Kapitel 13

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Mit einem Anflug gähnender Müdigkeit streckte ich meine Glieder und drehte den Kopf zur Seite. Ich starrte in Jaspers schlafendes und nahezu friedliches Gesicht und musste bei seinem Anblick augenblicklich schmunzeln. Ein schwaches Lächeln lag auf seinen Lippen, während er mit seinem Kissen kuschelte. Die Konzentrationsfalte auf seiner Stirn ließ ihn älter wirke. Nicht mehr wie mein fünfzehnjähriger Bruder.

Blinzelnd räkelte ich mich in seinem Bett und richtete mich allmählich auf. Ewig würde ich hier nicht liegen bleiben können, denn auf mich wartete bereits ein herzhaftes Frühstück. Nachdem ich Jasper von allen gruseligen Details des Einbruchs und Stalkers berichtet habe, hatte er wahnsinnige Angst, sodass er beinahe durchgedreht wäre. Würde mir jemand erzählen, dass bei uns jemand eingebrochen ist, - der womöglich mit einem Schlüssel das Haus betreten hat - wäre ich ebenso an die Decke geflogen.

Schließlich konnte ich einen zweiten Einbruch nicht ausschließen. Vielleicht war er zu diesem Zeitpunkt in unserem Keller und hat sich dort in der Waschküche einquartiert.

Wahrscheinlich wartete er auf den richtigen Moment, um hinauszuspringen. Ein echt furchteinflößender Gedanke!

Leise schlich ich durch Jaspers Zimmer und öffnete seine Tür möglichst geräuschlos. Doch das alte Gebäude ersparte mir rein gar nichts. So quietschte sie mit jedem weiteren Millimeter und ich war heilfroh, endlich in dem Gang zu stehen, ohne dass mein Bruder aufgewacht ist. Aus dem Esszimmer von unten konnte ich unsere Eltern beim morgendlichen Kaffeetrinken hören. Wenn die wüssten...

"... steigt und steigt, Ann. Da können wir nicht länger warten." Mein Vater redete auf Mom ein, als wäre sie ein kleines Kind, das belehrt werden musste. Vermutlich sprachen sie über Steuern, Benzinpreise oder so ein Zeug, das nur Erwachsene interessierte. Ich trottete die Treppe Stufe für Stufe hinunter und musste mich zusätzlich am Geländer festhalten, um nicht hinab zu stürzen.

Denn eine nähere Begegnung mit den Dielen im Erdgeschoss drohte mir, falls sich mein Kopf weiterhin gegen das Aufwachen wehrte. Er schien noch tief und fest zu schlummern, obwohl der Rest meines Körpers einwandfrei arbeitete. Mit tatkräftiger Unterstützung meiner Gedanken, die ausnahmsweise nicht bei... okay, die nun bei dem Stalker lagen, schaffte ich es unverletzt die Treppe hinunter und in das Esszimmer.

"Guten Morgen, Ashley!", flötete Mom sofort und grinste von einem Ohr zum anderen.

Habe ich wirklich nichts verpasst oder lag ich ein Jahr lang im Koma und irgendwelche seltsamen Dinge sind geschehen? Ich brummte als Antwort und ließ mich auf einen der Stühle fallen.

"Wir haben ganz frische Brötchen von den Jeffreys!", verkündete sie freudestrahlend und schob mir den Brotkorb zu. Mir stieg dieser Duft von warmen, frischgebackenen Brötchen in die Nase, der mich hinschmelzen ließ. Unsere Nachbarn betrieben eine kleine Bäckerei und brachten uns am Wochenende gerne etwas vorbei. Das taten sie auch nur, weil Jasper und ich ab und zu bei ihnen ausgeholfen haben und Dad mal ihre Geräte repariert hat. Ansonsten müssten wir auch dafür bezahlen.

Knurrend meldete sich mein Magen zu Wort. Stumm griff ich in den Brotkorb und schnappte mir das noch warme Brötchen. Ich knabberte nur ein bisschen daran herum.

"Wann kommt denn dein Nachhilfelehrer?", erkundigte sich Dad und blickte über den Rand seiner Lesebrille hinweg. Forschend musterte er mich und wartete wohl auf eine ausschlaggebende Reaktion meinerseits. Als Morgenmuffel hatte ich jedoch mein müdes Pokerface aufgesetzt und sah ihn zuerst für ein paar Sekunden an, bis ich meinen Mund öffnete.

"Gegen Mittag." Das hatte ich jedenfalls beschlossen. Ich musste ihm nach dem Frühstück nochmal schreiben.

"Isst er dann mit uns?" Moms Augen fingen an zu leuchten. Ihr gefiel es, wenn Leute von außerhalb ihr selbstgemachtes Essen über sich ergehen ließen. Das konnte ich Samuel allerdings nicht antun.

PUSSYCAT ✓Where stories live. Discover now