Kapitel 57

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"Hier bitteschön.", quiekt Renée vor Freude und stellt einen Teller selbst gemachter Donuts auf den Tisch.
Ariane reibt sich die Schläfen und schaut dann genervt auf.
"Also normalerweise würde ich mich jetzt beschweren, dass es keinen Kaffee gibt, aber..." Sie schwenkt ihren Blick um und schaut mir direkt in die Augen. "...ich habe einen Problem beim Plan gefunden."
Lukas lässt den Donut, den er gerade essen wollte sinken und auch ich erstarre in meiner Bewegung.
"Du...was?", frage ich und ziehe die Knie an mich, während ich mich kurz in Renées aufgeräumten Zimmer umschaue.
Steven neben mir zupft nervös an der Sofadecke rum.
"Kann sein, dass du gar nicht bei der Sache bist?", fragt Ariane und ich schüttele als Antwort bloß den Kopf. Eigentlich bin ich in Gedanken bei Liam, aber das muss niemand wissen.

"Okay, also...", murmelt Ariane und rollt das Gekritzel, was unser Plan sein soll, auf dem Holztisch aus,"...es geht um dich."
Ariane macht eine Kopfbewegung in meine Richtung.
"Deine Geisel, dieser Grünäugige, hat doch bestimmt einen Schlüssel zu den Türen, die abgeschlossen sind, oder?"
Ich zucke unwissend die Schultern.
"Ich weiß es nicht.", gebe ich zu und Ariane stützt ihren Kopf in ihre Hände.
Eine Sekunde seufzt sie, hebt dann aber wieder den Kopf und starrt mich an.
"Wieso?", frage ich neugierig.
Ariane nimmt einen Donut, macht einen Streusel ab und betrachtet ihn.
"Es geht um den Ort, an dem die Gaben aufbewahrt werden. Normalerweise ist die Tür abgeschlossen. Wir müssen aber diese Gaben auch vernichten, da ich gestern etwas Interessantes gefunden habe."
Ariane legt den Donut auf den Teller und kramt in ihrer Tasche rum, bis sie ein Blatt hervor zieht.
Sie gibt es mir und Steven lehnt sich ein wenig zu mir, damit er mitlesen kann.
Schweigen herrscht, während wir beide den Zeitungsartikel gespannt lesen.
Geschockt lasse ich das Blatt sinken.

"Also kurz gefasst, jede Gabe kommt zweimal innerhalb von hundert Jahren vor?", frage ich und Ariane nickt.
"Genau. Wenn wir nur den 'Bösen' töten, wissen wir nicht, ob ein Wache auch auf so abgedrehte Gedanken kommt und dann nur noch jemand anderen sucht, der unsere Gabe besitzt. Also vernichten wir am Besten gleich alle."
Ich nicke. Das wollte ich ja auch mal machen, ist aber bloß ordentlich daneben gegangen und jetzt habe ich noch eine weitere Gabe.
"Also frag Herr Grünauge morgen und nimm ihn dann als Geisel.", rät Ariane.
"Das bekomme ich schon hin.", murmele ich, bin mir da aber gar nicht.

"Wer vernichtet dann aber die Gaben?", mischt sich Renée ein.
Ariane zieht den Plan zu sich.
"Mhm, am Besten wärst dafür du, Grace. Herr Grünauge fesselst du einfach irgendwo und Steven hat vom Dach aus ein Auge auf ihn. Grace, du bleibst die ganze Zeit bei deiner Geisel. Während ich den 'Bösen' vergifte, vernichtest du dann die Gaben. Das wäre relativ sinnvoll."
"Warte!", unterbricht Renée Arianes Idee. "Ich blick nicht mehr durch. Kann man das jetzt mal ganz leicht erklären?"
Lukas legt den Donut zur Seite.
"Du bist Wache und um vier Uhr im Thronsaal. Ariane und ich schalten die Wachen aus und schnappen dann die Dienerin des 'Bösen'. Grace ist bei der Geisel, bis Ariane die Dienerin spielt. Während sie den 'Bösen' vergiftet, vernichtet Grace die Gaben. So einfach."

"Du hast mich vergessen.", beschwert sich Steven und Lukas verdreht die Augen.
"Und er schaut, dass alles klappt."
Renée nickt.
"Klingt echt einfach.", sagt sie leise.
"Ist es aber nicht.", mischt sich Ariane ein und beißt nachdem sie die ganzen Streusel einzeln gegessen hat endlich in ihren Donut. "Hoffentlich kommt nichts dazwischen. Einen anderen Plan haben wir nicht."
Sie beißt einmal genüsslich in den Donut, bevor sie ein Seil aus ihrer Tasche holt und es mir zuwirft.
"Damit Herr Grünauge fesseln oder schlag ihn bewusstlos. Irgendwie halt."
Ich betrachte das Seil in meinen Händen. Wenn es doch nur so einfach wäre.
Wäre da nicht dieser Teil in mir, der nicht will, dass ich ihn als Geisel nehme, weil dieser Teil mir sagt, dass Liam nicht lügt.
Aber wie soll ich ihm glauben? Ich hatte doch schon mal etwas für ihn empfunden und dann hatte er mich enttäuscht. Jetzt ist es nicht mehr so einfach.

Die zehnte GabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt