Kapitel 23

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Nach Shawns Verabschiedung spazierte ich lustlos den Gang zurück und in die Richtung des Computerraums. Im Normalfall brach eine Klasse direkt ins Jubeln aus, sobald ein Lehrer verkündete, die heutigen Stunden dort zu verbringen.

Allerdings würden mich dort hauptsächlich Ethans Gleichgesinnte erwarten.

Obwohl ich mich total fehl am Platz fühlte, betrat ich den Raum und ließ den Blick schweifen. Glücklicherweise saß Ethan allein an einem Tisch, sodass ich mich nicht mit den Anderen unterhalten müsste.

Es gab mehrere Tischgruppen mit jeweils vier Computern und deshalb ließ ich mich gegenüber von ihm nieder.

"Hey, Franklin", sagte ich und zwang mich zu einem Lächeln, als er den Kopf anhob.

Täuschte ich mich oder färbte sich sein geschwollenes Auge in ein dunkles Lila? Armer Junge.

"Hey", begrüßte er mich und rückte die Hornbrille auf seinem Nasenrücken zurecht. Die fettigen, blonden Haare fielen ihm darauf tief ins Gesicht.

Ich legte meine Unterarme auf der Tischplatte ab und beugte mich ein wenig zu ihm vor, worauf sich sein Gesicht in ein tiefes Rot färbte.

"Sag' mal, was lernt man denn hier so?", fragte ich ihn und bemerkte seinen beschämten Blick auf mein Dekolleté. Augenrollend lehnte ich mich auf dem Stuhl wieder zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

Irgendwie waren die Jungs doch alle gleich.

"Äh..." Seine braunen Augen sahen mich wieder direkt an und dann fing er damit an, an seinen Fingern abzuzählen. "Computersprache, Programmieren..."

"Auch hacken?", unterbrach ich ihn mit gesenkter Stimme und bereute diese auffällige Frage. Innerlich hoffte ich, dass keiner der Streber um uns herum das gehört hat.

"N-nein, ich denke nicht!", stammelte er mit entsetzt geweiteten Augen. "Hast du das etwa vor?"

Ich? Nein.

"Ach was! Ich habe dich nur reingelegt", log ich mit einem aufgesetzten Grinsen und als er anfing zu schmunzeln, wandte ich seufzend meinen Blick von ihm ab.

Mir würde das Hacken sowieso nichts mehr bringen.

Außerdem würde ich heute zum ersten und gleichzeitig letzten Mal diese AG besuchen.

Auf einmal betrat Chris mit hängenden Schultern den Computerraum. Sein Auftreten verwunderte mich ein bisschen, denn vorhin bei der Abstellkammer wirkte er ganz anders.

Er drehte den Kopf langsam in meine Richtung und abrupt legte sich seine Stirn in nachdenkliche Falten.

"Was machst du denn hier?", wollte er von mir wissen und stotterte dabei kein einziges Mal. Ansonsten hatte er mich nie von selbst angesprochen.

Merkwürdig.

"Na ja, das könnte ich dich auch fragen", gab ich knapp zurück und beobachtete ihn, wie er sich mit einem Nicken umdrehen wollte. Nur wurde er von dem Techniklehrer zurück in den Raum geschoben.

"Christoph Hobbs, wohin des Weges?", wollte der junge Lehrer wissen, den ich noch nie zuvor an meiner Schule gesehen habe.

"I-ich..." Stammelnd senkte Chris den Kopf und kaute nervös auf seiner Unterlippe herum. "Ich wollte mich gerade setzen."

Somit setzte er sich alleine an einen Tisch und stützte den Kopf auf seinen Ellbogen ab.

* * *

Die roséfarbenen Lippen meines Spiegelbilds zierten ein zufriedenes Lächeln. Selten schminkte ich mich übertrieben, aber für diesen Abend habe ich mir Mühe gegeben. Deshalb waren meine Augenlider in einem dunkleren Rot-Braun-Ton gehalten und ließen meine braunen Augen noch dunkler erscheinen.

PUSSYCAT ✓Where stories live. Discover now