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Da wir nicht aufdringlich wirken wollten, haben Morris und ich Max einfach gehen lassen

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Da wir nicht aufdringlich wirken wollten, haben Morris und ich Max einfach gehen lassen. Schließlich wollte der Herr auch endlich mal nach Hause, wenn das nun auch wirklich sein Ziel war. Wir warteten noch immer vor dem Starbucks, denn Val und Kian sollten gleich hier aufkreuzen. Komisch, aber ich freute mich darauf Kians Gesicht wiederzusehen. Vielleicht sollten wir mal darüber reden. Also ich spreche von der Tatsache, dass wir offensichtlicher Weise aneinander interessiert waren. Oder sollte ich es unkompliziert und simpel angehen und ihn einfach küssen? Reden ist bekanntlich überbewertet.

Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe rum und lehnte mich an Morris Schulter, der sich ebenfalls ausruhte. Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Ahnung, warum wir uns überhaupt mit den anderen hier treffen möchten, aber irgendwie fand ich es sinnvoll für mich und meine Gedanken, die mich momentan plagen, mich durchgehend zu beschäftigen.

So konnte ich meinen Ängsten gut aus dem Weg gehen. Ich brauchte Ablenkung, sonst würde ich mich noch selbst verrückt machen. Ich muss zugeben, dass ich nie wirklich verstehen konnte, warum Leute PTSD bekommen. Na ja, jetzt kann ich es vollkommen nachvollziehen.

Traumatisierende Erlebnisse verfolgen einem ein Leben lang und ich bin mir da wirklich sicher: Ich würde dieses Aufeinandertreffen mit dem Killer nie wieder vergessen können und wenn ich jetzt so darüber nachdachte, breitete sich der Wunsch in mir aus, es bei diesem einen Treffen zu lassen. Ich wollte ihn nicht mehr sehen weder noch spüren. Jedenfalls nicht nahe an mir. Eher hinter Gittern.

Ich erinnerte mich daran, dass auch Kian daran litt und eigentlich konnte ich froh sein, dass ich den Serienmörder nur im halbdunklen Raum gesehen und nicht beim Töten angetroffen habe. Kian hingegen hat dabei zugesehen, wie seine Familie zerstört wurde. Als würde ich seine Tränen, die ich ihm gestern von den Wangen gestrichen habe, wieder auf meinen Fingerspitzen spüren, fixierte ich diese an und schluckte unbeholfen.

Die Welt war ein schlimmer Ort. Oder, um es freundlicher auszudrücken: Sie war mindestens genauso schlimm wie wundervoll. Wie sagt man das so schön? Mit jedem Licht kommt ein Schatten und leider wachsen diese Schatten manchmal über das Licht hinaus. Schlimme Ereignisse und Erlebnisse kreieren schlimme Menschen. Und diese neuen schlimmen, oder eher zerstörten Menschen, ziehen weitere mit neuen schlimmen Ereignissen in dieses schwarze Loch und ein zerstörerischer Kreislauf bildet sich. Dieser wird nie enden. Egal, wie viele Polizisten und Helfer sich dafür opfern werden.

«Hey.» Valeria tauchte vor uns auf und neben mir regte sich eine große Statur. Genau deswegen hob ich meinen Kopf von Morris Schulter an und wandte mich direkt an Kian, der sanft lächelnd auf mich herabblickte. Doch dieses Lächeln war nicht echt.

Nach seinem kleinen Zusammenbruch gestern, schien ich immer deutlicher zu sehen, wie schlecht es ihm eigentlich ging. Trotzdem schenkte ich ihm ein Lächeln von mir und ich konnte zusehen, wie sein gespieltes Lächeln zu einem echten wurde und ich war mir sicher, dass meine Augen aufgeregt zu glitzern begannen. «Hey», atmete ich luftig und ich spürte Kians Finger, die sich vorsichtig zwischen meine schlichen. «Und die Turteltäubchen sind endlich wieder vereint», kam es dann provokant von Morris, der uns wohl bei unserem Rumgrinsen beobachtet hat.

BETRAYALWhere stories live. Discover now