Kapitel 11

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Zuerst laufe ich zu Renée, die mal wieder gute Laune verbreitet und dann sage ich ihr, dass Lukas krank ist.
"Oh nein! Wie kann er jetzt krank werden? Was ist mit eurem Date?", fragt sie fassunglos.
Ich zucke die Schultern.
"Ich war eh nicht so scharf darauf", gestehe ich.
"Man Grace! Du hast ein Date mit Lukas, also gehst du jetzt zu ihm und fragst danach."
"Ja, ich muss eh zu ihm", sage ich und wedele mit den Blättern in der Luft herum.
Sie nickt, dann verabschiede ich mich von ihr, um gleich zu Lukas zu laufen.

Kaum betrete ich den Vorgarten kommt mir der kleine süße Hund von Lukas' kleinem Bruder entgegen.
Ich kraule ihn kurz und laufe zur Tür.
Lange muss ich warten, bis mir jemand die Tür aufmacht.
Und dieser jemand ist Lukas.
Er sieht müde aus und trägt zu meinem Unwohl kein T-Shirt.
Also bleibt mir ja fast nichts anderes übrig, als zuerst mal seinen gut trainierten Körper zu bestaunen.
Ich wusste schon immer, dass Lukas einfach nur spitze aussieht, aber als ich seinen Oberkörper sehe, bestätigt sich meine Vermutung mehr als nur genug.

Als ich kapiere, dass ich ihn anstarre, schaue ich schnell in seine blauen Augen.
"Hi. Wie gehts dir?", frage ich und drücke ihm die Schulsachen in die Hand.
"Jetzt gehts mir besser", sagt er und kommt einen Schritt auf mich zu.
"Und was hast du?"
"Nur ein wenig Fieber. Aber das Date morgen bleibt", sagt er und schaut mich an.
"Sicher?"
"Vielleicht komme ich morgen ja wieder in die Schule."
Meine Freude, dass wir kein Date haben verschwindet schnell und ich muss mich echt konzentrieren, um ihm das nicht zu zeigen.
Aber noch mehr muss ich mich darauf konzentrieren, dass ich nicht auf seinen perfekten Oberkörper starre.
"Schön. Na dann bis morgen", sage ich und drehe um, bevor ich noch mal auf seinen Oberkörper starre.
"Okay. Bis morgen", höre ich ihn noch sagen, bevor die Tür zugeht.

Müde laufe ich nach Hause, während hinter der Mauer die Sonne untergeht und den ganzen Himmel rot färbt.
Zu Hause mache ich das, was ich eigentlich jeden Abend mache.
Und trotzdem werde ich davon müde, so dass ich um Mitternacht im Bett liege und von grünen Augen träume. Super, jetzt hat er es sogar schon in meine Träume geschafft. Die einzige Frage dabei ist, warum das dann kein Albtraum ist.

Total müde schlurfe ich in die Küche und stolpere regelrecht gegen meinen Vater.
"Morgen, Kleine. Wie gehts dir?"
Ich gähne, bevor ich zu einer Antwort komme.
"Ja, ganz gut."
"Hast du heute nicht ein Date mit Lukas?", fragt er und trinkt von seinem Kaffee.

Ich will gar nicht wissen, woher er das weiß.
Manchmal glaube ich echt, dass ich eine Kamera bei mir trage, oder das mich ein Extrabeauftragter die ganze Zeit beobachtet. Keine Ahnung, was mir davon am liebsten wäre.
"Ja."
Ich trinke selber von meinem Kaffee.
"Freust du dich?"
Ich nicke und würde ihn am liebsten anschreien, wie schrecklich das alles ist. Wie beschissen mein Leben ist und wie er und meine Mutter einfach mal mit Lukas Eltern beschließen, dass ich ihn heiraten muss.
Ich muss echt zugeben, dass das kein schönes Leben ist.

"Und was macht ihr?"
"Überraschung", wiederhole ich Lukas Worte.
"Na das ist doch toll", sagt mein Vater und grinst.

Meine Nerven drehen durch und ich muss die Zähne zusammenbeißen, damit ich ihn nicht laut und wütend frage, was daran so toll sein soll.
Wortlos laufe ich nach oben, nehme meine Tasche mit dem Kleid drin und laufe zur Schule.

Ich bin gerade an meinem Schließfach, als jemand an einer meiner Haarsträhnen rumfuchtelt.
Ich drehe mich um und schaue in dunkelblaue Augen.
"Freust du dich schon auf heute Abend?", fragt Lukas und beugt sich vor.
Immer noch schlecht gelaunt und mit den Nerven am Ende von meinem Vater schaue ich nur sprachlos in die wunderschönen Augen.
Lukas zieht eine Augenbraue hoch.
"Grace?", fragt er und stoppt etwa zehn Zentimeter von meinem Gesicht entfernt.
Meiner Meinung nach etwas zu nah, aber ich kann nicht ausweichen und ihm scheint es ja auch nichts auszumachen.

Schnell fange ich mich und nicke.
Lukas mustert mich verwirrt.
"Alles okay?"
Erneut nicke ich.
"Gehts dir nicht gut?", fragt er besorgt.
"Was meinst du?"
"Du bist komisch drauf", stellt er fest.

Ich werde ihm jetzt wohl nicht erzählen, dass mein Vater es toll findet, dass wir beide ein Date haben und ich deshalb so schlecht gelaunt bin.
"Ach ne, hab nur Kopfweh", sage ich und versuche davon zu laufen, doch er stützt beide Arme seitlich von mir am Schließfach ab.
"Wir können das Date ja auf morgen verschieben", schlägt Lukas fürsorglich vor.
Ich will ihm gerade sagen, dass das spitze ist, als er schon weiterredet.
"Oh nein, geht ja nicht. Da machen wir das Referat. Dann müssen wir es wohl heute machen."
Lukas lächelt leicht.
"Ich werde überleben", sage ich und bin echt froh, als es endlich klingelt und wir zum Unterricht müssen.

Die zehnte GabeWhere stories live. Discover now