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× 1 Day ×

«Sir, ist es nicht sinnvoller, den Killer zu verhören und herauszufinden, warum er das getan hat? Schließlich erfahren Sie so auch, ob der Tod Ihrer Tochter gewollt war. Vielleicht hilft Ihnen das, Frieden zu finden.» Ich hoffte so sehr darauf, McCloud umstimmen zu können.

Haze hatte ich bereits halbwegs auf meiner Seite. Jedoch beharrte sie darauf, Aya ebenfalls zu verhören. Sie hing an der Vermutung fest, dass meine Teampartnerin ebenfalls an den Morden beteiligt war.

Gestern, als ich es beiden verraten hatte, musste ich darum kämpfen, dass McCloud nicht gleich meinen Nachbarn aufsuchte und erschoss. Er war schon halb aus dem Büro gewesen, als auch Haze Einspruch erhob. Dank ihr würde Ryou einen Tag länger leben. Oder vielleicht auch Wochen, wenn nicht sogar Monate. Träumen durfte man immer.

Und um ganz ehrlich zu sein, wollte ich ihm selbst nochmals gegenüber stehen. Ich wollte ihm Fragen stellen und herausfinden, was in seinem Kopf vorging oder immer noch vorgeht. Ich wollte es einfach verstehen.

Aya hatte mir gerade geschrieben, dass sie in den nächsten Stunden nach Hause ginge. Sie wollte schon heute Nachmittag, aber der Arzt bot ihr an, einige weitere Tests bezüglich der Schwangerschaft zu machen und sie hatte ihm geschildert, dass sie eine Abtreibung in Erwägung zog.

Dementsprechend hatte sich ihre Entlassung etwas nach hinten geschoben. «Wäre es Ihre Tochter, würden Sie mich verstehen können, Mister Hellding.» Ich nickte, aber das gab ihm doch nicht das Recht, einen Menschen ohne Zustimmung vom Staat, zu töten.

Das würde ihn doch auch zu einem Mörder machen. «Aber, wenn Sie ihn jetzt töten, hintergehen Sie den Staat und dessen Vorgaben. Es darf nur geschossen werden, wenn ein Beamter sich bedroht fühlt oder sich in einer lebensgefährlichen Lage befindet.»

Der Mann vor mir sah kurz zu Haze und diese nickte ihm zu. Dieses Nicken muss ihn wohl umgestimmt haben, denn seufzend senkte er seinen Blick und er rieb sich seine Stirn.

«Ich verstehe. Sie haben recht. Ich bitte um Entschuldigung.» Erleichterung machte sich in mir breit und ließ meine Fingerspitzen kribbeln. Zum Glück. Sanft lächelnd atmete ich laut aus.

«Dann nehmen wir ihn morgen fest und beginnen mit dem Verhör. Dasselbe bei Evans. Sie befindet sich noch immer im Krankenhaus, nicht?» Ich nickte und schwang mir meinen Mantel über meine Schultern.

«Heute Abend, also in knappen zwei Stunden, kann sie nach Hause. Ich komme gleich wieder, ich hol nur kurz meine Tasche aus meinem Büro», meinte ich und verließ Hazes Office.

An Ayas Tisch vorbeilaufend konnte ich nicht anders. Ich hinterfragte die Aussage meiner Freundin. Was, wenn sie wirklich seine Komplizin war? Hazes Beobachtungen und Aussagen schienen mir logisch.

Aber Ayas Augen, sie konnten nicht lügen. Aya würde nie lügen, sie war ein viel zu herzensguter Mensch. Warum sonst wollte sie Ryou retten? Sie möchte verstehen, warum er zum Mörder wurde.

BETRAYALWhere stories live. Discover now