Kapitel 12

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"Shawn, ich bin langsam alt genug, um alleine die zehn Meter zur Tür zu laufen." Als ich die Beine aus dem Wagen schwang, öffnete er bereits die Fahrertür, um ebenfalls auszusteigen und mich zu begleiten.

"Ich habe einfach Angst um dich", entschuldigte er sich mit einem besorgten Gesichtsausdruck und trommelte nervös auf dem Lenkrad herum. "Der Kerl ist bei euch im Haus gewesen. Hast du das deinen Eltern schon gesagt?"

Seufzend schüttelte ich den Kopf. Nein, das habe ich nicht und ich fürchtete mich irgendwie davor. Vielleicht hat mich Jasper tatsächlich reingelegt, aber wie soll dann das Foto entstanden sein, wenn er das nicht gewesen sein kann? Das Nachdenken machte die Schmerzen in meinem Kopf nicht gerade besser. Ich stieg aus.

"Hey, schreib mir, wenn... Samuel..." Seinen Namen sprach er wie Gift aus. "... morgen etwas herausfindet."

Zum Abschied lächelte er mir nochmal aufmunternd zu, bis ich die Tür hinter mich zuknallte und dann in die Richtung unseres Hauses ging. Shawn wartete. Ich drückte auf die Klingel und drehte mich zu ihm um. Er saß an seinem Handy und schielte immer wieder zu mir. Ich sollte doch eigentlich mehr Angst haben, oder?

Die Tür wurde von dem müden Jasper geöffnet, der ohne eine Notiz von mir zu nehmen weiter zur Küche schlurfte. Ich trat auf die Schwelle und winkte Shawn zu, damit er endlich losfuhr.

"Ashley, es gibt Pizza!", brüllte Jasper plötzlich und seine Müdigkeit schien sich in Luft aufgelöst zu haben. "Selbstgemacht!"

Moms selbstgemachte Pizza war unglaublich lecker und von ihnen konnte ich gar nicht genug in mich stopfen. Trotzdem behielt ich die Gedanken an den Einbrecher im Hinterkopf, während ich mich an dem Esstisch nieder ließ. Deshalb musste ich ein schiefes Lächeln erzwingen und bedankte mich bei Dad, der mir ein Stück Pizza auf den Teller legte. Ich nahm das warme Achtel in die Hand und biss herzhaft hinein.

Den Käse ließ ich auf meiner Zunge zergehen und womöglich rollte ich dabei übertrieben und verliebt mit den Augen, aber die belustigten Blicke meiner Familie waren mir momentan egal!

"Wir sollten wieder in den Zoo gehen. Ich will auch mal andere Affen sehen", meinte Mom und schnitt sich ein Stück von ihrer Pizza ab. Natürlich wusste ich, dass sich ihr Satz auf humorvolle Art und Weise auf uns beziehen sollte. Allerdings war mir gerade nicht zum Lachen zumute. Vor allem hatte ich keine Lust auf Zoo!

"Schau' dir Affen im Internet an", nuschelte Jasper mit vollem Mund und erhielt von Dad einen seiner ermahnenden Blicke. Also schluckte er die Reste hinunter und zeigte ihm seinen leeren Mund.

"Ashley, willst du nicht in den Zoo? Das hat dir immer so viel Spaß gemacht!" Mom sah mich hoffnungsvoll an, aber ich stand dieses Mal nicht auf ihrer Seite und gab nur ein Brummen als Antwort, bis ich mich zu Worten aufraffen konnte.

"Wir waren das letzte Mal vor sechs Jahren im Zoo. Da war ich zehn! Und ich gehe sicherlich nicht mit euch in den Zoo und mache auf 'Glückliche Familie hat Spaß'", murmelte ich und nahm einen extra großen Bissen, um vorerst nicht mehr sprechen zu müssen.

"Wir hatten immer sehr viel Spaß und du machst doch gerade sowieso kaum etwas." Nun mischte Mom die Karten neu und vertraute auf ihre "Komm-Mach-Doch-Mal-Was-Technik".

Jasper fügte ein vorwurfsvolles "Genau!" hinzu und schaute mich ebenso neugierig an. Das musste ausgerechnet er sagen, wenn er den ganzen Tag vor dem Computer saß und mit seinen Freunden aus dem Internet chattete oder spielte. Ich war ganz bestimmt öfters unterwegs als er!

"Morgen bekomme ich Besuch!", verkündete ich wohl etwas zu übermütig, denn Dad hob eine Augenbraue an. Ach nein, er sah mich so angewidert an, weil ich noch nicht heruntergeschluckt habe. Penibler Mann...

PUSSYCAT ✓Where stories live. Discover now