The Irish Boys {boyxboy} ✔

7.

Ich gab die Suche schnell auf. Ich kannte mich in dem Haus der Walsh nicht aus. Jake war hinter einer der Holztüren und ich wusste nicht hinter welcher, wollte auch nicht einfach so in seinen Raum reinplatzen oder in das von Patrick oder Fiona. Das Elternschlafzimmer musste hier auch irgendwo sein. Obwohl ich weder Mr. Walsh noch Mary, die Treppe hochsteigen gesehen hatte.

Ich beschloss mich in mein "Zimmer" zurückzuziehen. Es gab keine weiteren Aufgaben für diesen Tag. Außerdem hatte ich eine Blase an meinem Daumen bekommen.
Mein Handy lenkte mich zum Glück ab. Am Morgen hatte ich doch noch eine Steckdose hinter dem Kleiderschrank entdeckt. Das bedeutete einen vollen Akku, jede Menge Beiträge bei Instagram und Musik hören.

Ein Mädchen, mit dem ich für ein paar Monate in demselben Heim war, streckte ihren Hintern provokant in die Kamera. Früher hätte ich einige Minuten auf dieses Bild gestarrt. Heute scrollte ich einfach weiter. Sie war nicht interessant. Ihre Haare zu lang, ihre Taille zu schmal, die Lippen zu rot übergemalt.

Paul hatte ein Fitnessstudio-Selfie gepostet. Der Schweiß tropfte ihm beinahe von der Oberlippe. Seine damals langen Haare sind einem Kurzhaarschnitt gewichen. Damals, als wir im Biologie-Kurs nebeneinander gesessen haben.
Seine Muskeln waren fast doppelt so groß geworden.

Seufzend warf ich mein Handy beiseite. Mein Kopf sank immer tiefer in die Kissen. Was machte ich hier? Was dachte ich? Ich wusste es. Ich dachte an Jake im Fitnessstudio. Aber ich wollte es nicht wahrhaben.

An meiner Tür ertönte ein Klopfen.
Jake steckte seinen Blondschopf durch den kleinen Türspalt, den er öffnete.
"Hey ... ähm." Er schaute verlegen zu mir herüber. Plötzlich tat er mir und mein Verhalten leid. Ich wollte nicht so zu ihm sein. Er war schließlich nett zu mir. Ein bisschen aufdringlich vielleicht, aber nett.

"Komm rein."
Noch verlegener stand er jetzt bei geschlossener Tür vor meinem Bett. Seine Hände verschwanden in seiner Jeans, ließen sie noch verbeulter aussehen.
"Ich ... habe ganz vergessen, dir den Hof zu zeigen. Hast du Lust?" Er schaute zu Boden. Mit einem Mal hatte er seine imposante, großhaberische Art verloren.

"Ja."
"Wie gesagt, ich habe es über unser kleines Gerangel völlig vergessen ähm ..." Er wurde rot. Ich war mindestens genauso rot wie er. Er machte mich verlegen und an der Art seines Grinsens wusste ich, dass er sich darüber im Klaren war. "Jetzt? Hast du jetzt Lust?"
Ja, ich hatte jetzt Lust, aber ich glaube, er spielte auf eine andere harmloserer Art der Lust an.

"Ja, warum nicht."
Er sah mich abwartend durch seine langen Haare hindurch an. Beobachtete meine Bewegungen und öffnete die Tür, bevor ich dort angelangt war.

Die Luft draußen erschien mir nicht viel kälter als heute früh, obwohl die Sonne an diesem Nachmittag schon wieder schwächer geworden war. Kleine Schleierwolken bildeten sich am blauen Himmel, die Baumwipfel glitzerten und vereinzelte Vögel flogen von den Dächern auf, als wir aus dem Haus traten.

"Also, wo soll ich anfangen? Das da ist unser Holzschuppen. Hier zur Linken des Hauses haben wir den Hühnerstall und in diesem Gebäude stehen unsere Arbeitsmaschinen. Du könntest es als Scheune bezeichnen, aber laut Richtlinien ist das Gebäude dafür zu niedrig. Komm mit."

Ich folgte seinen Fingern, die in alle Himmelsrichtungen gleichzeitig zu zeigen schienen. Die kleine Farm erschien mir plötzlich gar nicht mehr so langweilig und trostlos. Auch wenn alles grau und ziemlich heruntergekommen war, zauberte das Schneelicht eine harmonische Atmosphäre. Jakes Präsenz neben mir schien einen ganz eigenen Glanz zu haben.

Er erzählte mir hundert Dinge über ihre Traktoren, wie sie jeden ersten Tag im Sommer liegenbleiben würden, weil sich der Motor nicht so schnell an die Temperaturunterschiede gewöhnen kann. Und über den grimmigen Nachbarn, der seine Zäune nicht genügend sicherte und seine Kühe immer über die Wiesen der Walsh's rannten.

Wir entfernten uns ein gutes Stück von dem kleinen Farmhaus und seinen umliegenden Gebäuden. Hinter den endlosen Wiesen erstreckte sich ein kleines Wäldchen mit gerade mal dreißig Bäumen. Jake und ich blieben stehen. Ich blickte über die Farm und die endlose Weite die sich hinter ihr erstreckte.
"Das ist also dein Zuhause." Mein Atem hinterließ immer gleich große weiße Wölkchen in der Luft.

"Deines jetzt auch", raunte seine Stimme. Dabei stieß er mich leicht mit der Schulter an. Ich lachte auf.
"Ich glaube nicht. Das Farmleben ist nichts für mich. Und wie euch die Tante vom Heim sicherlich gesagt hat, ist das hier nur eine vorübergehende Lösung. Ich springe sozusagen eine Weile für deinen Vater ein und wenn ich 18 bin, verabschiede ich mich ganz höflich."

Ich drehte mich zu ihm.
"Nein, so hat sie das, ehrlich gesagt, nicht gesagt." Seine Miene war plötzlich ernst geworden. "Vielleicht überlegst du es dir noch mal, wir sind hier nicht so übel. Sicherlich, dass Leben hier draußen ist anders, als in der Stadt, aber ... "
"Anders?" Ich schaute auf seine immer noch geröteten Wangen.

"Du weißt, wie ich das meine." Jake sog seine Oberlippe ein.
"Ich steh nicht so auf das traditionelle Leben auf dem Land. Zu katholisch."
"Noah." Mehr sagte er nicht. Ich wollte mich gerade wieder abwenden, da griff er mich bei den Schultern. "Meine Familie ist offen für andere Kulturen und alle Sexualitäten."

"Was soll das denn jetzt heißen?!" Ich stieß ihn zurück und schüttelte mich.
"Tut mir leid, ich wollte nicht- "
"Lass gut sein", unterbrach ich ihn und hob die Hand, um seine gequälte Stimme nicht länger hören zu müssen.

Er trat noch näher an mich heran und warf einen Schatten über mich. Mein Blick glitt über sein Gesicht, seine Mütze, die Haare, die darunter hervorkamen und über seine Schultern.
Dann fiel mir etwas hinter seiner linken Schulter auf. "Was ist das da?" 

***

Wie versprochen, ein früheres Update für meine Lieben :) Heute Nachmittag heißt es mal wieder Kekse backen für mich. Zum 5. Mal diese Weihnachten xD

Freut euch auf das nächste Türchen, da gibt's ein bisschen mehr Aktion ;) ;)

Schönen Samstag euch noch,

Lisa xoxo