Kapitel 30

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Die Kommentare der Schüler umzingelten meinen Körper und drangen echohaft durch mein Trommelfell. Sie ließen mich dadurch noch schwächer fühlen, als ohnehin schon.

Anstatt zu meinem Klassenzimmer zu gehen, habe ich den Weg nach Hause eingeschlagen und schleifte meine Beine hinter mir her. Ihre Gespräche habe ich nicht länger ertragen können, vor allem drehte der Gedanke an Shawn das Messer in meiner Brust herum.

Ich stellte mir durchgehend die Frage, wie ich nur so dumm gewesen sein konnte. Entweder hätte ich ihm schon vorher davon erzählen oder Samuel gar nicht erst besuchen sollen.

Ich hätte mir kostbare Tränen und Schmerzen erspart.

Liebend gern würde ich dir Zeit zurückdrehen können, um das Treffen mit Samuel abzulehnen.

Anfangs bin ich immerhin davon überzeugt gewesen, bei ihm herumspionieren zu können, aber Fehlanzeige! Stattdessen wurde ich von ihm von hinten bis vorne verarscht. Das war nichts Neues...

Ich bin naiv.

Und dumm.

Ich war wütend auf Samuel.

Und auf mich.

Und auch ein bisschen auf Shawn, der eigentlich wissen sollte, dass ich niemals freiwillig mit Samuel was-weiß-ich treiben würde. Niemals!

Die Wut von Shawn hatte ich natürlich trotzdem ausnahmslos verdient, jedoch durfte ich wohl erfahren, ob das wirklich das Ende unserer Beziehung war. Seine lauten Schreie und der verbitterte Gesichtsausdruck verschwanden nicht mehr aus meinem Kopf.

Hatte er durch seine Worte, nichts mehr mit mir zu tun haben zu wollen, Schluss gemacht?

War die Beziehung bloß pausiert, bis wir beide wieder einen klaren Gedanken fassen konnten?

Würde ich morgen aufwachen und die Welt wär wieder in reinster Ordnung?

Diese Ungewissheit jagte mir tierische Angst ein.

Die Tränen versuchte ich zu unterdrücken, als ich vor der Haustür stand.

Ich presste die Lippen fest aufeinander und blinzelte.

Kein Auto stand in der Einfahrt, demnach würde Keiner zuhause sein - bis auf mir.

Mit zittrigen Händen kramte ich in meiner Tasche nach dem Schlüssel.

Von meinen vom Regen durchnässten Haaren fielen Tropfen auf meine Haut.

Ich hielt den Schlüssel endlich zwischen den feuchten Fingern und schloss die Haustür auf.

Direkt ging ich in mein Zimmer.

Vor meinem Bett fiel ich schluchzend auf die Knie und schlug mit den Fäusten auf die Matratze ein.

Höllisch brannten die Tränen auf meiner Haut, durchnässten meine Bettdecke unter mir. Stechende Schmerzen - ursprünglich nur in meiner Brust - breiteten sich an meinem ganzen Körper aus.

Ohrenbetäubendes Geschrei brachte mein Trommelfell nahezu zum Platzen.

Das Haus war wie leergefegt.

Ich war allein.

Völlig allein.

Ich krallte mich mit den Fingern an der Decke fest, denn die Schreie verschwanden nicht.

Das Kissen neben mir zog ich mir über den Kopf, drückte es fest in mein Gesicht.

Gedämpft nahm ich sie dennoch wahr.

Ich realisierte, dass es meine eigenen Schreie waren.

Und mit einem Mal kehrte diese unerträgliche Stille ein.

PUSSYCAT ✓Where stories live. Discover now