Kapitel 7

135 18 2
                                    

Every new beginning comes from some other beginning's end.
- Seneca -

Als ich aufwachte, nahm ich als erstes den hämmernden Schmerz in meinem Kopf wahr und dann die Übelkeit in meinem Hals.
Es roch muffig und nach Erde und etwas kratzte in meinem Gesicht.

Als ich es irgendwann schaffte, meine müden Augen zu öffnen, erwartete ich, dass mich Licht blenden würde, doch davon war nichts zu sehen.
Stattdessen war es um mich herum so dunkel, wie es nur sein konnte.

Ich versuchte mich aufzusetzen und mich umzuschauen, doch es ging nicht.
Ein fester Stoff spannte sich um mich, sodass ich nur in einer Embryohaltung da liegen konnte.
Der harte Boden unter mir war unbequem und bescherte mir jede Menge blaue Flecken, doch das war mir egal, als ich bemerkte, dass ich mich keinen Zentimeter bewegen konnte.

Platzangst war eine meiner schlimmsten Ängste.

Deswegen konnte ich auch nichts dagegen tun, als sich meine Kehle immer weiter zusammen schnürte und ich am ganzen Körper anfing zu schwitzen. Das Keuchen, das aus meinem Hals drang, konnte ich nicht zurückhalten; stattdessen fing ich an zu rufen und mit den Fingernägeln an dem Stoff zu kratzen, bis meine Fingerkuppen wund waren.
Als das nicht hilf, drückte ich dagegen und versuchte, auf dem geringen Bewegungsraum, der mir blieb, gegen den Stoff zu treten, in der Hoffnung, irgendwie dort rauszukommen.

Doch bald schon übermannte mich die Erschöpfung, die Dehydrierung und die Müdigkeit und so konnte ich nicht mehr tun, als ruhig dazuliegen, meine Kräfte zu sparen und abzuwarten. Auch wenn es mir sehr schwer fiel. Irgendjemand würde schon kommen, um mich hier rauszuholen.

Doch in den nächsten paar Stunden, die mir vorkamen wie Jahre, kam niemand.
Ich schloss die Augen, um der Übelkeit entgegenzuwirken, die sich immer wieder in meinem Hals nach oben drängte. Schweiß tropfte mir in die Augen und lief mir am Rücken herunter.
Es war unerträglich heiß und mein Hals fühlte sich an wie Schmirgelpapier und der einzige Gedanke, den ich hatte, war Wasser. Immer wieder sagte ich dieses Wort vor mir hin, während ich das Gefühl hatte, langsam zu sterben.

Irgendwann, nach einer unerträglich langen Zeit und als ich schon halb bewusstlos war, hörte ich entfernt Schritte und dann sah ich Licht, das mich durch den Stoff anstrahlte.
Ich hörte, wie jemand fluchte und mich hoch hob. Menschen riefen und fassten mich an, doch ich war zu müde und erschöpft, um etwas zu tun.
Im nächsten Moment spürte ich kalten, weichen Stoff an meinem Rücken und jemand stützte meinen Kopf, um im nächsten Augenblick einen Becher an meine Lippen zu setzen. Langsam öffnete ich meinen Mund und spürte, wie die kalte Flüssigkeit meine Kehle hinab strömte. Anfangs trank ich noch langsam, doch dann verschlang ich das Wasser regelrecht, sodass ich husten musste und die Hälfte wieder ausspuckte.
„Schon gut," sagte jemand und strich mir über den Rücken. „Du bist in Sicherheit."
„Mehr," sagte ich heiser und ich bekam erneut einen Becher mit Wasser, das ich genauso schnell herunterstürzte.
Anschließend wurde ich abgelegt und ich schaffte es, meine Augen ein wenig zu öffnen.
Im Augenwinkel sah ich rote Haare und ich dachte schon, es war Jade, die ich sah, doch als ich mein Gesicht vollständig drehte, war es ein fremdes Mädchen, in dessen Augen ich blickte und die Enttäuschung überkam mich.

Im nächsten Moment wurde ich panisch. Ich kannte dieses Mädchen nicht und als ich mich weiter umsah, merkte ich, dass mir der Ort, an dem ich war, auch nicht vertraut vorkam.
Es war ein Zimmer vollständig aus Beton. Das Bett, auf dem ich lag war aus Metall und quietschte, wenn ich mich bewegte. Ich war zugedeckt mit einer löchrigen Flickendecke und auf einem kleinen Holztisch neben dem Bett stand eine Lampe, die nur wenig Licht spendete. Bis auf diese Dinge war der Raum leer.

Wieder wanderte mein Blick zu dem Mädchen, dass auf einem Stuhl neben dem Bett saß und mich aus freundlichen, blauen Augen anguckte.
„Wo bin ich?," fragte ich sie mit kratziger Stimme. „Was ist passiert?"
„Du bist im Lager," antwortete sie. Sie hatte eine schöne, glockenhelle Stimme und war sehr hübsch.
„Das Lager?," fragte ich verwirrt. Davon hatte ich noch nie gehört.
„Wir haben dich hierher gebracht," fuhr sie fort.
Mein Blick fiel auf einen Sack aus Jutestoff, der neben dem Bett auf dem Boden lag. Darin musste ich aufgewacht sein. Auf einmal erinnerte ich mich wieder an das, was passiert war. Ich wurde entführt von jemandem, der mich mit irgendetwas betäubt hatte, direkt hinter dem Diner.
„Was war das für ein Zeug, mit dem ihr mich betäubt habt?," fragte ich weiter. „Wieso bin ich hier? Wer bist du?"
Sie antwortete auf meine Fragen nicht, sondern sagte nur: „Ruh dich etwas aus. Du kannst dir danach aus der Kiste ein paar Klamotten raus suchen," und zeigte auf eine Plastikwanne, die neben der Tür stand.
Wobei „Die Tür" eigentlich nur ein Vorhang war, den das Mädchen jetzt zur Seite schob und das Zimmer verließ.
Verwirrt schaute ich ihr hinterher. Von meiner Neugier angetrieben stieg ich aus dem Bett und sah ihn die Kiste hinein. Ein ganzer Haufen unsortierter Kleidung lag darin. Unterwäsche, Hosen, T-Shirts, Pullover, Jacken, Schuhe. Nicht die neueste Mode, aber tragbar.
Ich suchte mir ein Paar braune Halbstiefel heraus, einen weißes Shirt und eine grüne Hose. Alles passte wie angegossen.
Erst schaute ich etwas misstrauisch zu der Tür, doch dann vernahm ich Gespräche und den Geruch nach Essen, von dem mein Magen anfing zu knurren. Ich schob den Vorhang zur Seite und ging nach draußen.

Was ich sah, erstaunte mich.

TelepathyWhere stories live. Discover now