wirklich dabei mich zusammenzureißen. Mir ist klar dass er besorgt ist, ich verhalte mich auch wie ein Nervenwrack, aber irgendwie muss ich ihn ja davon abhalten mir so viele Fragen zu stellen. Ich weiß doch selbst nicht was mit mir los ist. Ich bin so voller Wut.

Eine Frau kommt aus einer Kabine und wäscht zwei Becken weiter ihre Hände. Mich beschleicht ein unruhiges Gefühl. Ich fühle mich beobachtet. Wieso braucht sie so lange um ihre Hände zu waschen? Ich nehme mir ein paar Tropfen Seife aus dem Seifenspender und wasche meine Hände. Ich sehe immer wieder zu dieser brünetten Frau. Als sich unsere Blicke kreuzen, sehe ich weg. Ich fühle mich plötzlich so bedrückt. In meinem linken Ohr summt es und meine Sicht ist leicht benebelt. Mir wird schwindelig. Ich halte mich am Waschbecken fest und versuche mich aufzurappeln. Plötzlich spüre ich eine Hand an meiner Schulter und zucke zusammen.

,,Ähm... alles in Ordnung?", fragt die Frau mich. Ich gehe einen Schritt zurück und nicke. Als ich an ihr runter sehe erkenne ich, dass sie Schwanger ist. Sie bemerkt meinen Blick und legt lächelnd eine Hand auf ihren mittelgroßen Babybauch. Sie trägt einen goldenen Ehering.
,,Es ist ein Mädchen.", sagt sie stolz. Ich versuche sie anzulächeln und irgendwie meine Glückwünsche auszudrücken, aber alles was ich zustande kriege ist ein leichtes Zucken meiner Mundwinkel. Ich bin nur erstarrt, ich verstehe nicht, wieso es mich so sehr trifft diese schwangere Frau vor mir stehen zu sehen.
,,Du solltest einen Arzt aufsuchen. Du siehst nicht gesund aus.", sagt sie mit sanfter Stimme. Ich schüttle den Kopf.
,,Es... es geht schon.", sage ich, drehe mich weg und trockne mit hektischen Bewegungen meine Hände an Papiertüchern ab. Plötzlich reicht die Frau mir eine Karte.
,,Falls sie jemanden zum reden brauchen.", sagt sie vorsichtig. Ich nehme die Karte. Sie lächelt mich freundlich an und geht aus dem Raum. Ich sehe mir die Karte an.

'Prof. Dr. Hamilton, Fachärztin für Psychotherapie'

Ich stecke die Karte ohne weiter darüber nachzudenken in meine Hosentasche und versuche die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich atme tief durch, wasche mir das Gesicht und trockne mich wieder mit Papiertüchern ab. Ich will gerade den Raum verlassen und öffne die Tür, als plötzlich Darrow vor mir steht und gerade klopfen wollte. Er sieht mich besorgt an, seine Wut von vorhin ist verflogen.
,,Geht es dir gut?", fragt er mich und macht mit seinen Augen ein ganzkörper Check. Ich sehe ihn wortlos an. Er versucht meinen Blick zu deuten.
,,Es tut mir leid was ich vorhin gesa-"
Ich falle ihm um den Hals.

,,Mir auch."

Prisoner - Behind BarsWhere stories live. Discover now