21. Kapitel

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Sydney

Nach dem Unterricht gehen wir zusammen in die Stadt, ich habe mich dann doch überreden lassen. Hailey ist echt nett und freundlich und als wir in einem kleinen Café sitzen, fragt sie mich wieder nach Nate.

Ich hatte gehofft, dass sie das vergessen hätte, aber nein ... sie fragt nach ihm.

„Es ist kompliziert", sage ich und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Kompliziert trifft es nicht einmal annähernd, die Sache ist einfach nur ... verrückt.

„Komm schon erzähl es mir, ich kann Geheimnisse für mich behalten", erwidert sie bittend und man hört einen leichten mexikanischen Akzent durch, als sie redet.

Und plötzlich fange ich an zu erzählen, über Nate, unseren Kuss und unser gemeinsames Projekt. Über meiner Familie rede ich kein Wort und streiche sie gekonnt aus meiner Erzählung. Es tut gut, endlich jemanden zu haben, denn ich einfach mal alles erzählen kann. Es auszusprechen, lässt es noch verrückter klingen.

„Hm ... ich glaube, da ist noch etwas, was du mir erzählen willst", sagt Hailey und blickt mich nachdenklich an. Man, sie ist gut.

„Ich ... ähm", versuche ich vergeblich eine Ausrede oder Erklärung zu finden. Mir fällt allerdings nichts ein und so sitze ich mit hochroten Kopf in dem Café und stammle unbeholfen vor mich hin. Peinlich!

„Schon gut, wenn du mir das nicht erzählen willst, kein Problem! Ich will dir hier ja auch nicht, meine ganze Lebensgeschichte erzählen und außerdem kennen wir uns ja noch nicht so gut", lacht sie und für einen Moment ist ihr unbeschwerter Blick verschwunden. Aber nur für einen winzigen Moment.

Erleichtert blicke ich sie an und wir beginnen beide zu lachen.

Der Nachmittag verläuft unbeschwert und ich glaube, dass Hailey eine richtig gute Freundin sein kann.

„Wo wohnst du?", fragt Hailey. Zusammen gehen wir zur Bushaltestelle und schauen, wann der nächste Bus fährt. Mich wundert es für einen Moment, dass Hailey keinen Führerschein hat, immerhin ist Hailey 18 Jahre alt und geht in meinen Jahrgangsstufe, allerdings gehen wir leider nicht in eine Klasse.

„In dem reichen Viertel", sage ich und in diesem Moment würde ich ihr am Liebsten alles erzählen, meine Herkunft, das Geheimhalten und meine zickige Schwester Paris. Die Geschichte mit Nate klingt noch schlimmer, wenn man weiß, dass Paris meine Schwester ist.

„Echt? Ich hatte irgendwie gedacht, du würdest nicht zu den oberen Schicht gehören", sagt sie, aber ihre Stimme ist immer noch freundlich. Ich bezweifle, dass Hailey oft die Kontrolle verliert, sie wirkt so ... ruhig und mit sich im Reinen.

„Ja, ich fühle mich auch nicht dazugehörig", sage ich und meine Stimme bricht ab. So richtig fühle ich mich nicht dazugehörig, meine Familie ist so anders und manchmal habe ich das Gefühl, sie nehmen mich nicht an. Ich bin die kranke Kleine, die nur Sorgen bereitet.

„Das kenn ich. Ich komme zwar nicht aus einer so reichen Familie, aber die Ansprüche waren so hoch ... das ich ihnen irgendwann nicht mehr gerecht wurde."

Irgendwie brach etwas in mir aus und plötzlich sprudelten die Worte nur so aus meinem Mund, ich erzählte ihr alles, von meiner Familie und von den Problemen. Meine Krankheit ließ ich weg, das war einfach zu Privat. Keine Ahnung wieso ich es Hailey erzähle, immerhin kenne ich sie kaum, aber ... ich habe das Gefühl, ich muss es jemanden erzählen. Ich brauche eine zweite Meinung.

„Du hast deine Schwester und Nate beim Sex gehört?", fragt sie nach und verzieht angewidert das Gesicht. Ich nicke und schüttle mich.

„Das war so schlimm! Und erst am nächsten Morgen wurde mir dann klar, dass Paris und Nate das waren."

„Das ist so eklig. Aber ich glaube, du stehst auf Nate und das, obwohl er mit ... deiner Schwester zusammen ist", stellt Hailey zögerlich fest.

„So weit bin ich auch schon gekommen. Aber was soll ich tun?", frage ich und hoffe einen nützlichen und guten Rat zu kriegen.

„Wieso sagst du deiner Schwester nicht einfach, dass sie eine hinterhältige Bitch ist und sie dich mal kann?" Ich lache laut auf und einige Menschen gucken mich schräg an, weswegen ich schnell aufhöre und leicht lächle.

„Meine Schwester würde der Presse alles erzählen und ich weiß nicht, ob ich das aushalten würde", sage ich.

„Na und? Dann weiß die Presse eben, dass du die richtige Tochter bist und nicht diese Schauspielerin", sagt Hailey schluterzuckend und in diesem Moment kommt der Bus. Zusammen steigen wir ein.

„Da ist noch mehr. Die Presse würde so lange wühlen, bis sie etwas so mieses und verletzendes Genfunde haben, dass sie ruhig hält."

„Glaubst du aber, dass deine Schwester so etwas tun würde?"

Das ist eine gute Frage, würde meine Schwester mich wegen einen Jungen verraten? Leider befürchte ich, dass sie das tun würde.

„Ach, das ganze ist so ... anstrengen", sage ich und atme tief ein und aus.

„Und weißt du, was schon immer der beste Weg, einfach mal alles zu vergessen? Party."

Es dauerte, bis Hailey mich überredet hatte. Ich hatte alle möglichen Argumente und ein bisschen Angst habe ich, dass ich mich überanstrenge und ... naja einen Anfall bekomme.

Aber letztendlich hat Hailey es geschafft. Jetzt stehen wir etwa ratlos vor meinem riesigen Kleiderschrank. Leider habe ich keine Partykleider.

„Ich habe eine Idee", kreischt Hailey plötzlich, „Wo ist Paris Zimmer?"

„Gleich nebenan", sage ich und erst zu spät begreife ich, auf was das heraus laufen wird. Hailey zieht mich in Paris Zimmer und ein Glück ist meine reizende Schwester nicht da.

„Deine Schwester kann doch auf ein paar Partyklamotten verzichten, oder?" Ich schüttle demonstrativ den Kopf, nein, meine Schwester wird mich umbringen.

„Bitte nicht", sage ich leicht verzweifelt.

„Doch, du kannst dir auch einmal ein bisschen Spaß gönnen", sagt sie und hält ein schwarzes kurzes Kleid hoch. Ich verziehe das Gesicht.

Nach einer ganzen Weile hat Hailey mir etwas rausgesucht, einen enge zerrissene Jeans und eine etwas weit ausgeschnittene rote Bluse. Hailey macht meine Haare und schminkt mich leicht, aber ich will gar nicht in den Spiegel gucken, bestimmt sehe ich ... komisch aus.

Hailey suchen wir ein dunkles Kleid und ich helfe ihr beim Schminken. Sie sieht echt hübsch aus und als wir unsere Jacken anziehen und auf das Taxi warten, bin ich richtig aufgeregt, wie lange war ich schon nicht mehr feiern? Seit Derek nicht mehr ...

„Party", kreischt Hailey und ich stimme in ihr Jubel ein.

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