Kapitel 4

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Der Anschnallgurt schnitt sich unangenehm in meinen Hals und ich versuchte ihn immer wieder aufs Neue zu richten. Meine Atmung war sowieso nicht vollständig aktiv, da mein rasendes Herz beinahe meine Lungen zu zerquetschen schien.

Die ganze Nacht hat Shawn neben mir gelegen und mich angeschaut, was ich bemerkt habe, als ich einmal aufgewacht bin. Dann hat er mir bloß einen Kuss auf die Stirn gedrückt und mir zugeflüstert, dass ich einfach weiterschlafen sollte.

Gerade saß ich neben ihm auf dem Beifahrersitz seines Wagens und wir kamen unserer Schule immer näher. Viele hatten das Bild gesehen und haben sicher gleich all ihren Freunden geschrieben, dass ich eine aufmerksamkeitssüchtige Schlampe wäre.

"Alles wird gut", murmelte Shawn mit beruhigender Stimme und warf mir einen knappen Seitenblick zu. Ich umklammerte mit meinen Fingern den Sicherheitsgurt und schloss für einen Moment die Augen, um tief durchzuatmen.

"Ich habe Angst."

"Hey, du brauchst keine Angst haben", redete er auf mich ein, worauf ich die Augen wieder öffnete und ihn verunsichert ansah.

"Ich habe aber Angst!", fuhr ich ihn verzweifelt an. "Jemand ist eingebrochen. Jemand war in unserem Haus. Jemand hat Fotos von mir gemacht. Und dieser Jemand kannte mein Passwort. Sag' mir also nicht nochmal, dass ich deshalb keine Angst haben soll."

Shawns Stirn legte sich in Falten, während er geradeaus auf den Asphalt schaute. Vor uns baute sich das riesige Schulgebäude auf und meine Panik wuchs von Sekunde zu Sekunde stärker an.

"Ich will da nicht rein", protestierte ich und krallte mich an dem Sitz fest.Schweigend hielt mein Freund an seinem selbstbestimmten Parkplatz an und stieg, ohne mich anzusehen, aus. Er lief um die Motorhaube herum und öffnete die Tür auf meiner Seite. Dann streckte er mir seine Hand entgegen, die ich anstarrte, als würde er mir eine tickende Zeitbombe überreichen wollen.

"Wir gehen da jetzt zusammen rein." Das war aus seiner Sicht bereits beschlossene Sache. Mein Körper sah nur noch schwarz, als ich mich schwermütig aus dem Auto kämpfte und nach seiner Hand griff.

Sein Händedruck war warm und fest, sodass ich mir sicher sein konnte: Er würde mich definitiv nicht loslassen.

"Du musst dir keine Sorgen machen", meinte Shawn mit einem aufmunternden Lächeln, doch als hinter mir etwas quietschte, verschwand es augenblicklich wieder. Ich drehte mich um.

Kate wurde von ihrem Vater den Gehweg entlang geschoben. Ihr Rücken war kerzengerade, obwohl der Rollstuhl ganz schön rüttelte, da er über das ein oder andere Schlagloch fuhr.

"Guten Morgen, Mr. Archer", begrüßte ich ihren Vater und streckte höflich die Hand aus, die er mit einem überforderten Lächeln schüttelte. Der Schweiß hatte sich auf seiner Stirn zu vielen kleinen Perlen angesammelt, die langsam an seinen Schläfen hinab rannten.

"Ashley, richtig? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen", gab er in einem freundlich Ton zurück, dennoch konnte er das erschwerte Keuchen nicht verbergen. "Du kannst uns gerne mal wieder besuchen kommen."

"Klar, gerne. Am Freitag geht Kate sowieso..."

Das blonde Mädchen hob ruckartig den Kopf an und ihre Augen verfinsterten sich.

"Ähm...", stammelte ich und spürte, wie Shawns Händedruck fester wurde.

"Was ist am Freitag?" Unwissend legte Mr. Archer den Kopf schief.

"Kate... äh... geht zu mir! Wir wollten Filme anschauen und so einen Mädchenkram", rettete ich mich in der letzten Sekunde aus der verbockten Situation und lief knallrot an. Meine Ohren wurden ganz heiß, als mir das Blut in den Kopf stieg.

PUSSYCAT ✓Where stories live. Discover now