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Alec:

Lange stand ich in der Toilette herum, starrte in den Spiegel und versuchte, mir selbst Mut zuzusprechen. Erfolglos.

Wenn ich jetzt da raus ging, würde ich Dave irgendwie begegnen.

Was, wenn er mich sah und dann schaute er einfach weg und ignorierte mich?

Oder noch schlimmer, wenn wir irgendwie ins Gespräch kamen und er Smalltalk mit mir führen wollten?

Am liebsten wollte ich mich einfach so klein machen wie ich mich gerade fühlte und mich dann selbst die Toilette runterspülen. Das kam mir gerade wie mein einziger Ausweg vor.

Als sich die Tür öffnete und ich sah, wie ein großer, dunkelhaariger Typ reinkam, blieb mein Herz stehen und ich sprang fast schon panisch zurück.

Allerdings war es nur Cameron, der leicht verunsichert lachte. „Nicht so schreckhaft, Kumpel, bin ja nur ich"

Ich schluckte bloß und nickte.

Cam ging dem Grund nach, warum er hier war, wusch sich dann die Hände, trocknete sie ab und richtete schließlich seine Frisur im Spiegel.

„Versteckst du dich hier drin?", fragte er mich ganz nebenbei.

War es so offensichtlich? Wenn Dave wusste, dass ich hier war und mich versteckte... Gott, war das peinlich!

„Ich hab Angst", gestand ich, wich seinem Blick dabei aus.

Cameron seufzte. „Dave beißt dich schon nicht."

War ja klar, dass er wusste, warum ich hier war. Vermutlich hatte er gar nicht auf Toilette müssen, sondern nur so getan, um einen Vorwand zu haben, auf mein Gewissen einzureden. Wirklich viel war da gerade nämlich nicht rausgekommen...

„Ich bin noch nicht bereit, ihn wiederzusehen" Verzweifelt schaute ich Cameron an.

Er schüttelte leicht den Kopf. „Es geht aber gerade nicht um dich, Alec. Was ist denn das schlimmste, was passieren kann, mh? Ihr steht in keinerlei Beziehung zueinander. Du kannst nichts verlieren, was du nicht hast. Also pack dich an den Eiern und kämpf gefälligst darum, dass du es bekommst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dave was von Schlappschwänzen will. Mit denen kann man nämlich gar keinen Spaß haben"

Ich wusste, dass er Recht hatte. Aber wollte ich denn überhaupt um Dave kämpfen? Was, wenn er wirklich nicht der Mann war, den ich immer in ihm gesehen hatte? Dem ich jahrelang hinterher getrauert hatte? Dann hatte ich nicht nur meine besten Jahre verschenkt, endlich entjungfert zu werden, sondern mein Herz vollkommen umsonst so gequält.

Und was, wenn er besser war, als der Mann, den ich mir ausmalte? Wenn ich endgültig meinen Gefühlen für ihn verfiel? Wenn er das dann nicht erwiderte?

Ich war einfach nicht stark genug, das durchzustehen. Daher war ich Cameron dankbar, dass er mir nicht viel Wahl ließ, kumpelhaft den Arm um mich legte und einfach mitzog. „Ich bin ja an deiner Seite, ich bleib bei dir, versprochen. Und wenn irgendwas ist und du weg willst, nenn einfach das Codewort und ich rette dich wie meine kleine Prinzessin" Er gab mir einen leichten Nippelzwicker. Ich schlug seine Hand weg und tat dasselbe bei ihm.

„Hei, das ist sexuelle Belästigung!", beschwerte er sich sofort.

„Arschloch, du hast doch angefangen!"

„Na und? Ich bin der Jüngere, ich muss das noch lernen!"

Lachend schüttelte ich den Kopf.

Cameron konnte wirklich hilfreich sein. Meistens war er einfach das komplette Gegenteil von mir, ich denke, deshalb waren wir so gute Freunde. In Situationen, in denen ich Panikattacken bekam, blieb er ganz locker und brachte mich irgendwie zum Lachen. In Situationen, in denen er Panikattacken bekam, war ich da, um ihm Halt zu geben und suchte ruhig nach einer Lösung.

Wir waren meistens genau das, was der andere brauchte. Es wäre einfacher für mich gewesen, mich in ihn zu verlieben.

Wir setzten uns wieder an den Tisch, der uns zugeteilt war.

Ich war froh, dass Dave sich gerade mit Brian, Kate und Noah unterhielt und somit im sicheren Abstand zu mir war.

„Okay, schau mich an", meinte Cameron und drehte mein Gesicht zu sich.

Mal wieder war ich in meinen Roboter-Dave-Vermissen-Modus verfallen. So eine Scheiße.

„Er wird ziemlich sicher heute noch mit dir reden. Ob einzeln oder während andere auch dabei sind, weiß ich nicht. Du musst an 3 Dinge denken. 1. Pass bitte auf, dass du nicht sabberst, das wäre echt peinlich"

Ich verdrehte die Augen. Das war mir auch klar. Die Frage war nur, ob ich das verhindern konnte.

„2. Zeig oder sag ihm auf keinen Fall, dass du ihn vermisst hast. Männer haben einen Jagtinstinkt und außerdem willst du ja, dass er sich wenigstens ein bisschen Mühe für dich gibt oder?"

Ohne auf die Beantwortung seiner Frage zu warten, zählte er weiter.

„3. Hör auf so rot zu werden, du bist keine verdammte Tomate" Missbilligend schüttelte er den Kopf, strich mir durch die Haare, um meine Frisur zu retten.

Genau in dem Moment drehte Dave sich um, weshalb er zu uns schaute, und ich schlug panisch Camerons Hand weg.

Weil er nicht wusste, dass Dave gerade herschaute, beschwerte er sich und machte weiter.

Wir begannen zu rangeln und uns anzuzicken, schlimmer als Mädchen, er zischte mir zu, dass ich einen kleinen Schwanz hätte und ich ihm, dass er einen schwulen Schwanz hätte, was irgendwie unlogisch war, weil es 1. stimmte und 2. keine Beleidung war, aber mein Hirn war noch nie gut im Beleidigen gewesen. Dafür war ich einfach zu gut bzw. streng erzogen worden und das war nicht immer ein Vorteil.

Cameron beschloss, unser Gerangel zu beenden, indem er sich auf meinen Schoß setzte und mir eine Backpfeife gab, die sich gewaschen hatte.

Kurz drehte sich alles und ich glaubte, vom Stuhl zu kippen.

„Endlich gibst du ruhe", meinte Cam genervt, blieb locker sitzen und fuhr durch meine Haare. 

„Perfekt", grinste er dann stolz, stand wieder auf und setzte sich zurück auf seinen Platz.

Verwirrt schüttelte ich den Kopf und rieb mir die pochende Wange.

„Ist das echt nötig gewesen?", hörte ich Noahs genervte Stimme.

Geschockt sah ich auf. 

Er setzte sich gerade neben Cameron an den runden Tisch und hatte Dave im Schlepptau, der sich neben Noah setze, mir somit gegenüber und im größtmöglichen Abstand zu mir saß.

Ich erinnerte mich daran, was Cam gesagt hatte. Nicht sabbern. Nicht zeigen, dass ich ihn vermisst hatte. Nicht rot werden.

Letzteres konnte ich bestimmt nicht einhalten, als ich schnell wegschaute, nachdem ich Daves Blick begegnet war.

Es war höchstens eine Sekunde gewesen, ich hatte nicht mal den Blick erkennen können, nur seine braunen, fast schwarzen Augen, aber das hatte mir gereicht, um fast einen Herzinfarkt zu bekommen.

Und trotzdem begann ich Vollidiot zu lächeln.

Oh Mann. Ich war echt ein hoffnungsloser Fall...


Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ