66.

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Der Tage der Beerdigung war ein Freitag. Es kam nur eine kleine Gruppe Menschen in der Kapelle der Kleinstadt zusammen, die unter dem strahlend blauen Himmel hinter uns her zum Grab schritten.
Das schwarze Hemd begann allmählich an meinem Rücken zu kleben, als ich den Sarg mit kleinen Augen dabei beobachtete, wie er in der Erde verschwand.

Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet eine Sonnenbrille einpacken zu müssen.
Jake trug eine, hoch auf seiner Nase, schwarz, groß und abschreckend. Ich konnte nicht sehen, ob er weinte. Zumal er nicht neben mir stand, sondern zwischen seiner schluchzenden Mutter und Fiona, die einfach nur stumm und regungslos auf ihre Füße starrte.
Sie hatte die Nachricht nicht gut aufgenommen. Am Abend von Eddys Tod deckte sie den Tisch für sechs Personen, so als würde ihr Vater gleich wankend die Treppe herunterkommen, wie er es schon seit Monaten nicht mehr getan hatte.

Zu meiner Linken stand Patrick steif wie ein Stock auf dem schmalen Grasstreifen. Wir hatten in der gesamten Zeit nicht mehr als zehn Sätze miteinander gewechselt. Er hasste mich, dass konnte ich spüren. Vielleicht, weil er mir die Schuld an Jakes Verschwinden gab, ohne das auf der Farm alles anderes verlaufen wäre.
Zu meiner Rechten war vor ungefähr fünf Minuten eine kleine, runzlige Frau aufgetaucht, die sich aufgrund ihrer Körpergröße vorgedrängelt hatte.

Sie wirkte nicht sonderlich ergriffen, ihr Mund war eine gerade Linie, um die sich Falten wellten. Beinahe konnte man meinen, sie wolle das Spektakel einfach nur aus erster Reihe genießen.
Ab und an warf ich einen flüchtigen Blick zu Jake, der mich aber nicht ansah. Ich wusste nicht, ob er einfach nur mit sich kämpfte, um die Fassung zu bewahren oder ob er sauer auf mich war.

Die Stimmung war nicht gerade feierlich.
Der Pfarrer gab sich keine große Mühe seinen gelangweilten Tonfall zu verbergen, zumal ich fast die Hälfte der Andacht nicht verstehen konnte, weil er so sehr nuschelte.
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und wünschte, wir wären längst wieder drinnen im kleinen Café, in dem gleich der Leichenschmaus stattfinden sollte. Alles erschien besser, als dieser Friedhof, auf dem es kein Fleckchen Schatten gab.

Jake und Mary hatten einen furchtbaren Streit wegen des Leichenschmauses. Mary wusste nicht, wie sie das Geld dafür auftreiben sollte und Jake war stur der Meinung geblieben keinen Leichenschmaus anzubieten.
Seine Mutter beharrte auf der Tradition, während Jakes Argument lautete: "Sie haben sich all die Jahre nach Dads Unfall einen Scheißdreck für uns interessiert! Keiner hat ihn auch nur einmal besucht! Warum ihnen also kostenloses Essen in den Rachen schieben?!"

Ich hatte stumm in der Ecke gestanden und Jake innerlich recht gegeben. Aber Mary begann zu weinen und damit war die Sache erledigt.
Ich wünschte, ich könnte Jake in den Arm nehmen, ihm Trost spenden, einfach für ihn da sein, aber seine Zimmertür war in den letzten Tagen des Nachts immer verschlossen.

Mit letzter Kraft zwang ich mich nach vorne an das Grab. Eddys Sarg bestand aus dunklem Eichenholz und viel zu teuer gewesen.
"Macht's gut, Eddy."
In meinem Kopf hörte ich ihn antworten: "Mach's besser."
Er hatte zu mir gesagt, dass es gut sei, dass ich wieder zu Hause war. Zuhause. Das hier war Eddys Erachtens nach mein Zuhause.

Plötzlich verspürte ich einen ziehenden Schmerz in der Brust, als ich mich vom Loch in der Erde wegbewegte.
Ich schaute zu Mary, aber irgendwie konnte mein Blick nicht auf ihr haften bleiben - ich schaute zu Jake.
Sein Hals glänzte vor Schweiß und ich konnte das Verlangen in mir nicht unterdrücken; ich wollte meine Lippen an seinen Nacken drücken und seinen herben Geruch einatmen.

Die Sonne blendete und zwang mich den Blick zu senken. Zu Boden schauend reihte ich mich wieder neben Patrick ein.
Das war's. Ab jetzt würde sich alles um die Farm und Eddys Nachlass drehen.
Ich schaute an der Reihe entlang. Wie konnte es sein, dass keines dieser Kinder, dieses Stück Land haben wollte.
Sie wussten nicht, wie gut sie es hatten ... Jemanden zu haben, eine Familie, ein Zuhause.

Ich legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in den klaren Himmel. Das Wetter war wirklich nicht entsprechend einer Trauerfeier, es passte eher zu einer Feierlichkeit, zu einem Neuanfang.
Meine Schuhspitzen waren mit Staub bedeckt. Ein zweites Paar tragt vor sie. Jakes.
Ich hob den Blick, beinahe hoffnungsvoll. Er hatte sich hier noch nie in der Öffentlichkeit an mich angenähert.

Jake legte seinen Arm um mich und zog mich an seine Seite, während wir zurück auf den Weg gingen, der an den Gräbern vorbeiführte.
Seine Nase drückte sich kurz in mein Haar. So langsam kamen meine alten Locken zurück, die er so vermisst hatte.

Im siebten Himmel schwebend legte ich beinahe zögerlich meinen Arm um seine Taille. Fast rechnete ich damit, dass er jeden Moment einen Rückzieher machen würde, weil er bemerkte, wo wir uns befanden und wer uns alles beobachtete. Aber er tat es nicht.
Kurz bevor wir eine kleine Kurve Richtung Kapelle nahmen, schaute ich über meine Schulter zurück auf Eddys Grab, ein Lächeln auf den Lippen.


***

Es musste erst wieder Sonntag werden, bis ich mich wieder melde xDSomit hat Eddys Leben ein Ende genommen, dabei war er doch der eigentliche Grund, warum Noah auf den Hof geholt wurde...

Ich hoffe, euch hat's gefallen :)

Eins muss ich noch los werden: Was ist das bitte für ein scheiß Sommer?!?!?!?!?!!!! Argh!

ilyvvm! Lisa

The Irish Boys {boyxboy} ✔Where stories live. Discover now