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Jamie-Cormac MacKinley

"Schön das du wieder da bist!" James umarmte mich. "So lange war ich nicht weg", lachte ich und stellte meine Tasche ab, zog meine Schuhe aus. "Mum und Dad wollen irgendwas von uns. Sie sind richtig nervös."

Gemeinsam liegen wir in die Küche. "Hier duftet es ja köstlich!" Sofort drehten sich meine Eltern um. "Jai! Wir haben dich gar nicht mit bekommen!" Sofort umarmten mich beide. "Setzt euch doch schon mal."

"Hey Dad, wie sieht es mit Charlies Auto aus?", fragte ich. "Übel. Die neuen Teile kommen morgen. Wird ziemlich teuer aber er muss nicht zahlen, da er es nicht verursacht hat."  "Und wer zahlt das dann?", fragte ich interessiert und schenkte mir ein Glas Apfelsaft ein.

"Matts Versicherung. Und glaub mir, sowas zahlen die nur einmal." Ich nickte. "Glaub ich dir sofort."

Mum stellte einen Topf mit Pestonudeln hin. "Komplett alles selber gemacht?", staunte ich. "Ja. Die Nudeln, das Pesto- einfach alles. Es gibt ja auch einen bestimmten Grund."

James und ich sahen uns an. "Jetzt sind wir aber gespannt!" Mum machte jedem eine Portion von uns auf den Teller.

Da ich wirklich hungrig war, stopfte ich sofort eine große Gabel mit Nudeln in meinen Mund. "Lass mich raten; du hast im Krankenhaus nicht gefrühstückt." Stumm schüttelte ich meinen Kopf. "Mensch, Jamie! Du sollst ausgewogen Essen!" "Das Essen dort ist aber ekelhaft", meinte ich, nachdem ich herunter geschluckt hatte.

"Eure Mutter und ich..." "Euer Vater und ich.." Wir verdrehten unsere Augen. "Kommt auf den Punkt", seufzte James genervt. "Nun ja, wir sind ja nun auch schon etwas älter, aber wir haben uns dazu entschieden, Kinder zu adoptieren."

Ich verschluckte mich prompt und musste husten.

"Gleich mehrere?", fragte ich und trank einen Schluck. "Zwei. Es sind Geschwister und wir möchten nicht, dass sie getrennt werden. Sie heißen Jessie und Noah."

Mum hielt uns ein Foto hin. "Süß." "Jessie ist Acht und Noah Vierzehn." "Versteht ihr, wir sind zu alt um selbst noch einmal  Kinder zur Welt zu bringen-" "Oder du bringst es einfach nicht mehr im Bett." Ich lachte und schlug James, der nur grinste.

"Also ich würde es cool finden. Dann seid ihr abgelenkt und beschäftigt und passt nicht immer auf mich auf."

"Jap, mir egal. Ich muss sowieso los." James stand auf und lief aus der Küche. "Und ich dachte, er bleibt heute mal zu Hause", seufzte Mum.

"Nur weil wir die zwei gerne adoptieren wollen, heißt das nicht, dass wir nicht weniger auf dich achten."

***

Am nächsten Tag erzählte ich Anya und Sophia von den Neuigkeiten- heute würde sogar schon das Jugendamt kommen, doch Anya musste mit zu mir kommen, da wir ein Projekt aufbekommen hatten.

"Nur noch zwei Stunden", grinste sie neben mir. Die ganze Zeit hatte ich darüber nach gedacht, wie ich Dad erzählen sollte, dass ich Schwul war. Und mit Sophia würde ich auch Schluss machen, doch da wollte sich meine Mutter etwas einfallen lassen.

"Mr MacKinley!" Unsere Mathelehrerin stand vor mir. "Ja?" Ich sah die dicke Frau an. "Sie sollen meinem Unterricht folgen und nicht Nichts tun!"

Leicht nickte ich und wandte mein Blick ins Buch. Scheiß Dreckszeug! Das Zeug würde ich sowieso nicht brauchen!

Gelangweilt zeichnete ich meinen Rand voll. Ich war jetzt nicht der beste Künstler, aber man konnte schon mal erkennen, was es darstellen sollte.

"Gleich haben wir Musik", lächelte Sophia und strich über meine Hand. "Hm." Den ganzen Tag schon war ich abweisend zu ihr. "Geht es dir gut?" Besorgt sah sie mich an. "Alles super."

Als es klingelte, packten wir unsere Sachen ein und liefen zu dritt zum Musikraum.

Gott sei dank saß ich mit Anya bis hinten und Sophia bis vorne! Da hatte ich sie wenigstens für 45 Minuten los. "Jamie! Da du wieder da bist, kannst du ja vorsingen. Mir fehlt noch deine Note, da du da nicht da warst." Oh man, das hatte ich total vergessen! Sollte ich? Ich liebte das Singen wirklich, doch ich war nun verunsichert.

Charlie hatte mir klar gemacht, dass mein Leben jetzt schnell vorbei gehen konnte, wenn ich nicht aufpasste.

"Jamie, nun komm vor. Sonst zögerst du doch auch nicht so." Verlegen lachte ich und nickte, stand auf und lief nach vorne. Kurz sah ich zu Anya, dann zu James, welcher nur mit dem Kopf schüttelte, und zum Schluss zu Sophia, welche besorgt zu mir sah.

Wortlos nahm ich die Gitarre und setzte mich auf den Hocker. Schon immer sang ich selbst geschriebene Songs.

Ich sang mit viel Liebe, jeden Ton traf ich- so wie ich es mir vorgestellt hatte.

Meine Mitschüler klatschten nicht- das taten sie nie. Nur weil sie sich nicht eingestehen wollten, dass ich etwas besser konnte als sie.

Sophia lächelte mich stolz und verliebt an- igitt! James nickte mir zu und Anya sah mich begeistert an.

"Sehr gut, Jamie!" Wie immer sah mich mein Lehrer begeistert an. Er meinte immer, so ein Talent hätte er noch nie gehabt.

Er war noch ziemlich jung, ich wusste noch, als ich hier neu war, war er gerade Referendar gewesen.

"Wie immer ein A! Du kannst dich wieder setzen." Ich stellte die Gitarre weg, stand auf und lief zurück zu Anya. "Du hast so eine tolle Stimme!", flüsterte sie begeistert.

"Danke", sagte ich leise und stützte meinen Kopf auf.

Den Rest der Stunde sangen wir Lieder, besser gesagt, die anderen, ich nicht. Mir war nicht danach.

Immerhin würde ich sterben.

Vielleicht sollte ich eine Party machen. Als Abschied.

"Jai?" Sophia schnipste vor mir herum. Verwirrt sah ich auf. "Wir haben Schluss!" Ich nickte und stand auf, packte alles ein.

"Alles okay?" Anya schüttelte nur ihren Kopf. Auch sie war von Sophia genervt. "Sophia, es geht nicht mehr", seufzte ich. Es war mir egal, dass mein Lehrer noch im Raum war und alles mithörte.

"Was soll das heißen?", frage sie. "Mein Gott, ich mach Schluss. Ich werde sowieso sterben." "A-aber da muss man doch nicht Schluss machen!" "Ich empfinde nichts mehr für dich!

Anya und Mr Miller hielten die Luft an. "Es tut mir leid. Du hast jemand besseren verdient. Jemand, der dich wirklich liebt und der Gesund ist. Jemand mit mehr Lebensfreude und-" "Es ist dieser Charlie, oder? Du bist schwul."

Leicht nickte ich. "Ja, ich bin Schwul." Ehe ich ausweichen konnte, gab Sophia mir eine Backpfeife. "Gott ist ja ekelhaft!"

Und dann wackelte sie weg.

"Beichten sind nicht so dein Ding, oder?", meinte Anya leise. "Es wird die ganze Schule erfahren", seufzte ich und nahm meinen Rucksack, verließ den Raum.

heavy past | boyxman ✔️Donde viven las historias. Descúbrelo ahora