Kapitel 43

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None who enter will leave unchanged. Trespassers will be turned to stone.
- Brandon Mull -

Am Tag der Mission wachte ich um halb drei morgens von selbst auf und sprang hellwach aus dem Bett.
Meine Klamotten für den Tag hatte ich bereits am Abend zuvor gerichtet, genau wie meine Waffen.
Neben dem Messergürtel bekam ich eine Pistole mit mehr Munition, als wir meiner Meinung nach brauchten und außerdem einen Taser. In einer kleinen Tasche, die um die Hüfte ging, befanden sich außerdem ein kleines Multitool, eine Wasserflasche, etwas zum Desinfizieren und ein paar Nüsse zum Essen.

So leise wie möglich zog und hing ich mir alles um. Ich blickte auf die schlafende Olivia runter und gab ihr schließlich einen Kuss auf die Wange.
Gerade wollte ich gehen, da hielt mich Reign am Bein fest.
Ohne etwas zu sagen umarmte ich sie.
„Pass auf dich auf," flüsterte sie und ich nickte in die Dunkelheit hinein.
Dann ging ich hinaus zu den anderen.

„Gut, es sind alle da," sagte Jai. „Denkt dran: bleibt immer hinter mir, kommt nicht vom Weg ab und verhaltet euch leise."
Damit nickte er, drehte sich um und stiefelte los.
Zitternd und mit bebenden Lippen liefen wir hinter ihm her. Es war unglaublich, wie kalt es nachts in der Wüste wurde.

Leo und ich liefen nebeneinander her und hielten uns zwischenzeitlich an den Händen fest. Zum Glück war Vollmond und die Umgebung daher relativ hell.
Wir liefen ungefähr für vier Stunden durch Dünen und Geröllfelder und gerade als das erste Licht die Dunkelheit durchbrach und es anfing, heiß zu werden, erreichten wir den Zaun.
Jai blieb ein paar Meter entfernt hinter einem großen Busch stehen und drehte sich zu uns um.

„Ab jetzt wird es ernst, Leute," sagte er leise.

Der Wind übertrug jedes einzelne Wort.

„Hinter diesem Haus sitzen drei Soldaten, die die Grenze mit Schusswaffen beschützen."
Er zeigte auf eine kleine, schiefe Hütte, die eher aussah wie ein verlassenes Sommerhaus als ein Grenzlager für das Militär.
Wir beugten uns zur Seite, um einen besseren Blick auf die Männer erhaschen zu können: sie waren allesamt klein, dünn wie Bohnenstangen und sie schnarchten.

„Wir müssen nur an denen vorbei und dann sind wir drin? Das ist sogar für Quinn ein Klacks," sagte Violet.
„Freu dich nicht zu früh. Es gibt unsichtbare Schranken, die alles und jeden entdecken und töten können, wenn sie durchschritten werden. Falls du davon nicht stirbst, erledigen diese drei netten Jungs den Rest. Sie sehen nicht so aus, aber sie sind verdammt gute Schützen, glaub mir."
„Und wie kommen wir dann rein?," fragte Harry, offensichtlich verängstigt.
„Wir haben ein Gerät geklaut, was die Schranken deaktiviert," antwortete Jai nüchtern.
Wir alle seufzten laut auf vor Erleichterung.

Bevor Jai die Schranken deaktivierte, überprüften wir alle nochmal unsere Waffen, Munitionen und das Armband. Er rief außerdem Kyle an, um sicherzugehen, dass die Luft rein war. Dann ließ er jeden einzelnen von uns etwas sagen, damit die Mikrofone und Headsets auch richtig funktionierten.
Als alle fertig waren, holte Jai dieses ominöse Gerät aus seiner Bauchtasche, das aussah wie eine gewöhnliche Fernbedienung und drückte eine Taste.
Man konnte weder etwas sehen, noch etwas hören, doch Jai sagte: „Gut, die Luft ist rein. Laut meiner Erfahrung haben diese Typen keinen leichten Schlaf, aber man weiß ja nie. Bleibt dicht hinter mir und macht keinen Mucks, verstanden?"
Wir nickten.
„Seid ihr bereit?"

Jai schlüpfte vorsichtig durch ein Loch im Zaun und wir folgten ihm. Gerade dachte ich noch, dass es wohl schlauer gewesen wäre, wir hätten erst einen Stein oder so auf die andere Seite geworfen, doch da waren wir bereits alle hinter der Grenze und keiner von uns wurde in die Luft gesprengt. Also schien wohl alles okay zu sein.

Trotzdem sah ich nicht nach hinten und rannte so schnell wie möglich, bis wir bald ein kleines Waldstück erreichten, wo wir nochmal stehen blieben.

„Gut gemacht," lobte uns Ryu. „Ab jetzt wird es erst schwierig. Schaltet bitte eure Armbänder ein und ruft die Karte auf."
Wir taten, wie uns befohlen wurde.
„Der rote Punkt, den ihr sehen könnt, sind wir. Das schwarze Viereck ist das Regierungsgebäude. Wie ihr seht, befindet es sich mitten in der Stadt und wir uns komplett außerhalb. Glücklicherweise ist es noch nicht ganz hell und die meisten Menschen schlafen noch. Das machen wir uns zu Nutze. Wir werden nicht über die Hauptstraßen laufen, sondern durch die kleinen Viertel gehen, bis wir hier sind."

Er zeigte auf eine Stelle, die ungefähr einen Kilometer vom Regierungsgebäude entfernt war.

„Das ist eine leerstehende Lagerhalle. In der sind zusätzliche Munition und angemessenere Kleidung versteckt, die uns unauffällig macht. Von hier laufen wir zum Gebäude. Lances Freund wird uns Einlass gewähren. Anschließend gehen wir zu diesen Aufzügen hier auf der linken Seite und fahren damit in das unterste Geschoss. Hier befindet sich die Küche und der Tunnel. Diesen durchqueren wir und landen im Scientium. Das Labor befindet sich im dritten Stock. Jetzt kommt der Haken: wir haben für die gesamte Aktion nur eine Stunde Zeit. Zwischen zwölf und eins gibt es eine Pause, bei der jeder Mitarbeiter das Gebäude verlässt. Nur innerhalb dieser einen Stunde haben wir die Möglichkeit die Gebäude unbemerkt zu betreten, die Ausrüstung zu stehlen und wieder zu verlassen. Wenn wir das geschafft haben ist es allerdings bereits sehr hell draußen und es laufen jede Menge Leute in der Stadt rum. Denkt dran: ihr seid nicht sicher und fangt nie ein Gespräch mit jemand Fremden an. Das galt damals, als ihr noch Kinder wart und jetzt auch noch. Noch Fragen?"

Wir sahen ihn alle mit offenem Mund an.
Ich schluckte schwer. Bisher war ich noch relativ entspannt gewesen, doch mittlerweile bekam ich es mit der Angst zu tun. Wenn wir nur einen Fehler machten, dann waren wir dran. Für was konnten die mich alles verhaften? Illegaler Waffenbesitz, Schulverweigerung, Einbruch, Verletzung der öffentlichen Ordnung und bestimmt zig andere Sachen.

„An jeder Seite befindet sich ein kleiner Knopf. Mit dem linken teilt ihr euren Standort, damit wir euch finden, falls etwas passiert. Den schaltet ihr jetzt ein. Den rechten drückt ihr, falls ihr mal in einer Notlage seid."
Wir drückten den Knopf, dann wurde eine rote Linie auf der Karte sichtbar.
„Unser Weg. Falls ihr euch verlauft, findet ihr so wieder zu uns."

Jai redete uns ein bisschen Mut zu, dann zogen wir noch einmal unsere Bauchtaschen fest und liefen los.

TelepathyWhere stories live. Discover now