Kapitel 38

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Fear is a natural reaction to moving  closer to the truth.
- Pema Chodron -

Die Zentrale war ungewohnt leer und dunkel, aber er drückte bei einem der Computer auf einen Knopf und sofort fuhr er mit einem Surren hoch.

„Du darfst das hier eigentlich nicht sehen, also müssen wir wirklich vorsichtig sein," flüsterte er.
Ich nickte und nahm mir einen Stuhl, mit dem ich mich neben ihn setzte.
Er drückte einige Tasten und rief Seiten auf, die ich noch nie gesehen hatte.

„Wie ist es eigentlich möglich, dass ihr so eine Technik habt?," fragte ich erstaunt.
„Wir haben Outsider, die sich mit Technik und Informatik auskennen, zu uns geholt. Kyle ist unser Bester."

Er rief ein Dokument auf.

„Was ist das?," fragte ich.
„Das sind alle Leute, die zu uns gekommen sind. Outsider und Mutationen. Hier verzeichnen wir ihren Namen, ihr Alter, wann sie hierher kamen, medizinische Informationen und dann noch ein paar persönliche Daten. Familie, Freunde und so weiter. Und eben auch ihre Kraft und wann sie die bekommen haben. Und hier ist uns etwas aufgefallen. Jeder einzelne bemerkte sie exakt an seinem fünfzehnten Geburtstag, ohne Ausnahme."
„Das kann kein Zufall sein," stellte ich fest.

Ein aufregendes Gefühl durchströmte mich. Würde ich bereits jetzt schon meine Antworten bekommen? Ohne, dass ich wirklich etwas dafür tun musste? Das war fast zu gut, um wahr zu sein.

„Richtig. Und noch etwas: Wir haben zwar kein richtiges Labor, aber wir haben das Blut jedes einzelnen grob untersucht und dabei Unterschiede zwischen dem von Mutationen und Outsider gefunden."
„Was für Unterschiede?"
„Die Mutationen weisen Stoffe in ihrem Blut auf, die die Outsider nicht haben."
„Und wisst ihr auch, was für Stoffe das sind?"
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, dafür reichen unsere Mittel nicht. Die Mikroskope und Instrumente, die wir haben, könnten genauso gut einem Baukasten für Kinder entstammen."
Ich überlegte kurz. „Wo würden wir denn richtige Instrumente herbekommen?"
Jai lachte auf. „Herbekommen tun wir die nirgends. Die existieren nur in Houston, man kann sie nicht kaufen."

Sein Blick fiel auf mich und seine Mundwinkel fielen herunter. „Quinn, denk gar nicht erst dran!," sagte er.
„Warum denn nicht? Wir schleusen uns einfach ein, so wie die Outsider, und gehen ins Stadtlabor."
„Wie willst du das denn bitte machen? Sollen wir da etwa einfach reinspazieren mit ein paar Blutproben und vor allen unter dem Mikroskop untersuchen?"
Ich verdrehte die Augen. „Na dann müssen wir uns halt irgendwas einfallen lassen."

Er seufzte. Ich rutschte ein wenig auf ihn zu.

„Bitte versprich mir, wenigstens darüber nachzudenken. Ich will wissen, was mit uns passiert. Und du kannst mir nicht sagen, dass du das nicht auch willst."
Misstrauisch sah er mich an. „Na schön," sagte er schließlich. „Weil du es bist. Ich werde mit Odie und Ryu darüber reden, ihnen kann ich vertrauen."
„Odie wird dem ganz bestimmt nicht zustimmen," sagte ich. „Dafür ist er viel zu vernünftig."
„Oh, er würde dich überraschen. In manchen Fällen kann er ganz schön verzweifelt sein."
„Und Ryu wird mich nicht dabei haben wollen," fügte ich hinzu.
„Tja, er hat hier aber nicht das Sagen, okay?"
Ich nickte.
„Dann sollten wir dieses Gespräch aber auf morgen verschieben und jetzt ins Bett gehen."
„Alles klar."
„Schlaf gut, Quinn."
„Gute Nacht, Jai."

Ich wandte mich ab zum Gehen, drehte mich dann aber doch nochmal um.
„Eine Frage noch: Woher wisst ihr all diese Dinge über die Leute, die hierher kommen?"
„Was meinst du?," fragte Jai.
„Naja, ihre Familien, persönliche Dinge..."
Er zuckte mit den Schultern. „Na, ich schätze mal, wir haben sie gefragt," erwiderte er und zwinkerte.
„Mich habt ihr aber nie gefragt."
„Dann hast du uns wohl keinen Grund dazu gegeben."
„Wie meinst du das?"
„Du verhältst dich nicht verdächtig. Also haben wir keinen Anlass dazu, dich auszufragen."
„Ist das gut?"
„Gut für dich auf jeden Fall."

Ich nickte langsam.

„Geh jetzt schlafen, Quinn. Es ist schon spät."

TelepathyWhere stories live. Discover now