kapitel 5

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Mein Leben ist mir abhanden gekommen. Nichts ist mehr so wie es einmal war, und wenn doch, dann fühlt es sich falsch und unrealistisch an.

Ich glaube es geht uns alles so. Selbst Melanie hat einen apathischen Blick, als die neben mir auf der Bank in einem Raum sitzt, den sie Küche nennen.

Seine Wände sind in einem Beige angestrichen und er ist bestückt mit einem hölzernen Mobiliar. Hätte er Fenster, keine Bildschirme auf jedem gefühlten Quadratzentimeter und in allen Richtungen eine Klimaanlage, würde er vermutlich den Eindruck eines Bauernhofes vermittelten.

Angrenzend zu ihm, befinden sich die verschiedensten Aufenthaltsräume. Von Schlafzimmern mit dazugehörigem Badezimmer, sowie einem gut gefüllten Kleiderschrank bis hin zu einem kleinen Schwimmbad und Fitnesscenter. Wäre dies ein echtes 5 Sterne Hotel, ich hätte mich gefühlt wie im 7 Himmel. Doch das rege Flimmern und Leuchten der Computer, zerstört die Illusion.

Ich glaube ich bin ganz zufrieden damit, einfach nur in der Küche zu sitzen und Kartoffeln zu schälen. Es fühlt sich gut an, etwas zu tun.

"Das ist doch verrückt!"- sagt Hazel, eine Zwanzigjährige mit mausgrauem Haar und einer Nerdbrille- " da befinden wir uns in einer Zukunft die hoch technologisiert ist und müssen trotzdem Kartoffeln schälen."

"Du hast doch gehört was Jack gesagt hat"- gibt Melanie bissig zurück- " sie können nicht alle ihrer Möglichkeiten zur Verfügung stellen, weil es uns dann wahrscheinlich restlos überfordern würde."

Hazel und ich seufzen und tauschen Blicke.
Seit wir hier sind gibt die Blondine zu allem ein stichelndes Kommentar ab.

"War ja auch nur eine Feststellung" rechtfertigt sich Hazel.

Der Plastikeimer ist nun schon randvoll mit Kartoffelschalen gefüllt und ich stehe auf und leere ihn, in der Müllklappe unter der Spüle.
Irgendeine Art von aufkommendem Geräusch bleibt aus. Ich überlege wie es in irgendeine Schreddermaschiene gerät und wieder in Form von zerhachseltem Kompost, im Wüstensand von Mexiko, ausgespuckt wird. Ob ich mich damit identifizieren kann? Es gibt keinen besseren Vergleich.

Wir sind nun schon seit einerWoche hier. ( bzw. im wachen Zustand )Das weis ich, weil eine riesige Uhr im Gemeinschaftsraum Jahreszahl, Wochentag, Monat und Zeit ansagt.
Heute zum Beispiel kann ich in grünen Leuchtbuchstaben erkennen:
11:33 Uhr/ Montag/ 3. Mai/ 2592

Verrückt. Einfach verrückt.

Ich schätze mal, jeder hier hatte mal in den 7 Tagen seine Höhnen und Tiefen. Obwohl, um ehrlich zu sein, sind die Meisten aus ihren Tiefen gar nicht erst wieder aufgetaucht. Wenn ich an absolut nichts denke, befinde ich mich schätzungsweise bei einer Skala von 1- 10 auf einer ungefähren 2, wenn's hoch kommt, aber wenn ich mich hinsetze und ernsthaft darüber nachdenke dann eher auf einer -13 oder so.

Scheiße.

"Wisst ihr, dass ich übermorgen 534 Jahre alt werde? Und da dacht ich noch dass man mit 20 schon ziemlich alt ist. Meine Mutter wäre stolz auf mich." Hazel lacht laut auf. Fast ein bisschen hysterisch.

Der Plastikeimer rutscht aus meinen Händen und fällt scheppernd auf den Boden.

534... 534...!
Dann bin ich ja... 531

Das Atmen fällt mir schwer.
Irgendwie stürzt alles erneut über mich ein.

Und ich falle.

In schwarz.

Im Weiß.

In fast Nichts.

***

"Meeeeeggiiiie... Meggie... Kommst du endlich?"

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