21.

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Wir würden es uns schwer als nötig machen

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Wir würden es uns schwer als nötig machen. Das wusste ich, als sich Jake neben mich aufs Bett setzte. Er sah mich mit diesem Blick an, den ich nicht deuten konnte.
Und genau das bedeutete Schwierigkeiten.

"Ich will nicht, dass das noch einmal passieren kann. Gut möglich, dass ich mich da in etwas verrannt habe, aber trotzdem hättest du mich deutlich abweisen müssen und mich nicht dein hin und her an Gefühlen reinziehen sollen."
Er war doch schuld an dem Hin und Her meiner Gefühle!

"Hast du mir überhaupt zugehört?" Ich legte die Stirn in Falten und versuchte Jake zu verstehen. "Ich habe dir doch gesagt, ich war verwirrt, das war alles zu viel. Ich ... wollte so nicht sein."

Ich wurde immer leiser. Der letzte Satz war nicht mehr als ein Flüstern.
"Was? Schwul? Bist du aber anscheinend."
"Du sagst das so einfach!", lachte ich auf. "Für einige ist das vielleicht nicht so einfach, wie für dich."

"Unterstelle mir nicht, dass es einfach war! Du hast keine Ahnung, du kennst mich nicht."
Ich schaute ihn mit großen Augen an. Hatte er das wirklich gesagt? Warum verzieh er mir dann, wenn er anscheinend immer noch sauer war?
"Ich will jetzt nicht mehr darüber reden."
"Aber -"
"Ich denke, es ist besser, wenn wir es als Freunde versuchen. Du hast recht, es fällt mir auch nicht leicht dich zu ignorieren oder dich bei jeder kleinen Gelegenheit zu beleidigen. Frieden", unterbrach er mich.

Jetzt hatte er mir den Wind aus den Segeln genommen. Freunde?
"Ich möchte nicht dein kleines Experiment sein. Verstehst du das? Es wird besser sein, wenn wir eine gewisse Distanz halten."
"Das werde ich nicht können", sagte ich gerade heraus. Es war mir egal, was er dachte, oder das ich mich angreifbar machte.

"Du wirst es aber versuchen müssen, Noah." Seine Augen leuchteten in diesem atemberaubenden Blau. Er sah fast aus wie ein kleiner Welpe, jedenfalls in diesem Moment.
Ich wünschte, ich könnte ihm versprechen, nichts mehr für ihn zu empfinden. Also log ich ihm ins Gesicht.

Nachdem Jake gegangen war, blieb ich allein und enttäuscht auf meinem Bett zurück. In meiner Fantasie hatte ich mir ausgemalt, wir könnten da weiter machen, wo wir aufgehört hatten. Damit hatte ich mich wohl getäuscht.

Und jetzt? Ich lag auf meinem Bett, mit dem Kopf am Fußende, dort wo Jake eben noch gesessen hatte. Wir konnten doch jetzt nicht einfach so weiter machen wie zuvor, nur mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass wir jetzt Freunde waren.
Den Kommentar, dass es auch Freunde mit gewissen Vorzügen gibt, hatte ich während unseres Gesprächs schnell heruntergeschluckt.

Trotzdem stand ich wieder vor Jakes Tür. Dieses Mal bat er mich herein.
Mit seinen Blicken flehte er mich an, nichts zu tun oder zu sagen, was wir später bereuen würden. Also tat ich es nicht.
"Würdest du mir vielleicht helfen, die Lichterkette wieder aufzuhängen?"
Ich legte meinen Kopf schief und versuchte meine jüngere Seite zu zeigen. Wenn ich ihn angeblich nicht kannte, dann kannte Jake Walsh mich auch nicht. Und das sollte sich ändern.

"Nein. Aber wir könnten zusammen einen Tannenbaum schlagen gehen."
Zuerst rutschte mir das Herz in die Hose.
Tannenbaum also? Warum nicht. Ich nickte lächelnd, war innerlich aber total verkrampft.

"Jetzt?", brachte ich zögernd über meine trockenen Lippen.
"Let's go."
Schon war er an mir vorbei. Ich schloss die Augen und atmete seinen herben Geruch ein.
"Kommst du?" Er war bereits am Fußende der Treppe angelangt.
"Schon unterwegs!"

Mary lächelte uns entgegen. "Habt ihr euch wieder vertragen?"
"Kann man so sagen. Wir gehen den Weihnachtsbaum holen. Sind in einer Stunde wieder da."
Mary blickte ihrem Sohn verwirrt nach. "Aber du ..." Ihr Blick fiel auf mich und sie runzelte die Stirn, in ihrem Kopf schien sie eins und eins zusammen zuzählen. So beendete sie ihren Satz leise. " ... du hasst doch den Weihnachtsbaum-Kauf."

Ich stutze kurz, doch nahm dann die Beine in die Hand, da ich nur noch sah, wie sich Jake einen Autoschlüssel von der Kommode mit dem traurigen Adventskranz nahm und schon durch die Tür war.
"Warte. Du fährst?"
"Ja? Ich denke nicht, dass du einen Führerschein hast, oder?"
"Von welchem Geld sollte ich den bezahlen, man?"

Wir lachten und schwangen uns auf die alten muffigen Sitze eines schwarzen Trucks, der in der Scheune stand. Jake fuhr langsam vom Hof. Dann raste er die Straße, die beinahe bis an den Horizont reichte, entlang. Es war, als würde er vor den Schatten der umliegenden Bäume davon fahren.
Meine Augen wanderten zu ihm. Wie er da hinter dem Steuer saß. Den einen Arm lässig ans Fenster gelehnt, mit dem anderen lenkte er galant um jede Kurve der Landstraße.

Es war mir egal, wenn wir bei dieser Geschwindigkeit eine der engeren Kurven nicht schaffen würden. Das hier war perfekt. Besser würde es wahrscheinlich nie wieder werden, diesen Weg hatte ich mir selbst abgeschnitten.
Jake hatte sich seine Mütze vom Kopf gezogen und auf das Armaturenbrett geschleudert und mich grinsend dabei angesehen. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und waren elektrisiert. Zu gerne hätte ich jeden einzelnen Stromschlag von ihnen abgefangen.

Jake grinste mich immer noch an. Sein Blick ruhte auf mir, nicht der Straße. Gerade als ich ihn darauf aufmerksam machen wollte, schaute er weg. Aus den Lautsprechern dröhnte Ed Sheeran.
Ich lehnte meinen Kopf zurück und schmunzelte.

Das war das erste Mal, dass ich die kleine Farm verließ. Irgendwie fühlte sich das gut an. Aber nur, weil Jake in diesem Moment neben mir saß und ich ihn nicht zurücklassen musste.

Wir hielten vor einem abseits gelegenen Waldstück. Sofort kamen mir unanständige Szenen in den Kopf. Ich hätte gestern nicht so viel Zeit im Internet verbringen sollen.
"Hättest du dich hier auch mit deinem Fick-Date getroffen?", fragte ich Jake, als dieser gerade die Axt aus dem Kofferraum holte.
"Nein. Ich wollte dich damit nur aufziehen, weißt du?"

Ich drehte ihm den Rücken zu.
Vor uns erstreckte sich ein Märchenwald. Die Tannen waren mit Schnee bedeckt, die Luft klar.
"Es ist echt schön hier."
"Sieh an. Der Softie kommt raus", neckte Jake.
Ich schubste ihn gegen die Schulter und rannte vor.

"Was wollen wir für einen?", rief ich über die Schulter. 
"Ist das nicht offensichtlich? Den schönsten und größten natürlich."
Lachend blickte ich mich um. Jake holte auf und blieb neben mir stehen.

"Ich habe sowas noch nie gemacht", gestand ich.
"Was?"
"Sowas hier. Weihnachtsbaum aussuchen. Familien-Sachen."

Der Ältere blickte mich an. Seine Augen waren weich geworden. Mit seiner schief sitzenden Mütze hätte ich ihn am liebsten in den Schnee geschubst.
Stattdessen sage ich: "Danke."
Er lächelte wissend und wir machten uns auf die Suche nach dem größten und schönsten Weihnachtsbaum überhaupt.


***
So. Mal wieder etwas länger. Mir was danach. :)
Und jetzt muss ich noch 'almost Hate' hochladen. Das heißt Nachtschicht.
Vielleicht mögt ihr ja da mal vorbeischauen & some love da lassen.

Ich bin emotional, dass Weihnachten schon in drei Tagen sein soll und unsere Geschichte dann enden muss. Wo bei müssen muss gar nichts ;)

Bis morgen meine Lieben
Iloveyou.

The Irish Boys {boyxboy} ✔Where stories live. Discover now