achtunddreißig

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Du konntest alles von mir hab'n, jetzt hast du nichts
Ich weiß, du tust so, als ob du mich nicht vermisst
Machst Party mit den Schlampen, aber stirbst, wenn du mich siehst
Du stirbst, wenn du mich siehst

Juju & Raf Camora Wenn du mich siehst

Mein Bruder war verschwunden und nachdem wohl jeder in unserer Umgebung mitbekommen hatte, was für eine Show Julian hier vorhin abgeliefert hatte, würde ich wohl kaum auf ein erneutes Gespräch mit Jeremy hoffen können.

Ich kramte mein Handy aus der kleinen Handtasche und googelte nach einem Taxiunternehmen. Wahrscheinlich war es besser, wenn ich auf direktem Weg nach Hause fuhr.bIch wählte eine Nummer und lauschte auf das Freizeichen, als sich jemand hinter mir räusperte. Ich ließ mein Handy sinken und drehte mich zu demjenigen um.

Es war niemand anderes als Julian, der mit reumütigem Blick hinter mir stand. „Es tut mir leid. Das war echt arschig von mir." Ich nickte. „Ach was", ich verdrehte meine Augen, dann reckte ich mein Kinn trotzig in die Höhe und hob mein Handy erneut an mein Ohr, als mich eine federleichte Berührung an meinem Handgelenk innehalten ließ. Diese hauchzarte Berührung sorgte dafür, dass sich eine feine Gänsehaut von meinem Arm aus über meinen gesamten Körper ausbreitete.

Ich musste schlucken. Warum musste mein verdammter Körper nur so auf ihn reagieren?

„Ich weiß ich habe Mist gebaut, aber bitte, schenk mir einen Tanz. Einen letzten Tanz." Die Intensität in seinem Blick sorgte dafür, dass ich für einen Moment meine Sprache verlor.

„Du hättest alles von mir haben können und das einzige, was du jetzt willst, ist ein Tanz?" Er nickte. „Ein einziger Tanz. Bitte tu mir diesen Gefallen. Sieh es als Dankeschön dafür an, dass du mir mit deinen Worten in den Arsch getreten hast und damit dafür gesorgt hast, dass ich alles wieder auf die Reihe bekomme." Ich schwieg. Zu gerne wäre ich auf sein Angebot eingegangen, doch irgendwas in meinem Inneren hielt mich zurück. Julian ergriff meine Hand und zog mich, ohne auf eine Antwort zu warten, auf die Tanzfläche. Er platzierte seine linke Hand an meiner Hüfte, seine rechte ergriff meine, dann verschränkte er unsere Finger miteinander. Ich ergab mich meinem Schicksal und überließ ihm die Führung.

Anfangs noch vorsichtig und unsicher, doch schnell fanden wir unseren Rhythmus. Wir wurden eins. Es gab nur noch uns und die Musik. Julians starken Körper, der meinen führte und über die Tanzfläche wirbelte. Es war, als würden wir über die Tanzfläche schweben. Alles, was zwischen uns stand, war vergessen. Unsere Herzen schlugen im Einklang mit der Musik. Ich verlor mich ganz in diesem Moment. In Julian, der mich führte und meinen Körper so sanft in seinem Armen hielt, dass ich innerlich beinahe dahinschmolz. Ich fühlte mich wie in einem Märchen.

Aus einem Lied wurden zwei und ehe wir uns versahen, hatten wir die halbe Nacht durchgetanzt. Zu später Stunde wurde langsam das Licht wieder angeschaltet und die Musik hörte auf zu spielen. Es war, als würde ich aus einem Traum erwachen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die gesamte Nacht weiter getanzt, doch jedes Märchen hatte irgendwann ein Ende.

Ich löste mich von Julian und blieb einen Moment stehen, ohne zu wissen, was ich als Nächstes tun sollte. Julian strich sanft mit seiner Hand über meine Wange. Mein Herz begann schneller zu schlagen und ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Und doch sorgte Julians Nähe dafür, dass ich das erste Mal seit langem wieder frei atmen konnte. Mir wurde bewusst, wie sehr mir seine Nähe gefehlt hatte. Wie sehr ich ihn trotz all dem vermisst hatte.

„Lin", flüstere er. „Ich würde dich jetzt zu gerne küssen." Bei seinen Worten flatterte etwas in meinem Magen und mein Herz schlug schneller. Jede Zelle in meinem Inneren schrie Julian an, es endlich zu tun, doch eine kleine Stimme in meinem Kopf raunte mir zu, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden und die Sache zu beenden, bevor sie sich noch weiter entwickelte. „Ich glaube, das ist keine gute Idee", flüsterte ich und brachte ein wenig Abstand zwischen uns.

LET LOVE GROWWhere stories live. Discover now