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Dave:

Alecs letzte Antwort hatte mir ziemlich deutlich gemacht, dass er eigentlich gar keine Lust darauf hatte, mich wiederzusehen und unsere Probleme auszudiskutieren.

Warum auch? Warum sollte er sich das mit mir antun, wenn er haben konnte, wen er wollte? Warum ausgerechnet mich?

Klar dachte ich an Sachen wie diese. Aber da war auch so ein kleiner Realist in mir, der genau wusste, dass Alec mich liebte, dass es ihm wirklich leidtat und er an unserer Beziehung arbeiten wollte. Doch selbst dieser fragte sich, wieso er sich dann nicht mehr meldete.

Mit Sicherheit war es meine Schuld. Weil ich ihm vorgehalten hatte, mein Leben an sich zu reißen. Ich wäre da danach auch vorsichtig. Oder beleidigt. Und verletzt.

Nach einer Woche hielt ich es einfach nicht mehr aus.

Ab jetzt hatten Alec und ich noch 5 Tage, bis er wieder zur Uni musste. Ich wollte, nein ich musste mich davor mit ihm aussprechen, bevor ich ihn monatelang nicht wiedersehen würde.

Daher machte ich mich am Nachmittag zu ihm auf.

Ich wusste noch nicht wirklich, was ich sagen wollte, auch wenn ich lange genug Zeit gehabt hatte, mir etwas zurecht zu legen. Ich wusste nicht, ob ich etwas mitbringen sollte. Ich wusste nicht, ob er mich überhaut reinlassen würde. Daher nutzte ich meine Tochter aus.

Ich legte einen kleinen Umweg ein, um ihr ein Spielzeug zu kaufen, von dem ich behaupten konnte, dass ich es ihn nur hatte vorbeibringen wollen. Ich freute mich auch sehr, dass sie da sein würde, aber Alec war der Hauptgrund. Er war immerhin sauer, nicht Amy.

Als ich vor der Tür stand, klingelte ich, zugegebenermaßen etwas nervös. Ich war erleichtert, dass Lydia mir die Tür aufmachte. Sie strahlte regelrecht, als sie mich sah und fiel mir um den Hals. „Na endlich, ich dachte schon, der springt gar nicht mehr über seinen Schatten!"

Verwirrt schaute ich sie an.

„Alec?", meinte sie plötzlich ebenso verwirrt.

Ich schüttelte den Kopf, was sie leicht enttäuscht werden ließ. „Ich bin nicht seinetwegen hier. Also naja, eigentlich schon... Ich habe ein Geschenk für Amy" als ich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte, hielt ich Lydia einfach das Kinder-Keyboard hin.

Sie sah kurz darauf und dann wieder in mein Gesicht. „Dann gibst du es ihr am besten selbst. Du hast eine gute Zeit erwischt, sie hat vor einer Stunde ihren Mittagsschlaf beendet, zu der Tageszeit ist sie immer am besten gelaunt... Sie spielt grade mit Alec... Du weißt ja, wo du sie findest... ich gehe solange mach Wäsche machen" Sie lächelte mich aufmunternd an und verschwand dann unter der Treppe in einem Nebenraum.

Ich stand alleine im Flur herum und wandte mich dem Spiegel zu. Ich hatte mich heute 3-mal geschminkt und wieder abgeschminkt, weil ich nicht gewusst hatte, wie ich auftreten sollte.

Ihm zeigen, wie schlaflos meine Nächte ohne ihn gewesen waren oder mich für ihn hübsch machen?

Ich hatte mich für die zweite Variante entschieden, da ich ihm notfalls einen optischen Grund geben wollte, mich nicht auf den Mond zu schießen.

Auch wenn ich wusste, dass er da eigentlich keinen Wert drauf legte, versuchen konnte man es ja mal.

Ich machte mir noch einen neuen Dutt, fand aber dann, er sah zu ordentlich aus und verschwuschelte die Haare wieder.

Okay, so würde es gehen.

Kurz kam ich in Versuchung, hier eine kleine Rede einzustudieren, aber dann fiel mir auf, wie lächerlich ich mich gerade benahm.

Es war nur Alec. Er hatte schon schlimmere Seiten von mir erlebt.

Also atmete ich einfach nochmal sehr tief durch und ging dann zu der Tür, die den Flur vom Wohnzimmer abtrennte.

Ich drückte die Klinke runter und schlich rein.

Alec bemerkte mich nicht. Im ersten Moment, sah ich ihn auch gar nicht, aber dann erkannte ich, dass er auf dem Boden lag und Amy auf den Füßen hatte, die Beine ausgestreckt als könnte sie fliegen.

„Achtung! Turbolenzen!", schrie Alec plötzlich und wackelte Amy herum, sodass sie noch mehr lachte als ohnehin schon.

Eine Weile stand ich einfach so in Türrahmen und schaute ihnen bei diesen Spielchen zu.

Es machte mich so glücklich zu sehen, wie gut Alec sich mit Amy verstand. Zu wissen, dass es für ihn niemals ein Problem dargestellt hatte, dass sie zu mir gehörte und das irgendwann auch wieder tun würde.

Andere an seinem Altern plädierten damit, sie seien noch zu jung und wüssten doch selbst nicht, wo sie im Leben standen, aber Alec dachte nicht mal daran, sich kein Kind anzutun... Naja, wenn er sich für mich entschied, dann tat er sich eigentlich zwei Kinder an... Zumindest, wenn er so weiter machte wie bisher.

Nach einer Zeit ließ Alec wieder runter, weil er einen Krampf im Fuß bekommen hatte. Amy versuchte Alec und Umarmungen und Küsschen davon zu überzeugen, weiter zu machen, aber er regte sich nicht mehr, denn dadurch, dass er sich aufgerichtet hatte, hatte er mir direkt ins Gesicht gesehen.

„Deine Mum hat mich reingelassen", erklärte ich ihm, weil wir das Gespräch ja irgendwo beginnen mussten.

„ÄH okay" Er schaute schnell weg und versuchte seinen plötzlichen Schluckauf zu verbergen. Süß.

„Ich hab ein Geschenk für Amy" Ich wedelte damit herum, während ich mich meinen beiden Lieblingsmenschen annäherte.

Amy ließ von Alec ab und sprang zu mir, als ich mich neben die Beiden aufs Sofa setzte. Sofort stand sie zwischen meinen Beinen und umarmte meinen Torso. Vermutlich wollte sie einfach nur das Geschenk haben.

„Schau mal" Ich zeigte ihr das Spielzeug.

„Wollen wir das mal auspacken?"

Sie nickte eifrig und sprang aufgeregt auf und ab. Ich machte die Verpackung weg und schob dann den Knopf hoch, damit das Spielzeug anging. Batterien waren schon drin.

„Schau mal, damit macht mal Musik" Ich spielte eine kleine Melodie und Amy schaute mich aus ganz großen Augen an.

Ich lachte leicht. „Magst du's mal versuchen?"

Sie nickte wieder eifrig, kletterte beim Sofa hoch und von da aus auf meinen Schoß. Lächelnd legte ich das Mini-Keyboard auf meine Knie und zeigte ihr eine einfache Melodie.

Die ersten beiden Töne spielte sie noch gut, aber danach hämmerte sie nur noch auf den Tasten herum, als wolle sie sie verprügeln.

„Hei, sachte", lachte ich und schnappte mir ihre Hände. „Singen! Singen! Singen!", forderte sie und hüpfte auf mir herum.

Ich schaute zum ersten Mal, seit ich mir der Kleinen gewidmet hatte, zu Alec.

Er saß ruhig auf dem Boden und musterte uns neugierig, aber als ich ihn anschaute, schaute er schnell weg, stand auf und meinte, er würde mir was zu trinken holen gehen. Er war ein schwerer Brocken.

Aber ich wäre nicht ich, wenn ich einfach so aufgeben würde.


Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें