XXI

4.1K 304 139
                                    

Ich, auch wenn ich McCloud verstehen konnte, bekam es nicht ganz auf die Reihe akzeptieren zu können, dass wir nun die Erlaubnis hatten, den Killer direkt zu töten

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

Ich, auch wenn ich McCloud verstehen konnte, bekam es nicht ganz auf die Reihe akzeptieren zu können, dass wir nun die Erlaubnis hatten, den Killer direkt zu töten. Ich meine, möchte man ihn nicht befragen und herausfinden, warum er das tat? Direkt umlegen scheint mir da nicht die beste Vorgehensweise.

Schließlich musste doch auch ein Bericht, in dem das Motiv des Mörders erklärt werden soll, geschrieben werden. Wollen sie also einfach etwas erfinden? Es wäre definitiv möglich. Niemand würde je merken, dass es gelogen ist. Nur könnte es kritisch werden, wenn McClouds Gefühls-geleiteter Befehl irgendwann doch ans Tageslicht kommt.

Gedankenversunken schüttelte ich meinen Kopf und lief weiterhin neben Kian, der mich nach Hause bringen wollte, her. Morris und Val hatten sich schon vor längerer Zeit verabschiedet und sind sicherlich schon bei ihnen zu Hause angekommen. «Jetzt mal ganz ehrlich», fing ich an und suchte Kians Blick, da ich seine Reaktion auf meine Frage genaustens auswerten wollte. «Würdest du ihn direkt töten, wenn er vor uns stehen würde?»

Ich könnte mir gut ein ja von Kian vorstellen, da er wegen dem Killer keine schönen Dinge erlebt hat. Aber stattdessen zuckte er unbeholfen mit seinen Schultern und befeuchtete seine Lippen, während er auf seine Schuhe starrte. «Würde sich definitiv nicht richtig anfühlen», gab er dann leise zu und rieb sich die Stirn. «Und vielleicht-» Er schüttelte seinen Kopf und winkte ab. Er wollte etwas sagen, hatte sich aber dazu entschieden es mir zu enthalten.

Der noch wachsende Polizist in mir wollte ihn dazu drängen mir zu sagen, was er dachte, aber ja... Auch die neugierige Frau in mir hatte dasselbe Ziel vor Augen, weshalb ich nach seiner Hand langte und ihm einen mit Zuneigung gefüllten Blick zuwarf. «Klar hat er viele getötet, aber mittlerweile frage ich mich, ob es sich überhaupt lohnt andere Leben zu ruinieren, nur, weil das eigene zerstört wurde. Verstehst du?»

Langsam nickte ich, denn ich brauchte etwas länger, um seine Worte richtig anordnen zu können. «Wie kommst du darauf?», musste ich fast nachfragen, weil mich Kians Antwort doch etwas verwirrt hat. Wir stoppten in unseren Schritten und ich legte meinen Kopf in meinen Nacken, um seine Augen genaustens sehen zu können.

«Das Kind», murmelte er und ich spürte einen wachsenden Kloß in meinem Hals. Der Tod von Ophelia war einfach nur absurd und unerwartet. «Es starb, weil der Killer ziemlich sicher mental zerstört wurde. Aber war es wirklich nötig? Musste wirklich ein kleines Mädchen sterben, weil man ihn kaputt gemacht hat?» Kians Hand fiel aus meiner und er blickte kurz über mich hinweg und die Straße herunter.

«Er hat meine Familie zerstört. Und mich auch, aber lohnt es sich jetzt für mich, ihn zu töten? Ich verliere den Glauben daran, dass Rache Menschen heilt, weißt du?» Ich wusste nicht wirklich, was ich darauf antworten sollte, weshalb ich kurz auf seine Hand, die meine eben verlassen hatte, schielte und vorsichtig wieder nach ihr griff.

«Was, wenn Ophelias Tod nicht geplant war? Vielleicht war sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort?» Kian stimmte mir schweigend zu und etwas zu lange schaute er mir in meine Augen. So lange, dass ich zu spüren begann, wie meine Knie von Sekunde zu Sekunde weicher wurden. Ich versuchte das Glühen und Brennen unter meiner Haut und vor allem in meinen Fingerspitzen zu ignorieren, denn ein bestimmter Gedanke, eine Idee, die Kian vielleicht helfen würde Frieden zu finden, kam mir in den Sinn.

BETRAYALWhere stories live. Discover now