Kapitel 34

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"Ich habe keine Lust nächste Woche schon wieder Grandma zu besuchen", nahm ich Chris' deutlich genervte Stimme wahr und hörte dann, wie die Tür ins Schloss fiel.

Hastig schob mich Samuel die Stufen wieder hinauf und legte mir die Hand auf den Mund, als ich ihm widersprechen wollte. Denn ich würde am liebsten Chris direkt zur Rede stellen, aber vielleicht war das in der Gegenwart seines Vater nicht die beste Idee.

"Du weißt selbst, dass sie nicht mehr viel Zeit zu leben hat", merkte sein Vater mit seiner tiefen und kratzigen Raucherstimme an.

"Sie ist irre", erwiderte Chris und schien seine Jacke auszuziehen.

Irgendwie seltsam, ihn ohne Schluchzer reden zu hören. Schließlich wechselte er mit mir kaum ein Wort.

"Sie ist alt, nicht irre, Christoph." Die Stimme seines Vaters klang gereizt.

Keine Sekunde später knarzten die ersten Stufen und erschrocken hielt ich den Atem an.

"Warte, ich habe etwas vergessen", hielt ihn sein Vater auf und Chris ging stöhnend wieder hinunter. Sie unterhielten sich über etwas, das ich nicht verstehen konnte.

Samuels Hand löste sich von meinem Mund.

"Du hast uns hier unbemerkt rein gebracht, also bringst du uns auch unbemerkt wieder raus", wisperte ich und traute mich nicht, einen einzigen Muskel zu bewegen. Irgendwie hatte ich tierische Angst vor Chris' Vater, der uns sicher den Kopf abreißen wird, sobald er uns hier entdeckt.

Samuel packte mich an den Schultern und schob mich in das Badezimmer.

"Du wartest hier, ja? Ich kläre das mit Chris, wenn er nach oben kommt", redete er auf mich ein, als wäre ich ein fünfjähriges Kind, und als ich zögerlich nickte, wiederholte er sich. "Du wartest hier."

Erneut nickte ich und beobachtete ihn durch den schmalen Türspalt, wie er die Arme vor der Brust verschränkte und sich gegen die Wand lehnte. Chris machte sich durch das Knarzen der Treppenstufen bemerkbar.

Vor Samuel blieb er stehen und musterte ihn.

"Was willst du hier?", fragte er ihn und vergewisserte sich mit einem Blick nach unten, dass sein Vater ihn nicht hören konnte.

"Ich habe das getan, was schon lange anstand", erwiderte Samuel lächelnd und legte den Arm um seine Schultern.

Zunächst wirkte Chris verwirrt, dann runzelte er nachdenklich seine Stirn.

"Wo ist sie?"

"Wen meinst du?", grinste Samuel.

"Ashley", knurrte der Andere und sah in seine Augen. "Du hast es ihr gezeigt, oder?"

"Früher oder später hätte sie es selbst erfahren." Dann flüsterte Samuel ihm etwas ins Ohr, worauf Chris den Kopf zu mir drehte. Ich schloss die Augen und schluckte.

Na toll, ich sollte Niemandem mehr vertrauen.

"Meinetwegen. Ich lenke meinen Vater ab, dann könnt ihr unbemerkt verschwinden, aber darüber unterhalten wir uns nochmal, Samuel", presste Chris zwischen den Zähnen hervor und blickte nochmal in meine Richtung, bevor er sich der Treppe widmete. "Wir sehen uns später."

Beinahe hätte ich ein tonloses "Danke!" mit den Lippen geformt, aber ich beließ es bei einem einfachen Nicken.

Dann stieg er die Stufen hinunter.

"Was hast du ihm gesagt?", zischte ich und schob die Badezimmertür nun vollständig auf, um hinauszutreten.

"Ist doch egal, du weißt sowieso schon viel zu viel", grinste er und schaute die Treppe hinunter. "Hauptsache wir kommen hier lebend wieder raus."

PUSSYCAT ✓Where stories live. Discover now