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«Amelie Jones», las ich laut vor und mein Gegenüber hörte mir konzentriert zu

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«Amelie Jones», las ich laut vor und mein Gegenüber hörte mir konzentriert zu. «Zuletzt gesehen auf dem Times Square, wo sie dann in der Menge verloren ging und von ihren Eltern nicht mehr gefunden wurde.» Kian nippte an seinem Kaffee, den er pur trank und ließ sich in seine Lehne fallen. «Times Square Das ist ein ziemlich schlechter Ort, um Ermittlungen anzustellen. Dort passiert so viel auf einmal. Gibt es Zeugen?» Zuerst schüttelte ich meinen Kopf, doch dann fand ich in der Akte einen Herrn, der behauptete Amelie gesehen zu haben. «Jemand hatte sie zuletzt vor dem McDonalds gesehen. Allein.» Ich sah auf und versuchte mit der Information etwas anzufangen, aber der Anhaltspunkt war nicht gut genug.

«Denkst du, wir sollten diesen Typen befragen, oder wurde er das schon?» Kian lehnte sich zu mir rüber, nahm den Bericht an sich und las. «Er wurde bereits befragt, aber lass es uns noch einmal selbst tun. Ohne Kameras, Aufnahmegerät und so weiter. Vielleicht hat er ihnen nicht alles verraten.» Ich war mit ihm einverstanden und notierte mir, dass wir Jack McCandless kontaktieren mussten. Als ich seinen Namen aufschrieb, sah ich im Augenwinkel, wie Kian nach seinem Laptop griff und diesen hochfuhr. «Ich werde mal Mrs Haze fragen, ob sie die Videoaufnahmen vom Times Square noch haben. Die, vom Tag des Verschwindens.»

Ich denke, Kian schrieb Mrs Haze eine Mail, da man sie so oder so nie wirklich finden konnte. Denn sie war beinahe immer unterwegs oder einfach nur beschäftigt. So, wie es wahre Helden und Heldinnen nun mal sind. «Am besten reden wir auch noch mit Amelies Eltern. Diese wissen vielleicht, wer sie entführt haben könnte und warum. Obwohl, der Entführer braucht keinen spezifischen Grund, oder?» Mein Kaffee war schon fast leer, als ich auf Kians Antwort wartete. Er tippte konzentriert auf seiner Tastatur herum und ich konnte in seinen Augen die Reflexion seines Bildschirms sehen.

«Böse Menschen haben meist einen Grund, aber es gibt sicher solche kranken Schweine, die kleine Kinder einfach zum Spaß mitnehmen und dann ihr Vergnügen mit ihnen haben.» Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter, als er das so locker und ruhig von sich gab. Dies war im Moment noch meine schlimmste Schwäche: Ich konnte noch nicht allzu gut mit dramatischen Ereignissen und Situation umgehen, aber ich würde dagegen schon noch abgehärtet werden. «Hoffen wir, ihr geht es einigermaßen gut, aber wir sollten keine Zeit mehr verschwenden. Mir wird fast schon übel bei dem Gedanken, was dieses Monster alles mit ihr anstellen könnte.» Kians Laptop wurde wieder zugeklappt und er sah mir in die Augen. «Warum hast du dich überhaupt für diesen Job beworben, wenn du nicht mit sowas klarkommst?» Er trank seinen Kaffee aus. «Weil dieses winzige Problemchen mich nicht aufhalten kann, meinen Traum zu verwirklichen. Ich will diesen Job machen, um genau solche schlimmen Dinge vermeiden zu können.»

«Glaub mir. Egal, wie viele Polizisten es geben wird und wie gut diese sind, es wird immer irgendwelche Monster geben, Aya. Die Welt ist ein tragischer und schlimmer Ort. Nicht für alle, aber für viele. Vielleicht nicht für uns, aber schlimme Dinge passieren jeden Moment und kreieren neue schlimme Leute. Vergiss das nicht. Wir sind nur hier, um diese schlimmen Leute davon abzuhalten, schlechte und unmenschliche Dinge zu tun.» Ich schluckte. Kian schien weise und ehrlich. Einerseits fand ich es gut, dass er ehrlich und direkt war, andererseits machte es mir ziemlich Angst, wie recht er doch hatte. Freude und Liebe würden nicht existieren, würde es keinen Hass und Trauer geben. Sonst gäbe es keinen Vergleich.

BETRAYALWhere stories live. Discover now