09 ✔️

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Ken:

Man könnte ja meinen als arbeitsloser nachtaktiver Schwuler ist es mir gestattet an einem Wochentag mal auszuschlafen, aber nein, ich bin morgens pünktlich um sieben Uhr wach, mache mich innerhalb einer halben Stunde fertig, ehe Alec mir pünktlich um halb acht eine Nachricht schreibt, dass er vor meiner Tür steht.

Ich öffne ihm natürlich und nehme den kleinen Lyam sowie die Tasche mit allem wichtigen, was kleine Männer so brauchen, entgegen.

„Danke nochmal" Alec sieht echt erschöpft aus, so als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen, sondern in der Zeit eher geweint.

„Kein Problem. Willst du reinkommen?" Amy sitzt schon lange im Flur und zieht sich die Schuhe aus.

„Geht nicht, ich muss leider los, ich hab um neun eine Prüfung... Aber danke. Und wenn was ist, kannst du mich jederzeit anrufen"

„Dave ist doch zuhause?", hake ich leicht verwirrt nach.

Alec nickt nur. „Ruf mich an, wenn was ist. Danke" Schon wieder bedankt er sich, gibt mir einen Kuss auf die Wange, verabschiedet sich von den Kindern und geht dann.

Etwas verwirrt schließe ich die Tür hinter ihm und schaue zu Amy. Sie steht vor mir, geht mir nicht mal bis zur Hüfte und spielt an den Schleifen an ihrem Kleidchen herum.

„Duuu Keeen?", fragt sie.

„Ja, Süße?"

„Darf ich schlafen gehen? Hast du mein Bett noch? Ich bin so müde. Daddy hat gestern ganz laut Musik gehört und Freunde waren da... und dann hat er mit Alec gestritten... und dann hab ich so getan als hab ich geschlafen, aber hab ich gar nicht. Darf ich bitte schlafen?"

Gerührt sehe ich sie an. „Natürlich, Maus. Komm mit" ich nehme sie an der Hand, damit wir in ihr altes Zimmer gehen können. Das Bett ist bezogen, weil Alec die Kinder heut den ganzen Tag bei mir lassen will und Amy ja vielleicht müde werden und einen Mittagsschlaf machen wollen könnte.

Ich setze Lyam auf dem Bett ab und helfe Amy beim Umziehen, ehe ich den Kleinen wieder hochnehme und Amy sich reinlegt. Sie sieht so traurig aus, ich kann doch jetzt nicht gehen und sie hier liegen lassen. Stattdessen setze ich mich auf die Bettkante, mit Lyam auf dem Schoß und streiche ihr über den Kopf. „Brauchst du noch was, Liebes? Sollen wir was lesen? Musik hören? Oder magst du über etwas reden?"

Sie schnieft. „Was, wenn Dad und Alec nicht heiraten?"

„Wie kommst du denn darauf?", hauche ich verständnislos.

„Gestern haben sie ganz laut geschrien und nicht so tolle Dinge gesagt. Sie wissen nicht, dass ich es gehört habe, aber ich glaube nicht, dass sie sich noch lieb haben..."

„Da hast du bestimmt was missverstanden, Mäuschen" Ich lächle sie aufmunternd an, aber sie schüttelt wild den Kopf.

„Und wieso bin ich dann jetzt hier und nicht bei Dad?"

Sie hat recht. Der einzige Grund, warum Alec wollen kann, dass die Kinder den ganzen Tag bei mir sind, ist, damit Dave sich nicht um sie kümmert. Ich kann mir nur nicht erklären wieso. Selbst, wenn Dave und Alec Schwierigkeiten haben, würde er ihm die Kinder niemals vorenthalten, außer.... außer es ist zu ihrem Schutz.

„Ich sag dir mal was", meine ich zu Amy, während ich wieder aufstehe und sie zudecke. „Du schläfst jetzt erstmal und ich verspreche dir, mich darum zu kümmern, was mit deinem Dad und Alec los ist. Und wenn du aufwachst, dann ist die Welt schon wieder viel besser und du bekommst Pfannkuchen mit ganz viel Nutella, so viel, dass du darin schwimmen kannst"

Amy kichert leicht und nickt einverstanden.

„Soo" ich stelle ihr den Radio neben das Bett und lasse die CD abspielen mit Songs von Dave, auf denen er ruhige Lieder singt. „Wenn du genug davon hast, drückst du diese Taste okay?"

Sie nickt verstehend. Ich mache noch die Vorhänge zu und versichere ihr nochmal, dass alles gut werden wird, ehe ich das Licht ausmache und rausgehe. Sie hat spezielle Sterne an jeder freien Stelle ihres Zimmers, die es schön hell halten werden und falls was ist, weiß sie, dass sie immer nach mir rufen oder einfach rauskommen kann.

In Gedanken daran versunken, was Amy mir erzähl hat gehe ich in den Flur, hole die Tasche mit Lyams Zeug und die Decke, die ich auf dem Boden ausbreiten kann, sodass er darauf spielen kann.

Alec zu versichern, dass er manche Sachen nicht mitzubringen brauch, weil wir die auch dahaben, bringt nie etwas, ihm ist es am liebsten, wenn alles, was Lyam irgendwo und irgendwann brauchen könnte, immer in der Tasche ist und er nimmt sie überall mit hin.

Er ist echt ein guter Bruder und Ersatz-Dad, aber er ist eben auch ein Verlobter, genauso wie ein eigenständiger Mensch. Ich glaube, Alecs Hauptproblem ist es, dass er das viel zu oft vergisst.

Bestimmt drei Stunden lang liege ich mit Lyam auf seiner Decke, spiele mit ihm, lese ihm was vor. Er ist innerhalb des einen Jahres so groß geworden, das ist der Wahnsinn. Lange Zeit war er ja noch im Krankenhaus, daher kenne ich ihn erst so richtig, als er bei uns eingezogen ist. Angeblich hat er auch Entwicklungsverzögerungen, aber ich finde, man sollte nicht so hohe Erwartungen an Babys stellen. Sie sind immerhin Babys und dazu da, um uns Erwachsene auf Trab zu halten. Der Rest kommt von selbst.

Als ich kurz in die Küche gehe, um mir was zu trinken zu holen, krabbelt er mir einfach hinterher und brabbelt mich dabei voll. Naja, eigentlich kreischt er nur seltsame Tone. Also wenn in ihm keine kleine Tunte steckt, dann weiß ich auch nicht. Er wackelt auch so seltsam mit dem Arsch beim Krabbeln. Also entweder verteilt er schön die Scheiße und macht damit ein besonders Po-Peeling oder er ist sowas von schwul. Kein Wunder bei diesen Vorbildern. Amüsiert gehe ich wieder zurück ins Ess- und Wohnzimmer, schaue hinter mich, um zu sehen, ob er mir folgt.

Meine gute Laune verschwindet aber, als ich ein Räuspern höre und dann auch schon gegen Isak krache.

„Ups" Ich versuche ihn charmant anzulächeln.

„Erklärst du mir, was das hier werden soll? Bist du jetzt Babysitter? Als ich sagte, du sollst dir was zum Arbeiten suchen, meinte ich was auswärts und vor allem was ohne Kinder, du bist doch selbst noch ein Kind und.... Oh Gott"

Er hält den Mund, während er hinter mich schaut.

Ich folgte seinem Blick und erkenne Lyam, der sich gerade an dem Türrahmen hochzieht und dann steht. Er kreischt erfreut, fuchtelt mit den Händen herum und fällt sofort wieder auf den Arsch.

Dann guckt er ganz verdutzt und ich muss lachen.

„Süß oder?"

Isak verdreht die Augen. „Wo hast du das her? Und wann gibst du es wieder ab?"

„Isak", lache ich unsicher. „Das ist Lyam..."

Er sieht zuerst amüsiert aus, so als erwarte er, dass das ein Spaß ist, aber als er dann feststellt, dass es das nicht ist, entgleit ihm die Mimik vollkommen und er geht zwei schnelle Schritte zurück. „Was will er hier? Was soll das? Wehe er kommt mir zu nahe"

„Isak, das ist dein Sohn" ich bin ehrlich schockiert über sein Verhalten. Er aber schüttelt entschlossen den Kopf.

„Das ist nur ein Monster", zischt er, ehe er aus dem Zimmer stürmt und die Tür zu seinem zuknallt.

Ungläubig schaue ich ihm hinterher und nehme Lyam hoch, um ihm die Liebe zu geben, die er von seinem Erzeuger niemals bekommen wird. Der Arme kann doch auch nichts dafür, dass Lydia tot ist. Ich bin mir sicher, Isak weiß das. Aber ich glaube auch, dass es für ihn einfacher ist, ihm die Schuld zu geben als zu akzeptieren, dass böse Dinge guten Menschen einfach passieren, grundlos und ohne dass man etwas daran ändern kann.

Ich weiß gar nicht, wie lange ich ihm eigentlich hinterher sehe, bis Amy plötzlich auftaucht und sich verschlafen die Augen reibt. „Mano kann der ein Drama machen"

Sofort bringt mich das zum Schmunzeln.

Sie schaut auf den Tisch, dann in die Küche und schließlich haut sie mir gegen die Hüfte. „Du Lügner! Wo sind meine Pfannkuchen?!"


Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Where stories live. Discover now