Kapitel 49

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Let me not pray to be sheltered from dangers, but to be fearless in facing them.
- Rabindranath Tagore -

„Es ist Kyle," sagte er und nahm den Anruf entgegen.
„Leute geht es euch gut? Die Verbindung war auf einmal weg."
„Ja, alles okay. Wir sind im Scientium angelangt und bewegen uns durch die Lüftungskanäle."
„Ja ich hab euch auf der Karte. So wie es aussieht, seid ihr nicht mehr weit entfernt. In etwa fünfzig Metern wird der Schacht allerdings zu schmal, dort müsst ihr raus und dann die Treppe in den dritten Stock nehmen. Von dort aus klettert ihr wieder in die Kanäle und bewegt euch zum Labor. Ich werde euch den Weg schicken. Falls ihr nicht weiter wisst, ruft mich an. Ach und seid leise, die Lüftung geht direkt durch Labore und Räume durch."
„Alles klar. Danke."

Er legte auf und sah mich prüfend an.
„Du brauchst nicht zu fragen, ich bin bereit," sagte ich.
Er nickte mir zu und wir krochen weiter, bis wir ans Ende des begehbaren Teils des Schachts kamen.

„Lass mich erst gucken, ob jemand kommt," sagte Jai und schob das Lüftungsgitter zwischen uns zur Seite.
Er steckte den Kopf durch und sagte dann: „Die Luft ist rein. Ich gehe als erstes runter."
Ich nickte und schaltete die Karte ein, um den weiteren Weg zu sehen.

Jai schwang die Beine durch das Loch und ließ sich nach unten fallen, was lauter war als gedacht. Wir hielten beide die Luft an, doch nichts tat sich.

„Okay, jetzt du," flüsterte er und ich sprang.
Sanfter als er landete ich auf dem Boden und sah ihn dann triumphierend an.
Ich wollte mich schon zum Gehen wenden, doch er hielt mich fest.
„Moment, wir müssen das Gitter noch zurück schieben, sonst bemerkt das jemand."

Er hatte Recht. Also hob er mich, als wäre ich leicht wie eine Feder, an der Hüfte hoch und ich schob das Gitter in die Lücke zurück, sodass es so aussah, als wäre nie jemand dort drin gewesen.

„Los, weiter. Wir müssen geradeaus und dann nach links. Dort befindet sich die Treppe," sagte ich.
In dem Moment hörten wir Schritte und Stimmen von links kommen und wir sahen uns alarmiert an.
„Da kommt jemand," flüsterten wir gleichzeitig und liefen so schnell es ging, ohne Geräusche zu machen, weiter.

Bis wir an einer Kreuzung ankamen, in der jeder Gang genau gleich aussah. Weiße Wände, weißer Boden, Halogenlampen.
„Wo jetzt lang?," rief er. „Mein Armband reagiert nicht."
„Pscht!," zischte ich und versuchte meins anzumachen.

Die Schritte, die eindeutig von jemandem mit Absätzen kamen, näherten sich und durch meine zitternden Finger konnte ich kaum den Touchscreen bedienen.

„Gib her," sagte Jai und widerwillig reichte ich ihm mein Handgelenk. Ich sah, dass auch er nervös war, doch im nächsten Moment öffnete sich die Karte.
„Nach links!," sagte er und zog mich hinter sich her, gerade als die Person uns fast erreichte.
Wir rannten weiter, da sich auch die Schritte hinter uns zu beschleunigen schienen.
„Da hinten ist die Treppe!," sagte ich und wir liefen schneller.
Mittlerweile kam es mir so vor, als wäre es nicht mehr nur eine Person, sondern zwei oder mehr, die uns da verfolgten.

Denn so klang es. Als würden sie die Truppen auf uns hetzen.

Immer zwei Stufen nehmend liefen wir die Treppe hoch, wobei Jai für keinen einzigen Moment meine Hand losließ.
Zu unserem Missfallen folgten uns die beiden Personen auch die Treppe hoch, doch ich bemühte mich, nicht zurückzuschauen.
Am Ende der Treppe hörten wir nicht auf zu rennen, sondern liefen noch ein wenig weiter, bis wir unter einem weiteren Lüftungsgitter stehen blieben.

„Du gehst als erstes. Falls sie mich kriegen, musst du alleine weiter," sagte Jai und hob mich schon hoch.
Ich drückte gegen das Gitter und schob es zur Seite. Dann stützte ich mich an den Seiten auf und hievte mich in den Schacht.

TelepathyWhere stories live. Discover now