achtzehn

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Zuhause angekommen, schloss ich die Haustür auf und trat ein. Das Haus lag still und dunkel vor mir. Die Einsamkeit verfolgte mich und drang in jede Pore meines Seins. Die Welt wirkte in dieser Sekunde zu groß und ich viel zu klein. So klein und allein, wie in diesem Moment, hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Vielleicht noch nie. Schmerzlich wurde mir bewusst, wie sehr ich in den letzten Jahren von Leons Aufmerksamkeit, von seiner bloßen Anwesenheit abhängig war. Er war mein Lebensmittelpunkt, mein Zentrum. Mein Alles.

Seufzend zückte ich mein Handy. Irgendwie musste ich diese düsteren Gedanken aus meinem Kopf loswerden. Ich schrieb schnell eine Nachricht an Julian, damit sich niemand Sorgen machen musste.

Lin 2:33: Hi, bin gut angekommen.

Dann ging ich nach oben ins Bad, wusch mein Gesicht und machte mich bettfertig.

Als ich schließlich in meinem Zimmer stand, hielt ich das Gefühl der Einsamkeit nicht mehr aus. Es drohte, mich zu übermannen. Mich mit Haut und Haaren zu verschlingen. Ich überlegte kurz ob ich Johannes anrufen sollte, doch ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits zu spät war. Ich wollte nicht riskieren ihn aufzuwecken. Stattdessen ging ich zum Kleiderschrank und wühlte eine Weile darin herum, bis ich schließlich fand, wonach ich suchte. Tobi, mein altes Kuscheltier aus Kindheitstagen. Einen großen braun weiß gefleckten Hund. Ich drückte ihn eng an meine Brust und kuschelte mich in mein Bett, dann entsperrte ich mein Handy.

Julian 02.36: Das freut mich. Dein Bruder lässt dich grüßen

Julian 02:37: Ok das hat er nicht direkt gesagt und ich glaube, dass er gerade auch nicht an dich denkt (dass hoffe ich zumindest für ihn) aber er wäre bestimmt froh, dass du gut angekommen bist.

Ein winziges Lächeln stahl sich auf mein Gesicht.

Lin: 02:40: Oh mein Gott. Kannst du mir bitte sagen, wenn er Erfolg hatte Ich hoffe es wirklich für ihn. Die Frau ist echt eine Granate.

Ich freute mich für meinen Bruder und hoffte wirklich, dass er und diese Frau sich näher kommen würde. Zwar wusste ich nicht viel über sein Liebesleben, aber ich konnte mir vorstellen, dass es nicht sonderlich aufregend war, so viel, wie er arbeiteten musste.

Julian antwortete nicht mehr. Vermutlich hatte er was besseres zu tun, als mit der kleinen Schwester seines Kumpels zu schreiben. Eine Weile scrollte ich durch Instagram und lies mich von Reels berieseln. Einen Augenblick lang lenkten mich die kurzen Videos von meinen Gefühlen ab. Irgendwann wurden meine Augenlider schwerer. Ich schloss Instagram und öffnete noch einmal meine Messenger-App. Nach wie vor keine neue Nachricht.

Lin: 03:00 Gute Nacht Jules.

Warum genau ich Julian noch mal schrieb, konnte ich nicht genau sagen, doch es fühlte sich richtig an.

♦♦♦

Am nächsten Tag schlief ich aus. Ich hatte nichts Besseres zu tun, da würde es niemanden stören, wenn ich den Tag im Bett verbrachte. Als ich schließlich um 14 Uhr mit mäßig guter Laune mein Bett verließ, war es nach wie vor still im gesamten Haus. Offensichtlich hatte Henrik eine angenehme letzte Nacht gehabt.

Ich tastete nach meinem Handy um zu sehen, ob er mir eine Nachricht geschickt hatte, doch Fehlanzeige. Stattdessen zeigte mein Bildschirm mir mehrere Benachrichtigungen von Julian an.

Julian 12:30: Die beiden sind zusammen nach Hause gegangen. Ich würde das als Erfolg verbuchen.

Julian: 12:32: Ich hoffe du hast gut geschlafen.

Ich überlegte, was ich antworten sollte. Mehrmals fing ich eine Antwort an, löschte sie dann aber wieder.

Lin 14:30: Das freut mich für ihn! Hab ihn heute auch noch nicht gesehen, also wird's ja wohl gut gelaufen sein. & ja ich habe gut geschlafen. Danke der Nachfrage.

LET LOVE GROWWhere stories live. Discover now