3. Kapitel

21.8K 914 74
                                    

Manchmal regt mich mein eintöniges, langweiliges, unnötiges Leben auf. Wie zum Beispiel in diesem Moment. Meine Mutter, Blaire Padelewig, hält ein Interview. Ich habe den Fernseher angestellt, sitze auf dem Sofa und starre ungläubig auf den Bildschirm. Meine Mutter wurde zu einem bekannten Talkshowmaster eingeladen und er macht sich unentwegt über meine Mutter lustig.

„Und was ist mit den Gerüchten, dass ihre jüngste Tochter, Sydney Ariola Padelewig, von ihrem Schauspielkollegen Tim Eder sei?", fragt der Talkshowmaster Seth McCallan gerade heraus und beobachtet genau ihre Reaktion.

Meine Mutter hat die Lippen fest aufeinander gepresst und versucht angestrengt die Ruhe zu bewahren. Für jeden Zuschauer sieht sie wahrscheinlich gelassen aus, aber ich kenne ihre kleinen Gesten, die ihre warhen Gefühle zeigen.

„Meine Tochter Sydney ist von meinem Mann. Könnten sie bitte solche Fragen lassen?", fragt sie und blickt ihn ernst an. Mal abgesehen von diesem bescheuerten Seth McCallan ist die Talkshow ziemlich bekannt und beliebt. Ich will gar nicht wissen wie viele Leute gerade zusehen. Meine Mutter sieht toll aus, ihre blonden Haare sind zu einer schönen Hochsteckfrisur gemacht, ihr Kleid ist weiß und glitzert. Meine Mutter hält eine strikte Diät ein und macht täglich Workouts. Sie hat zwei Personaltrainer, die sie beide bis zum Äußersten trainieren. Meiner Meinung nach übertreibt sie das Ganze ein bisschen, aber wenn sie sich wohlfühlt ...

„Haben wir da etwa alte Wunden aufgerissen?", fragt Mr. McCallan und lacht charmant in die Kamera. So ein Arsch.

„Nein, sie haben neue hinzugefügt. Wenn sie mich jetzt entschuldigen, meine Familie erwartet mich", sagt meine Mutter in diesem Moment, ihre Stimme ist gelassen, aber ich weiß, dass sie innerlich kocht. Und auch mein Vater und meine Geschwister werden jetzt nicht gut auf McCallan zu sprechen sein. Ich lasse mich in die weichen Kissen sinken und schließe kurz die Augen.

Das ist nicht das erste Mal, dass behauptet wird ich würde aus einer Affäre entstanden sein. Meine Mutter und Tim Eder haben vor 18 Jahren einen Film gedreht, irgendeine Actionkomödie. Die beiden spielten ein Paar, dass durch Zufall dazu gezwungen wurde, einen Verbrecher zu jagen. Ich habe den Film einmal gesehen, aber besonders gut fand ich ihn nicht. Aber man hat gemerkt, dass zwischen meiner Mutter und Tim etwas in der Luft lag.

„Warten Sie", ruft McCallan ihr nach, aber meine Mutter ist bereits verschwunden. Gut so. Ich denke, dass das McCallans Image nicht gerade gut tun wird. Immerhin ist meine Mutter nicht irgendeine No-Name-Schauspielerin, sondern eine der großen Nummern in Hollywood.

Seufzend schalte ich den Fernseher aus und greife nach dem Buch neben mir. Aber ich kann mich nicht konzentrieren, meine Gedanken wandern immer wieder zu meiner Mutter und ob etwas an der Geschichte dran ist. Das ist nicht das erste Mal, dass ich darüber nachdenke. Aber würde es stimmen ... nein, es ist nichts dran. Das kann einfach nicht sein.

„Syd?", fragt eine leise Stimme und ich blicke auf. Mein Vater steht im Türrahmen. William 'Rock' Padelewig ist ein großen Mann, nicht nur das er sehr groß ist, nein, er ist ebenfalls wie meine Mutter eine der bekannten Leute. Er hat bronzefarben Haare, mit leichten gräulichen Strähnen. Die sieht man aber nicht, da er seine Haare nachfärbt. Paris hat ihre blauen Augen von ihm. Dad hat schon mit 10 Jahren seine erste Gitarre gekriegt und seit dem macht er Rockmusik. Mit 20 Jahren schaffte er den Durchbruch, mittlerweile hat er auf der ganzen Welt Fans und verdient wirklich nicht schlecht. Seine CDs werden Millionenfach verkauft. Jetzt, mit 49 Jahren, ist er immer noch so beliebt wie früher. Seine Rockband, 'The Rock' ist eine der bekanntesten Bands der Welt. 

„Hey, Dad", sage ich und setzte mich gerade auf.

„Dieser McCallan ist echt unprofessionell", sagt Dad und setzt sich neben mich auf das Sofa. Ich nicke zustimmend. Dad drückt mich an sich und ich erwidere die Umarmung.

„Du sollst nur wissen, dass ich dich ganz dolle lieb habe, meine kleine Syd, ja? Auch wenn du nicht modelst wie Paris oder eine Sportskanone wie London bist, bist du toll und einzigartig. Vergiss das niemals, meine kleine Syd", sagt mein Dad. Ich nicke traurig. Seine Worte erreichen mich nicht wirklich. Ich bin einfach nicht wie Paris oder London. Es ist nicht leicht neben solchen Gescwistern irgendeine Art von Selbstbewusstsein zu entwickeln. Immerhin bin ich weder besonders hübsch, noch sehr sportlich.

„Syd, ich sehe, dass du das nicht glaubst, aber du hast auch Stärken", sagt er bekräftigend und drückt mich an sich.

„Und welche wären das?", frage ich zweifelnd. Bei Dad bin ich immer anders, bei ihm bin ich verletzlich und zeige meine Unsicherheit. Weil ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann.

„Du bist kreativ. Du schätzt gute Musik, Paris und London hören nur diese lahme Popmusik. Aber du liebst Rock und Metall und ich bin so stolz, eine so tolle Tochter zu haben", erwidert er. Ich nicke lächelnd.

„Da fällt mir ein, ich habe eine neue CD für dich", sagt mein Dad und steht auf um diese zu holen. Dad hat nicht nur seine Band, sondern auch sein eigenes Rocklable. Er bringt mir immer CD's von den neusten Bands mit und gibt sie mir. Das ist irgendwie unser Ding geworden.

Ich schalte die Musik an und drehe sie voll auf. Mein Fuß tippt im Takt und mein Kopf schwingt leicht hin und her. Die Band ist gut, die Musik hat etwas rauchiges an sich und die Stimmung, die mit den Liedern übermittelt wird, ist einfach toll.

Und in solchen Momenten vergesse ich alles, meine talentierten Geschwister, meine reichen Eltern und meine fatale Krankheit.



Remember me Where stories live. Discover now