siebenunddreißig

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Ja, du stirbst, wenn du mich siehst in diesem Kleid, Baby
Wir war'n perfekt, doch auch perfekte Augen wein'n, Baby
Ich gab dir meine beste Zeit, du gabst mir deine, Baby

Juju & Raf Camora Wenn du mich siehst

Wenige Tage später wurde meine kleine Nichte geboren, was eine willkommene Ablenkung für mich darstellte. Nach wie vor musste ich über das Gespräch zwischen mir und Julian nachdenken. Immer wieder ging ich seine Worte in Gedanken durch und analysierte alles. Ein kleiner Teil meines Herzens konnte verstehen, warum er so gehandelt hatte, der Großteil jedoch nicht.

Während ich mit Henrik am Frühstückstisch saß, schickte Johannes uns ein Bild, mit der kleinen Luisa auf dem Arm. Er schaute freudestrahlend in die Kamera und ich konnte den Stolz in seinen Augen erkennen. Direkt nach dem Bild, schickte er uns eine Nachricht, in der uns mitteilte, dass sowohl Mutter als auch Kind wohlauf waren, aber alle noch ein wenig Zeit für sich brauchten. Natürlich hätte ich meine Nichte gerne so schnell wie möglich kennengelernt, konnte aber verstehen, dass die frischgebackenen Eltern ihre Tochter erst einmal selbst kennenlernen wollten.

„Das heißt dann wohl, dass Johannes mich nicht auf die Spendengala der Bundeswehr begleiten wird", Henrik sah mich gedankenversunken an. „Ich könnte dich begleiten." Ich wollte schon immer mal auf eine richtige Gala gehen.„Das musst du nicht tun. Julians Firma unterstützt die Gala. Er wird auf jeden Fall auch da sein." „Na und?" „Ich mein ja nur. Nach allem, was passiert ist ..." „Ich bin über ihn hinweg." Mein Bruder schaute mich prüfend an. Ich versuchte, einen neutralen Geschichtsausdruck zu wahren, denn das war ich schließlich. Über ihn hinweg.

♦♦♦

Der Tag der Spendengala kam schneller als gedacht. Kurz bevor Henrik und ich losfuhren, machte sich eine schreckliche Nervosität in meinem Bauch bemerkbar. Noch nie in meinem Leben war ich auf einem so schicken Event.

Ein letztes Mal betrachtete ich mich im Spiegel. Das schwarze Satinkleid schmiegte sich perfekt an meinem Körper. Der Schlitz, der hinauf bis zum Oberschenkel reichte, macht es sexy, aber nicht zu sexy. Die Träger des Kleides waren mit Glitzersteinen besetzt und gaben dem ganzen das gewisse Etwas. Meine Haare hatte ich mit einer silbernen Spange hochgesteckt. Was ich sah, gefiel mir. Ich fühlte mich schön. Begehrenswert. Julian würde bereuen, mich abserviert zu haben, wenn er mich in diesem Kleid sehen würde.

Mein Bruder trat hinter mich. Er steckte in einem dunkelblauen Anzug mit passendem Hemd. Seine Fliege hing ungebunden um seinen Hals. „Du siehst wunderschön aus", sagte er mit Ehrfurcht in seiner Stimme. „Danke. Du siehst auch nicht schlecht aus. Nur ...", ich griff nach dem lockeren Band um seinem Hals, „das hier fehlt noch." Dann begann ich, ihm die Fliege zu binden.

Wenige Augenblicke später war auch er fertig. Ich drehte mich erneut zum Spiegel um und betrachtete mich und meinen Bruder. Wir waren wirklich ein gutes Team. „Ich habe dir noch was zu erzählen." Fragend sah ich Henrik durch den Spiegel hindurch an. „Ich werde ab nächsten Monat wieder anfangen, zu arbeiten. Als Zivilist, im Verwaltungsbereich der Bundeswehr. Am Anfang werde ich nur ein paar Stunden machen, aber ich hoffe, dass ich spätestens im September wieder voll einsteigen darf."

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