41. Kapitel

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Nate

„Ja?", ich springe auf und blicke panisch den Arzt an. „Sind sie ein Verwandter? Ich darf nur genauere Informationen an Verwandte geben."

Bevor ich etwas sagen kann, ist London neben mir und sagt mit erstaunlich ruhiger Stimme: „Ich bin ihr Bruder, London Padelewig."

Der Arzt lächelt mir kurz zu und wendet sich dann an London.
„Ihre Schwester hat die OP überstanden. Allerdings kann ich noch nichts genaueres sagen. Wir müssen sie jetzt erst einmal beobachten, ob ihr Körper die Spenderlunge annimmt oder abstößt. Die nächsten Tage wird sie noch in der Intensivstation liegen und wird künstlich beatmet. Sie wird jetzt unter Beobachtungen stehen, aber bis jetzt ist alles gut gelaufen.
Wenn alles gut laufen wird, wird sie in Therapie gehen und neue Medikamente kriegen, die ihr Immunsystem wieder auf Vordermann bringen. Sie können zu ihr, allerdings ist die Infektionsgefahr groß und zudem schläft sie."
Die Worte kommen nur langsam bei mir an. London neben mir lächelt. Der Druck auf meiner Brust nimmt nicht ab, aber ich habe das Gefühl, wieder einigermaßen richtig atmen zu können.

„Kann ich sie jetzt sehen?", frage ich den Arzt und meine Stimme klingt schwach. Der Arzt mustert mich kurz und lächelt mir dann ermutigend zu. „Ja, können sie. Immer nur einer, sie können als erstes."

Ich nicke schnell, werfe London und Hailey ein entschuldigendes Lächeln zu und folge dem Arzt. Der Gang ist weiß und mir wird kurz schwindelig. Ich habe etwas Angst, was mich erwartet.

„Sie müssen bedenken, dass Sydney gerade erst aus dem OP gekommen ist. Also erschrecken Sie sich nicht", warnt mich der Arzt und deutet auf eine Glasscheibe. „Die Infektionsgefahr ist zu dieser Zeit noch zu groß, deswegen würden ich sie bitten, hier zu warten. Sie müssen ein Schutzkittel und Mundschutz tragen. Eine Krankenschwester wird sie gleich einweisen." Mit diesen Worten eilt er eilig den Gang hinunter und ich wende mich der Glasscheibe zu.
Da die Scheibe sehr stark vorspiegelt ist, erkenne ich nur die unscharfe Gestalt von Sydney, wie sie im Bett liegt.

„Nate?" Ich drehe mich um und blicke Natalie entgegen.

„Hey", murmle ich schwach und blicke wieder in das Zimmer.
„Komm, ich bin hier, um dir helfen. Du darfst nur einige Minuten dort sein. Komm", wiederholt sie und führt mich durch in das Zimmer, allerdings stehe ich in einem Vorraum. Natalie gibt mir einen Mantel und einen Mundschutz. Ich ziehe es an und sie führt mich in den Raum, in den Sydney liegt. Mir bleibt kurz die Luft weg. Das Bett sieht unbequem aus und Sydney versinkt in dem großen Kissen. In ihrem Mund ist ein Kabel und ihr Gesicht ist blass. Sie sieht so alleine aus, dass mein Herz schmerzt. Ich setze mich neben das Bett und greife vorsichtig nach ihrer Hand.

Einige Schläuche führen in ihren Handrücken und ich passe auf, sie nicht zu berühren. Ihre Finger sind kalt und ich versuche sie etwas zu wärmen. Ich suche ihr Gesicht nach irgendeiner Regung ab, aber ihr Gesicht ist wie eingefroren.
Sie wird wieder aufwachen. Ich weiß, dass sie wieder aufwachen wird, aber ihr fahles Gesicht macht mir Angst. Was wenn sie nicht aufwacht? Gott, ich liebe sie und kann mir nicht vorstellen, dass sie plötzlich weg ist. Der Druck auf meiner Brust wächst wieder und eine Träne löst sich auf meinem Augenwinkel. In diesem Moment spüre ich, wie meine Finger schwach gedrückt werden.

Erschrocken blicke ich. Sydneys dünne Finger halten meine Hand und ich merke, wie mein Herz immer schneller klopft. Allerdings hat sie die Augen noch immer geschlossen. Aber sie ist noch da. Sie ist noch nicht für immer weg.

„Nate?", holt mich Natalies Stimme auf meinem Gedanken. Widerwillig löse ich meinen Blick von Sydney und gucke in Natalies Gesicht.
„Es tut mir Leid. Aber sie wird wieder, wirklich." Ich nicke und blicke wieder zu Sydney. Ihre kalte Hand umschließt noch immer meine und ich habe das Gefühl, dass ich ihr so zeigen kann, dass ich hier bin. Das ich an sie glaube.

Ich glaube daran, dass sie wieder aufwacht und wir beide eine Zukunft haben.

Remember me Where stories live. Discover now