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Ken

In mir brodelt alles, als ich Matt sehe, wie er ganz verängstigt zu mir schaut und dann schnell in den Gerichtssaal geht, so als habe er die größte Angst vor mir.

Mein Kiefer mahlt und ich will ihn einfach nur noch schlagen, aber Alec hält mich die ganze Zeit am Arm fest, damit ich nicht abhaue oder Amoklaufe.

„Ich weiß nicht, ob ich nicht mitten drin aufspringen und ihm die Fresse polieren werde", gestehe ich den anderen.

Es wundert mich, dass alle da sind. Isak, Alec, Dave, Cameron, Noah, Sandy und Max. Sie alle sind auf meiner Seite und wollten es sich nicht nehmen lassen, das auch zu zeigen. Dafür haben sie bei sich Zuhause alles stehen und liegen lassen, Uni, Arbeit, Freunde, nur um hier zu sein.

„Du wirst ruhig bleiben!", redet Sandy mir ein. „Wenn ihn jemand vermöbelt, dann bin ich das diesmal. Oder Noah übernimmt das wieder, bei ihm ist das ziemlich effektiv"

Er schüttelt den Kopf. „Ich bin nicht mehr so aggressiv wie früher, aber ich würde gerne sehen, wie du ihn fertigmachst"

Cameron scheint es nicht so zu gehen. Er spricht kaum und wirkt die ganze Zeit sehr angespannt. Er schaut mich auch immer so komisch an, so als kenne er die Wahrheit, die ich vor allen anderen zu verbergen versuche.

In der Verhandlung passiert erstmal viel Bürokratie, wir machen Angaben, damit sie unsere Personalien überprüfen können, ich bekenne mich für nicht schuldig und das Verfahren wird offiziell eröffnet. Es sind sogar ein paar Journalisten anwesend, wahrscheinlich nur, weil es dabei um viel Geld geht...

Matt bricht in der Befragung zusammen, beginnt fürchterlich zu weinen und sagt, er hält es nicht länger aus, im selben Raum zu sein wie ich.

Ich muss ruhig bleiben, das ist das einzige, woran ich denken kann und, dass Isak hier neben mir sitzt, ist auch das einzige, was verhindert, dass ich ausraste.

Matt wird es gestattet, den Raum zu verlassen, damit er sich beruhigen kann und es geht weiter, indem ich befragt werde. Zuerst ist Isak dran, er stellt mir die Fragen, die wir eingeübt haben und durch die ich erklären kann, wie sich das alles zugetragen hat. Danach übernimmt der Staatsanwalt.

„Sie bestreiten es also nicht, Sex mit dem Opfer gehabt zu haben...."

Bevor ich antworten kann, steht Isak auf. „Einspruch euer Ehren. Solange dieses Gericht meinen Mandanten nicht offiziell für schuldig erklärt, ist es unangebracht von Tätern und Opfern zu sprechen, da der Angeklagte bis zum Beweis des Gegenteiles immer unschuldig ist und dementsprechend behandelt und benannt werden sollte. "

Der Richter bittet den Staatsanwalt, dies zu beachten und lässt das Verhör dann weitergehen.

„Ja, ich habe mit Matt geschlafen, aber das war nicht so, wie er es behauptet hat..." Ich will meine Geschichte wiederholen, doch werde unterbrochen.

„Bitte beantworten sie nur meine Fragen."

Ich atme tief durch und nicke.

Mein Blick huscht immer wieder zu Isak oder zu meinen Freunden. Dass sie hier sind, gibt mir Sicherheit. Auch meine Schwester ist hier, ganz hinten in der letzten Reihe, aber von dem Rest meiner Familie ist keiner in Sicht.

Ich gebe zu, dass ich während der Befragung ziemlich ins Schwitzen gerate. Ich verwickle mich in Widersprüche, das bemerkt jeder. Kurz bevor ich so weit bin, einfach rauszuschreien was wirklich passiert ist, bittet Isak um eine kurze Pause, damit er sich mit mir besprechen kann.

Wir gehen zu den Fenstern, wo uns keiner hört und er legt besorgt seine Hand auf meine, er sagt nichts, doch sein Blick reicht aus.

„Es geht mir gut, ich... Brauchte nur eine Pause"

Er wirkt so enttäuscht, weil er genau weiß, dass ich gelogen habe und weiter lügen werde, aber dennoch legt der sein Mandat nicht nieder und steht hinter mir. Nach einer weiteren halben Stunde wird das Verfahren auf Mittwoch verschoben und wir werden alle entlassen.

Mein erster Gang führt mich an allen anderen vorbei zu meiner Schwester. Sie ist 4 Jahre jünger als ich, aber wir hatten immer ein besseres Verhältnis als zu irgendwem in der Familie sonst.

„Du reitest dich immer in die Scheiße", murmelt sie an meine Brust.

Ich seufze. „Das ist so eine gute Vorlage für einen Schwulenwitz..."

Empört lässt sie mich los und haut mir auf den Arm. „Du denkst aber auch immer nur an das Eine"

Ich zucke mit den Schultern. Dieses Thema mag ich eigentlich gar nicht mehr. „Danke, dass du da bist..."

Sie lächelt. „Natürlich. Mum und Dad wollten auch kommen, aber Mum hat im letzten Moment noch eine wichtige OP reingekommen und bei Dad ist immer viel los, das weißt du doch..."

„Klar", schnaube ich. „hätte mich auch gewundert, wenn ich ihnen wichtiger gewesen wäre als ihre Arbeit"

„Mir bist du es", verspricht sie lächelnd.

Ich sehe sie kritisch an. „Du bist doch nur hier, damit du nicht in die Schule musst"

Für einen Moment sieht sie echt ertappt aus und dann lachen wir beide leicht.

Ihr Blick schweift hinter mich und sie nickt hinweisend dahin.

Ich drehe mich um, erkenne meine Freunde dort stehen und mich verwirrt ansehen.

„Oh, Leute, das ist meine Schwester Rebecca. Becki, meine Freunde... Alec kennst du ja..." ich stelle ihr alle der Reihe nach vor. Die Andren kennt sie nur flüchtig und erinnert sich nicht mehr an sie, weil sie damals erst 14 war, als sie mal kurz nach der Party bei mir Zuhause auf sie getroffen ist.

Als ich ihr Isak vorstelle, nicht nur als meinen Anwalt, sondern auch als einen guten Freund, schießen ihre Augenbrauen hoch, sie mustert ihn. „Ein bisschen alt, um mit dir befreundet zu sein... nichts für ungut..." Sie lächelt Isak an.

Er schmunzelt. „Kein Problem. Die gnadenlose Ehrlichkeit liegt bei euch wohl in der Familie" Dabei schaut er dann mich an, so als wolle er sagen: Ich weiß, dass du lügst, du kleiner Penner.

Aber er spricht es nicht aus, sondern entschuldigt sich zu seinem nächsten Termin.

Meine Freunde überreden mich, mit Becki und ihnen essen zu gehen, damit wir alle auf andere Gedanken kommen.

Ich lande dabei zwischen Cameron und Alec. Alec diskutiert mit Dave und Noah über irgendetwas, Sandy schaut sich mit an, wie Becki sich an Max ranmacht, während Cam mich anstupst.

Er versucht es gar nicht erst mit Smalltalk, sondern kommt sofort zur Sache.

„Diese Würgemale letztens... Kamen die von Matt?"

„Was?", lache ich unsicher.

„Du hast schon verstanden. Ich weiß, wie grob und brutal Matt beim Sex ist, Ken, und ich weiß, wie zärtlich und rücksichtsvoll du dabei bist. Ich glaube dir, dass du ihm nichts getan hast, aber ich glaube auch, dass an der Geschichte was dran ist. Also sei ehrlich. Waren die Würgemale von ihm?"

„Nein" Dabei muss ich nicht mal lügen und Cameron bemerkt das auch. Er mustert mich eingehend, atmet dann tief durch und nickt. „Falls doch..."

„Ich weiß" Ich habe wirklich gute Freunde, ich weiß sie zu schätzen und die Tatsache, dass ich immer auf sie zählen kann, aber ich will einfach nicht reden. Dass muss selbst Cameron akzeptieren.

Das Herz Der Dunkelheit (Manxman)Where stories live. Discover now