Kapitel 41

4K 327 9
                                    


Kapitel 41

Auf dem Weg zurück zu den Containern, bricht ein Sandsturm aus.

Jedenfalls fühlt es sich so für mich an. Der Wind bläst mir so stark um den Körper dass ich die Augen festzukneifen muss um etwas zu erkennen. Die kleinen Sandkörner auf meiner Haut brennen und stechen, wie tausend Stiche. Die Menschen um mich herum packen ihre Stände zusammen und hetzen genauso wie ich zurück in ihre Häuser oder suchen sich einen anderen Unterschlupf.

Der Wind ist so stark, dass er mich förmlich von der Balustraden wirft. Ich ziehe mir mein T-Shirt hoch über mein Gesicht, versuche Nase und Augen zu schützen und muss mir den Weg an der Wand entlang tasten.

Als ich die Tür zu den Containern schließlich aufstoße, bin ich so voller Sand, dass jeder Schritt an meiner Haut wir verrückt scheuert.

Vor mir steht Emmett.

Weil es so unerwartet ist ihn zu sehen, ziehe ich überrascht die Luft ein und vergesse fast wie unangenehm ich mich in diesem Augenblick eigentlich fühlen sollte.

„Maggie." Sagt er und ich sehe wie ein seltsam angespannter Ausdruck über sein Gesicht huscht.

Ich verziehe die Mundwinkel.

„Was ist denn?" frage ich und kann nicht verhindern, wie trotzig es klingt.

Erst da bemerke ich, dass Isabelle neben ihm steht. Ich hatte nicht gewusst, dass sich die beiden kennen. Aus irgendeinem Grund behagt mir dieser Gedanke nicht so ganz. Ich versuche mein T-Shirt wieder gerade zu rücken und den größten Teil des Sandes, von meinen Beinen und Armen weg zu klopfen.

„Du wurdest für die Hälfte deiner Arbeitszeit freigestellt." Emmett tritt ein paar Schritte vor und bleibt dann stehen.

„Das weiß ich schon." Ich schabe mit den Füßen über den bloßen Betonboden.

„Wäre das dann alles?"

„Nicht ganz." Sagt er „Du wirst trotzdem arbeiten. Eddarain hält es für eine gute Idee wenn du bei den Waldarbeiten hilfst."

„Waldarbeiten? Das hört sich nicht viel besser an als Straßenarbeiten." Stelle ich fest.

„Du bist ziemlich undankbar." Isabelle hat den Kopf in meine Richtung gewandt ohne mich anzusehen. Ich beiße die Zähne zusammen.

„Es wird dir dabei helfen zu verstehen was es bedeutet hier zu leben und was es bedeutet das du hier bist. In einer halben Stunde gehen wir los."

„Wir?" frage ich.

„Es ist meine Aufgabe." Sagt er.

„Mich zu kontrollieren, welche Pillen ich schlucke?" ich starre ihm ins Gesicht.

„Oder, dass du von nichts getötet wirst. Such dir was aus."

Eine halbe Stunde später stehe ich vor den Eingängen der Containern. Es stürmt noch immer, ich halte mir einen Arm vor den Kopf und versuche damit den größten Teil des Sandes von mir fernzuhalten.

Isabelle steht neben mir, wahrscheinlich um aufzupassen, dass ich nicht davonlaufen, warum auch immer. Ich sehe ihr an, dass sie ihr mindestens tausend andere Dinge einfallen, die sie lieber machen würde.

„Wir sind bereit." Emmett stellt sich neben mich und dann an Isabelle gewandt: "Danke, aber von hier aus übernehme ich."

Für einen Moment sieht es so aus, als wöllte sie ihm wiedersprechen, doch dann nickt sie bloß, nicht ohne ihm dabei einen seltsamen Blick zu zuwerfen.

Ich komme nicht überein, zu welchen Verhältnis sie zu einander stehen. Sie kennen sich anscheinend gut, aber ein bisschen so als hätten sie sich gemocht und dann fürchterlich zerstritten. Dabei ist sie auch noch so hübsch, viel hübscher als ich zum Beispiel, und außerdem ungefähr im selben Alter...

ich schüttele den Kopf und versuche Emmett einzuholen der mir schon vorausgelaufen ist. Ich drehe mich noch kurz zurück zu Isabelle und kann fast noch erkennen, wie ein wehmütiger Ausdruck über ihr Gesicht huscht.

Eine Weile sagen wir nichts. Ich denke darüber nach, was ich sagen könnte, aber mir fällt nichts ein. Denn alles was ich jetzt sagen könnte, wäre trotzig. Aber verrückterweise will ich dieses Mal nichts Trotziges herausbringen. Obwohl ich mich immer noch wie ein Spielstein fühle den man nach Belieben in ein oder die andere Richtung schiebt.

Mir fällt auf, dass wir, je weiter wir laufen, immer weiter an Höhe verlieren. Auf einem Dach bleiben wir schließlich stehen. Wir sind jetzt so weit unten, dass ich schon Sand sehen kann. Aber noch keine Spur von Bäumen, geschweige denn einem Wald.

„Jetzt kann es ein bisschen gewöhnungsbedürftig werden." Sagt Emmett und beugt sich nach unten, um eines der quadratischen Bretter auszuheben. Ich sehe ihm zu wie er aus einem kleinen Hohlraum, eine Ansammlung Seile und so etwas wie einen Gurt herauszieht. Einer von den Gurten, mit denen Dad mich immer gesichert hat, wenn er mich einmal im Jahr, zu meinem Geburtstag, mit zum Klettern, genommen hat.

„Hier, nimm das." Er wirft mir einen von den Gurten hin. Ich fange ihn auf, wobei die Seile über den Boden schleifen. Nachdem er die Platte zurück an ihren Platz geschoben hat, pflückt er eines der Drahtseile, die über uns in der Luft geschnürt sind, wie ich jetzt erst bemerke, und befestigt einen Haken daran. Die Schnur, die an den Haken geschnürt ist, führt direkt zu dem Gurt, den ich in meinen Händen halte.

„Oh nein, nein." Sage ich und weiche ein paar Schritte zurück. „ Das mache ich nicht."

Für einen kleinen Moment zieht ein amüsierter Ausdruck über seinen Mund, aber nicht lange, dann sind seine Mundwinkel wieder an ihren Platz zurück gerutscht.

„Du hast doch jetzt keine Angst, Maggie." Sagt Er.

„Ich... ich habe... habe Höhenangst." Presse ich hervor.

„Hier?" jetzt muss er fast ein Lachen unterdrücken. Ich weiß wie komisch das auf ihn wirkt, schließlich ist ganz North in die Höhe gebaut und ich habe nie auch nur einen Piep gesagt und jetzt sprechen wir hier über nicht mehr als 15 Meter.

Aber er kann schließlich nicht wissen, dass mich Dad an meinem 10. Geburtstag zum Klettern mitgenommen und dabei aber vergessen hat, die Gurte richtig zu sichern und ich schließlich aus sechs Metern hinuntergefallen war und mir eine Rippe und den rechten Arm gebrochen habe. Und er kann auch nicht wissen, dass sich danach das Verhältnis zwischen mir und meinem Vater für immer geändert hatte.

Natürlich nicht.

Als er merkt das ich nichts weiter dazu sagen werde, seufzt er und lässt das Drahtseil los. Jetzt hängt es wie ein Drohung in der Luft.

„Hör zu das dauert nur ein paar Minuten. Dann kommst du an und hast wieder festen Boden unter den Füßen. Das Seil befördert dich direkt dorthin wo wir hin wollen und du hast doch sicher genauso wenig Lust wie ich, den ganzen Weg zu Fuß zu laufen."

Für ein paar Sekunden bleibe ich einfach nur erstarrt stehen, obwohl ich begriffen habe, das es keinen andere Möglichkeit gibt.

„Nur ein paar Minuten." Sagt er.

Schließlich nicke ich. „Okay, aber wenn ich kotze muss, bist du Schuld."

Gleich kommt noch ein Part ;) Habs mal lieber in 2 unterteilt


EdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt