16. Kapitel

16.7K 827 72
                                    

Nate

Der Kuss ... Sydney kann verdammt gut küssen. Aber ich bin mit Paris zusammen - wenn auch nur gezwungener Maßen. Und ich muss das Richtige tun, auch wenn es sich falsch anfühlt.

Sydney verkriecht sich wieder, blickt nicht auf und ich komme einfach nicht damit klar, dass das meinen Schuld ist. Ein paar Mal habe ich versucht sie anzusprechen, aber mein Mut ist vergangen. Und als dann das Projekt angekündigt wurde ahnte ich nichts. Doch als die Lehrerin unsere Name aufruft, blickt Sydney erschrocken auf. Und ich sehe genau, dass sie ebenso wenig Lust hat, wie ich. Ich gehe zögerlich zu ihr und setzte mich hin. Sydney starrt auf die verkratzte Tischplatte und macht keine Anstalten, ein Gespräch zu beginnen.

Deswegen rede ich einfach, teile die Aufgaben so gut es geht auf und frage schließlich, ob sie damit einverstanden ist. Sie nickt und blickt auf. Ihre Augen hauen mich um.

„Aber tu mir ein Gefallen, küss mich nicht noch einmal", sagt sie und nimmt ihre Tasche und verschwindet. Die Lehrerin ruft sie zurück, aber Sydney Bloom ist verschwunden.

In der Mittagspause ist Sydney verschwunden, nicht das ich nach ihr Ausschau halte ... doch mach ich.

„Paris, können wir kurz reden?", frage ich genervt, als sie die ganze Zeit versucht mich zu küssen, während ich meine Pommes essen will.

„Klar, Schatz", sagt sie und zieht mich in den Gang.

Sie denkt ich hätte sie nach draußen geführt, um zu knutschen, aber ich halte sie zurück.

„Ich habe ein Frage", sage ich und versuche, es möglichst harmlos zu fragen. „Sind Sydney und London zusammen?"

Als ich gesehen habe, wie gut die beiden sich verstehen, da war ich eifersüchtig, obwohl ich kein Recht dazu habe. Das weiß ich. Aber der Gedanke, dass sie mit einem Player wie London zusammen ist ... da kriege ich Aggressionen.

Zu meiner Überraschung fängt Paris an schallend zu lachen.

„Sydney und London", wiederholt sie und lacht.

„Was ist daran so witzig?", frage ich verwirrt.

„Ach nichts, aber um deine Frage zu beantworten, nein." Sie lacht noch einmal.

Leicht verwirrt nicke ich und beschließe noch einmal schnell auf Toilette zu gehen.

„Komme gleich", sage ich und deute auf die Toilette. Gerade als ich sie betreten will, höre ich Geschrei. Ohne viel Nachzudenken laufe ich zu den Geräuschen und muss erst begreifen, was ich sehe. Sydney steht mit einem düster aussehenden Typen im Gang, der unentwegt auf sie einredet. Seine schwarzen Haare, die schwarzen Klamotten und seine dunklen Augen lassen ihn düster erscheinen.

„Du hast getrunken, Derek", sagt Sydney vorsichtig und legt sanft ihre Hand auf seine Schulter. Ich spanne mich an. Wieso ist sie so nett zu ihm?

„Nein", ruft der Typ, Derek, laut und Sydney zuckt leicht zusammen. Es klingt als wäre er betrunken.

„Bitte, Derek. Ganz ruhig, ich rufe jemand an, der dich jetzt nach Hause bringt, ja?", fragt sie leise und schenkt ihm ein freundliches Lächeln. Schon wieder fühle ich dieses stechende Gefühl, Eifersucht? Echt schwach, Nate.

„Aber ich will nicht nach Hause, ich will bei dir sein", lallt Derek und geht einen Schritt auf sie zu. Sie weicht seiner unbeholfene Umarmung aus und blickt ihn traurig an.

„Du musst aufhören, Derek, so geht das nicht weiter", sagt sie schließlich. Derek hat sich auf den Boden gesetzt und starrt sie schweigend an.

„Aber ich kann nicht", sagt er langsam und versucht klar und deutlich zu sprechen.

„Derek, du kommst nur, wenn du total betrunken bist. Das geht echt nicht", sagt Sydney und kniet sich neben ihm.

„Aber, ich", beginnt er, klappt dann aber wieder den Mund zu. Dann wieder auf und zu. „Ich bin ein Fisch", sagt er schließlich und lächelt sie glücklich an.

Sydney seufzt. Ich rate mal, dass er nicht nur betrunken ist, sondern wahrscheinlich irgendetwas anderes eingeworfen hat.

„Ich ruf jetzt London an, er wird mir helfen", sagt sie mehr zu sich, als zu Derek, da der immer noch den Mund zu und auf klappt.

„Hey London, Derek ist mal wieder hier ... ja, ja ich weiß ... nein, es geht ... das wäre nett ... ich weiß ... danke ... Hab dich auch lieb, bis gleich", sagt sie und packt ihr Handy ein. Hab dich lieb? Sydney und London müssen zusammen sein, auch wenn Paris etwas anderes sagt. Eine andere vernünftige Erklärung fällt mir nicht ein.

„Nate?", schreckt mich Sydney mich aus meinen Gedanken. Ich blicke sie schuldbewusst an, sie sieht weder sauer oder wütend aus, sondern ... müde und fertig. Ihre Augen strahlen nicht so wie sonst und ihre Stimme klingt bedrückt und belegt.

„Ja, ich war gerade auf dem Weg ... nach draußen", sage ich schnell und frage mich, was hier vor geht.

London wird bald auftauchen und ich würde ihn zu gerne fragen, ob die beiden zusammen sind. Einfach um Gewissheit zu haben. Und um Sydney aufzuklären, dass ihr Freund ein Player ist und einfach nicht für Beziehungen taugt. Zwar wird London sauer auf mich sein, aber das ist mir lieber, als das er und Sydney zusammen sind. Sydney hat was besseres verdient.

„Ist klar", sagt sie und fasst mich am Arm an. Ich blicke etwas verwirrt, als sie mich zu Derek zieht. Ihre kleine Hand auf meinem Arm ist ganz kalt. Am Liebsten würde ich ihre Hände wärmen ... Reiß dich zusammen Nate!

„Du musst mir helfen. Er ist total voll und alleine kriege ich ihn nicht zum Parkplatz", sagt sie und ich merke, dass sie echt verzweifelt sein muss, um mich um Hilfe zu bitten. Immerhin ist sie auf mich sauer ... aus guten Grund.

„Klar", sage ich übermotiviert und hoffe, dass ich so etwas wieder gut machen kann, es zwar braucht definitiv mehr, damit wir Freunde werden, aber das ist ein guter Anfang.

Derek macht sich absichtlich schwer und ich versuche zwar, Sydney so viel Gewicht wie möglich abzunehmen, aber ich sehe, dass er zu schwer für sie ist.

„Wir können eine kurze Pause machen", sage ich, als wir an der Schultür ankommen.

„Nein, geht schon", sagt sie und geht weiter.

Draußen sind kaum noch Schüler, der Unterricht hat wieder angefangen und schwänzen, wird hier nicht gerne gesehen. Das ist aber so zu sagen ein Notfall.

Londons Auto biegt gerade auf den Parkplatz. Ich sehe, wie er mit einem grimmigen Ausdruck auf uns zu kommt und ich höre ihn schon schimpfen. Als er bei uns angekommen ist, wendet er sich Derek mit einem wütenden Gesichtsausdruck zu.

„Was machst du hier, Versager? Lass sie in Ruhe", faucht er und nimmt Sydney das Gewicht ab.

„Er ist voll, wahrscheinlich hat er sich mal wieder entspannt", sagt sie leise und starrt auf den Boden. Derek ist mittlerweile geistig nicht mehr anwesend und ich habe die Vermutung, dass er bald das Bewusstsein verliert. Seine Augen sind fast geschlossen und er kann kaum den einen Fuß vor den anderen setzten.

„Versager", knurrt London, „und wehe er kotzt meinen Wagen voll."

Derek in den Sportwagen zu kriegen ist schwer, da er immer zu Sydney will und unverständliche Worte murmelt.

„Ich bring ihn nach Hause, aber wir müssen irgendwas unternehmen", sagt London, steigt in den Wagen und fährt davon, natürlich nicht, ohne sich mit einer Umarmung von Sydney und einen Handschlag von mir zu verabschieden.

Ein paar Sekunden stehen wir einfach nur da, Sydney guckt nachdenklich in die Ferne und ich blicke sie an. Dann atmet sie geräuschvoll aus und geht.

Ich gehe ihr nach und frage: „Was war das eben?"

„Geht dich gar nichts an", blafft sie mich an und in ihrem Blick ist Wut. Sie braucht nur meine Hilfe und jetzt bin ich wieder der Arsch, der sie geküsst hat.
„Aber ich verdiene eine Erklärung."

„Und ich etwa nicht?", fragt sie sauer und läuft ohne einen weiteren Blick auf mich in die Schule.

Remember me Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt