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Jamie-Cormac MacKinley

Es waren drei Wochen vergangen. Heute war Lukes und Nathans Hochzeit. Mir ging es von Tag zu Tag schlechter, ließ mir jedoch nichts anmerken.

Außerdem machte ich mir Vorwürfe, da ich schuld war, dass meine Eltern die Kinder nicht adoptieren durften....

Sie meinten immer, die beiden hätten eine Familie gefunden, doch ich wusste, dass es meine Schuld war. Ich hatte sie gehört.

"Ich finde es so schade, dass es nicht mit Noah und Jessie geklappt hat." "Ach Gaby, es kommen andere Zeiten." Leise lehnte ich mich an die Wand.

"Aber die Frau hat recht: wir müssen uns zu viel um Jai kümmern, die Kleinen wären zu kurz gekommen." Ich schloss meine Augen und lehnte meine Stirn an die Wand. Es war meine Schuld, dass meine Eltern nicht glücklich werden konnten.

Ich spuckte mein Blut ins Waschbecken und wusch mich. Alle meinten, ich wäre blasser, doch ich winkte nur ab.

Gut gelaunt zog ich mein Hemd an, knöpfte es zu und zog mein schwarzes Jackett an. Als ich fertig angezogen war, verließ ich das Badezimmer. Vor mir stand James. In einem feinen schwarzen Anzug.

"Du siehst gut aus", grinste ich. James steckte seine Hände in die Hosentaschen. "Ich hasse dich dafür, dass du mich zwingst, mit Diego auf diese beschissene Hochzeit zu gehen. Ich kenne diese Schwulen nicht mal."

"Das ist Nebensache. Ich möchte, dass du dich amüsierst und mal aufs Ganze gehst. Tu' es für mich."

Es klingelte. "Los gehts." Ich lief an meinem Bruder vorbei und ging der Wendeltreppe hinunter.

Fröhlich öffnete ich die Tür. Davor standen Diego und Charlie. Diego pfiff begeistert. "Jamie! Siehst ja heiß aus!" Grinsend drehte ich mich im Kreis. "Ich weiß."

Beide hatten schwarze Anzüge an, Diego weder Krawatte, noch Fliege, Charlie eine Fliege. "Vergiss es", meinte ich und zog Charlies Fliege auf. "Hey!"

"Ich hasse Kerle mit Fliegen. Entweder Krawatte oder nichts. Ich leihe dir eine von Dad." Ich nahm Charlies Hand und zog ihn hinein.

"Ihr seht ja toll aus!" Mum lächelte uns gerührt an. "Du tust ja so, als würde ich heiraten", meinte ich Augen verdrehend.

Im Schlafzimmer meiner Eltern drückte ich Charlie auf das Bett, ging zum Kleiderschrank und suchte die dunkelblaue Krawatte, welche ich Charlie umlegte.

"Woher kannst du eine Krawatte binden?", fragte er. "Hey, ich bin Schwul und habe einen sehr guten Modegeschmack, okay?" "Naja diesen guten Modegeschmack zweifle ich dir an." Grinsend sah er auf mein Hemd.

"Haha. Da hat wohl jemand einen Clown gefrühstückt?", meinte ich sarkastisch.

Charlie nahm meine Hand. "Wie geht es dir heute? Du wirst immer blasser und irgendwie Grauer." Seufzend strich ich über seine weiche Wange. "Mir geht es gut. Das weißt du doch", log ich und lächelte.

In den letzten Tagen hatten wir uns wieder mehr angenähert. Keine Ahnung, was wir waren, ob wir überhaupt etwas waren... aber ich wusste, ich würde gewinnen.

Charlie würde mein Freund werden, das wusste ich.

Nur hoffentlich ehe ich starb.

"Na dann los. Sonst kommen wir noch zu spät. Denk an den Verkehr." Leicht nickte ich. Wir beide standen auf und gingen zurück zu Diego und James. Mein Bruder sah mich grimmig an.

"Ich sitze vorne", grummelte er. "Nein. Ich fahre, also sitzt Jamie vorne." Ungläubig sah mein Bruder Charlie an. "Dein scheiß ernst?" "Ja. Mein Auto, meine Regeln."

Gemeinsam mit Charlie lief ich an beiden vorbei und wir stiegen schon mal ins Auto ein. "Du hast gar keine Regeln", sagte ich Nachdenklich. "Ich weiß. Aber mir geht dein Bruder gewaltig auf den Sack."

"Nicht nur dir. Mum meinte letztens zu Diego, er solle doch mal bei uns übernachten und wir sollen James die schönen Seiten des Schwul-Seins zeigen... Chaos pur. James ist richtig ausgerastet. Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich helfen kann..."

Sanft legte Charlie seine Hand auf meine. "Dann lass es. Er wird schon zu dir kommen. Jetzt genießt du bitte erst mal den Tag." Leicht nickte ich. "Du hast recht."

Als Diego und James irgendwann mal einstiegen, fuhren wir endlich los. Es war Gott sei dank still auf der Rückbank und so konnte ich meine Augen schließen und durchatmen, bevor es zur Sache ging.

Ich sang nämlich ein bisschen auf der Hochzeit. Alle wollten es mir ausreden, doch es hatte nicht geklappt.

"Das Geschenk hast du aber, oder?", fragte ich Charlie dann. "Ja natürlich. Wie könnte ich es vergessen, wenn du es mir in den letzten Tagen eine Millionen mal geschrieben hast?"

"Ja sorry, ich konnte es nicht kaufen, bin minderjährig."

Damit war das Thema erledigt.

Als wir fast da waren, klingelte mein Handy. Es war Luke. Als ich ihn begrüßen wollte, schnitt er mir das Wort ab. "Wo bist du?!" "Wir sind gleich da."

"Dreht um. Du musst zu mir kommen. Meine Visagistin war der Meinung, heute ein Baby rauspressen zu müssen. Ich sehe aus wie eine Vogelscheuche!"

"Ja ist gut. Wir kommen." Ich legte auf und sah Charlie an. "Hab schon verstanden. Er hat so laut gebrüllt, dass es jeder gehört hat."

"Aber wieso denkt er, du kannst ihn retten?", fragte James von hinten. "Er wird wahrscheinlich alle seine Kontakte angerufen haben", lachte ich leiser. Natürlich war dies eine Lüge. Wir alle wussten doch, wieso er mich angerufen hatte.

Bei Lukes Haus stiegen wir aus und liefen zur Haustür. Dort klingelte ich und Dr Harvey öffnete die Tür. "Na Gott sei dank. Mein Sohn ist am krepieren." Dann musterte er mich. "Ist Alles in Ordnung bei dir?" Du bist so... grau." Ich verdrehte meine Augen. "Mir geht es gut."

"Jamie?! Bist du das?" Luke kam halbnackt angesprintet. "Na Gott sei dank! Los! Ich habe Vorlagen! Wir haben nur noch eine halbe Stunde!", kreischte er und ich hörte noch ein "ohne Schminke sieht der ja sogar ganz gut aus", von meinem Bruder.

"In einer halben Stunde bekommt man doch nichts hin", meinte er im Schlafzimmer. "Los jetzt, bitte!" Luke zeigte mir seine Skizzen. "Okay, okay."

"Erst wollte ich so etwas nach dem Motto ‚weniger ist mehr', weil Nate so drauf steht, aber das traue ich mich dann doch nicht."

In Ruhe sah ich mir seine Paletten an, ehe ich anfing, roséfarbenen Lidschatten aufzutragen. "Oh Gott, du hältst dich nicht an die Skizzen!", rief er panisch. "Halt still!", meinte ich genervt.

Als ich die Lider fertig hatte, nahm ich Wimperntusche, trug diese jedoch nur auf die oberen Wimpern auf.

"Wieso hast du dich nicht geschminkt?", fragte Luke leiser. "Nein. Das bleibt unser Geheimnis, Luke. Du hast es versprochen. Ihr alle habt es."

Luke seufzte. "Du sahst so toll aus." "Danke. Und jetzt mache bitte die Augen zu und sei ruhig." Ich nahm eine Pinzette und klebte je drei Glitzersteine an die Seite der Augen.

"Gott, ich sehe bestimmt scheußlich aus", jammerte er. "Halt die Klappe!" Zum Schluss nahm ich roséfarbenen Lippenstift, trug diesen auf. "Fertig." "In 20 Minuten?! Gott, ich sehe schrecklich aus!"

Luke sah sich im Spiegel an. "Du wolltest ‚weniger ist mehr'." Luke begutachtete sich. "Das sieht toll aus! Du bist ein wahrer Künstler!"

"Zieh dich an", meinte ich lächelnd. Luke nahm seinen weißen Anzug von der Stange. Natürlich mit Rosa Krawatte! "Hübsch."

Nachdem Luke vollständig angezogen war, verließen wir das Zimmer. Draußen warteten bereits die anderen. "Lucas", lächelte Dr Harvey. "Du siehst toll aus!"

"Woher kannst du Schminken?" "Ist nicht schwer", meinte ich leiser und sah James an.

Erneut schmeckte ich Blut in meinem Mund. "Ich muss noch mal auf Toilette", meinte ich leise und lief ins Badezimmer, schloss die Tür ab und spuckte ins Waschbecken.

Wieso konnte das alles nicht endlich ein Ende haben?

heavy past | boyxman ✔️Where stories live. Discover now