54.

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"Es wird das letzte Mal sein", waren Jakes Worte kurz bevor er ging. Das letzte Mal mit Jim. Dann war da immer noch dieser Henry.
Ich blieb im Hotel, eingehüllt in die Laken, die nach frischem Schweiß rochen.
Ich konnte nicht begreifen, wie es hier zu kommen konnte. Zu allem. Wieso war ich hier? Wieso Jake? Und wieso dieser Job?
Wieso waren wir nicht einfach zusammen auf der kleinen Farm mitten im Nirgendwo geblieben? Da wo uns die große, weite Welt nichts anhaben konnte.

Ich versuchte einzuschlafen, versprach mir im Schlaf Frieden zu finden, wenigstens für eine Weile. Aber ich wälzte mich nur von einer Seite auf die andere, tat kein Auge zu und sah immer wieder zwei nackte Körper vor mir. Einer davon war Jakes und der andere war definitiv nicht meiner.
Er war muskulöser, die Haut schimmerte silbern. Er war reich. Er konnte Jake mehr bieten.

Ich stand auf. Das Zimmer hatte sich seit Jakes Gehen deutlich abgekühlt.
Ich zog mich an, wählte zusätzlich eine Strickjacke von Jake.
Diese bestand aus einem dünnen, grauen Stoff. Sie erinnerte mich an mich selbst.
Sie war unscheinbar, ihr Stoff fein und an Jake sah sie unglaublich gut aus.

Ich selbst würde mich nicht als 'unglaublich gutaussehend' bezeichnen, wenn ich neben Jake stand - er stellte alles in den Schatten - aber unsere Körper passten zusammen. Ich ergänzte ihn und er mich.
Genau, wie diese Jacke Jakes Muskeln schmeichelte und an mir nur schlabbernd herunter hing.

Ich schaute auf mein Handy. Keine Nachricht von Jake.
Er war jetzt bei Jim, wahrscheinlich schon nackt auf seinem Bett.
Er würde sich Zeit lassen, dass wusste ich. Jim wurde uns quälen, mit dem Wissen, dass wir auf den Moment hofften, indem Jake einfach gehen und nie wieder zurück musste.

Es klopfte. Zuerst dachte ich, es wäre der Zimmerservice nebenan. Doch beim zweiten Klopfen bemerkte ich, dass es an dieser Tür war.
Meine Stirn zog sich in Falten.
Das konnte unmöglich Jake sein. Aber wer war es dann?

Langsam ging ich auf die Tür zu und schaute durch den Spion.
Alles, was ich sah, war ein dicker, speckiger Mann im grünen Anzug, der sich bestimmt in der Tür geirrt hatte.

Ich öffnete, bereit eine Entschuldigung und ein peinlich berührtes Lächeln zu bekommen, doch stattdessen erklang eine selbstsicher, tiefe Stimme, die mir entgegen tönte: "Ah, du musst Noah sein! Darf ich eintreten?"

Ich war so überrumpelt, dass ich nichts anderes tun konnte, als mich an die Wand zu quetschen und den Mann hereinzulassen.

"Darf ich fragen, wer Sie sind?"
"Hat Jake dir etwa noch gar nichts gesagt?"
Der Mann nahm seinen altmodischen Hut vom Kopf und warf diesen achtlos auf das ungemachte Bett.
Ich verschränkte die Arme fest vor der Brust.
"Henry Bloomberg."
Er streckte mir die Hand entgegen.

Sie fühlte sich schwitzig in meiner an.
Dieser Mann sollte Henry sein? Henry, der zweite Mann mit dem Jake gegen Geld schlief?
Er war das komplette Gegenteil von Jim.
Dieser Mann war hässlich, äußerst unattraktiv in jeder Hinsicht und japste vor Übergewicht.
Ich verzog das Gesicht.

"Wenn Sie zu Jake wollen -"
"Junge, ich weiß, dass er nicht da ist. Ich wollte zu dir."
Stille. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Henry trat vor das große Fenster und blickte auf London hinab.
"Ich weiß von Jakes letztem Termin heute. Weißt du, ich kenne den Burschen schon sehr lange, fast drei Jahre."
Er drehte sich zu mir.
Kurzum, er kannte den Jake, der mir drei Jahre lang vorenthalten wurde.

"Ich möchte das Beste für ihn, er ist fast wie ein Schützling für mich. Und wenn ich dich so anschaue ... dann siehst du nicht wirklich wie das Beste aus."
Ich zitterte. Der Mann machte einen Schritt vor. Ich spürte, wie sein Ausatmen die Luft zwischen uns umwälzte.

"Nimm mir das nicht persönlich, aber ich sage immer, wenn mich etwas stört. Und du störst mich. Ich glaube nicht, dass du Jake das bieten kannst, was ich ihm geben kann. Sicherlich ... Er scheint dich zu lieben, aber was ist die Liebe schön wert, wenn man sich keine Wohnung leisten kann, keinen Platz an der Traum-Uni bekommt und vielleicht sogar wieder auf der Straße landet."

Henry bemerkte meinen Blick.
"Was? Du wusstest noch nicht, dass Jake eine ganze Weile obdachlos war? Oh."
Er lachte.
"Und jetzt sieh ihn dir an. Markenkleidung, ein guter Haarschnitt und Beziehungen in die Upperclass. Glaubst du, er will das wirklich aufgeben? Er tut das jetzt nur, weil er blind und vernebelt von der Liebe zu dir ist. Ich weiß, du empfindest ebenso, deswegen appelliere ich an dich: Lass ihn gehen, entlasse ihn aus deinen Schlingen."

Der dicke Mann schlich an mir entlang. Er stierte mich aus kleinen, dunklen Augen an, die alle paar Sekunden blinzelten.
"Du brätst Burger, oder?"
Woher wusste er das?
Die ganze Zeit über hatte ich ihn seinen Monolog führen lassen, mein Hals war trocken und ich hatte Mühe zu schlucken.

"Die Liebe gewinnt leider nicht immer mein Junge. Aber aus Liebe zu Jake erwarte ich von dir, dass du an sein Wohl denkst. Sieh dich an. Du bist ein Niemand."

Ein tiefes Loch tat sich in mir auf. Ich glaubte, es in den letzten zwei Jahren geschlossen zu haben.
Und jetzt stand dieser Henry vor mir und entzweite mich.

"So!"
Er klatschte in die Hände, als wären die letzten Minuten nie wirklich passiert.
"Ich sollte mich wieder auf den Weg machen. Ich wollte ja nur mal reinschneien und mir dich zur Brust nehmen. Wenn ich dich so ansehe Junge ... Auch du könntest dich in meine Dienste stellen. Dann wäre auch dein Lebensunterhalt gesichert."

Ich starrte ihn an.
"Das dachte ich mir."
Er wankte zur Tür.
"Ihr Hut."
Ich warf ihn hinter ihm her.
"Danke. Denk über meine Worte nach."
Die Tür schloss sich.
Ich riss zwei Fenster auf, wollte keine Sekunde länger die verseuchte Luft atmen.

Unten fuhr ein Auto vor. Jim und Jake stiegen aus.
Jim trug eine weiße Leinenhose und sah selbst aus der Entfernung wie ein Mann aus, der gerade richtig guten Sex hatte. Er war sein volles Haar zurück und legte eine Hand mit vertrauter Geste auf Jakes Schulter. Er sah unverschämt gut aus. Die Eifersucht nagte an mir und ich schlug mit der flachen Hand gegen die Fensterscheibe.

Ich fühlte mich wie in einem eisernen Käfig aus dem es kein Entkommen gab. Henrys abartige Worte spukten in meinem Kopf. Worauf hatte sich Jake da nur eingelassen?

***

Endlich mal wieder ein pünktliches Update!

Ich hoffe, ihr hattet schöne Ostertage <3 das Wetter war ja wenigstens dementsprechend. Ich verbringe meine Tage noch entspannt, aber jetzt stehen wieder Schulaufgaben an und mit dem Schreiben bin ich ins Hintertreffen geraten. Es wird also wieder stressig, i love it ...

Ich hoffe, dass Kapi hat euch gefallen, lasst gerne einen Stern da!

Eure Lisa xoxo

The Irish Boys {boyxboy} ✔Where stories live. Discover now