Kapitel 27

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It is our choices that show what we truly are, far more than our abilities.
- J. K. Rowling, Harry Potter and the Chamber of Secrets -

Es war stockdunkel und selbst der Mond schien heute nicht richtig.
Ich nutzte die Taschenlampe im Rucksack, um wenigstens ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen und um nicht auf mögliche giftige Tiere zu treten.

Trotz der Dunkelheit und der Einsamkeit war es kein bisschen unheimlich.
Ich war froh, endlich mal alleine zu sein und über alles nachdenken zu können.

Wenn Val jetzt hier wäre, würde er sicherlich alles mögliche wissenschaftlich untersuchen oder die Sterne beobachten, Jade würde sich vor Angst in die Hose machen und Hazel würde begeistert vor uns her rennen.

Ich sah sie so bildlich vor mir, dass mir ganz komisch ums Herz wurde. Sie hätten mich niemals so angegangen oder eiskalt ignoriert.
Ich konnte schon verstehen, dass vor allem Reign wütend war und ich gab zu, Mist gebaut zu haben, aber so behandelte man seine Freunde nicht.

Stetig angetrieben von meiner Wut und Verletztheit, war ich bald beim Wald angelangt.
An der Grenze blieb ich stehen.

Ich fand dieses Gebiet im Dunkeln weniger magisch und eher merkwürdig, aber darüber konnte ich jetzt nicht nachdenken.

Ich musste den anderen beweisen, dass ich das Zeug zum Jagen hatte. Ich würde ihnen noch ein Tier präsentieren, eines, dass ich ganz alleine getötet hatte und danach mussten sie mir einfach verzeihen.

Ich atmete noch einmal tief durch und setzte dann einen Fuß in den Wald.

Schon hier vorne war es sehr dunkel und bald konnte ich wortwörtlich die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Ich hielt die Taschenlampe vor mich und versuchte, etwas zu erkennen.
Doch das Licht kam nur etwa einen Meter weit, es wirkte so, als würde das Schwarz der Nacht das Licht absorbieren.

Nach einer Weile gelangte ich zu der Stellte, bei der wir mit Phoenix gewesen waren und ich erkannte auch den Baum.
Dort kletterte ich hinein und wartete ab.

Ich wartete und wartete.

Mein Fuß war bald eingeschlafen und ich wollte gerade die Position wechseln, um ihn wieder aufzuwecken, als ich ein Knacken hörte.

Sofort war ich mucksmäuschenstill und meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich hatte das Gefühl, das Herz sprang mir aus der Brust; ich traute mich nicht mal zu atmen oder zu schlucken.

Dann sah ich das Tier.

Es war kleiner als das vorhin und hatte viele Narben am gesamten Körper. Als es sich ein bisschen drehte, konnte ich sehen, dass das Auge, das zu mir zeigte, fehlte. Dort war nur ein dunkles Loch.

Sehr gut. Das konnte ich ausnutzen. Wenn ich aus dem Toten Winkel angriff, konnte ich das Tier relativ problemlos erledigen.

So leise wie möglich öffnete ich den Rucksack und holte die Pistole und die Messer raus. Es zuckte kurz mit den Ohren, schien aber nichts gehört zu haben.
So aufmerksam, wie Phoenix gesagt hatte, waren sie dann wohl doch nicht.

Ich wartete kurz, bis es nah genug an meiner Astgabel dran war, dann zückte ich die Pistole, zielte auf den Bauch und drückte fünf Mal ab.
Mit einem lauten Grunzen fiel das Tier zur Seite und blieb dort mit geschlossenem Auge liegen.

Das war meine Chance. Ich bezweifelte, dass es tot war, also sprang ich von der Astgabel und nahm das Messer in die Hand.

Ich wollte gerade ausholen und das Tier in den Hals stechen, da zerriss sein Brüllen die Stille des Waldes.

Es bäumte sich auf, stemmte sich auf seine Hinterbeine und brüllte unentwegt weiter.
Ich war wie erstarrt, konnte mich wie vorhin nicht mehr bewegen. Meine Ohren rauschten und ich dachte immer wieder nur: verdammt.

Ich konnte mich also auch nicht wehren, als sich die Bestie wieder nach vorne fallen ließ und mein Kopf nach hinten geschleudert wurde. Mit einem heftigen Schlag knallte dieser auf dem Boden auf und das Messer fiel mir aus der Hand. Ich wollte es nehmen, aber alles drehte sich und ich war zu schwach.
Ich gab auf, danach zu greifen.

Ich spürte auf einmal lediglich unsägliche Schmerzen und hörte entfernt einen lauten Schrei.

Ich glaube er kam von mir.

TelepathyWhere stories live. Discover now