Kapitel 12

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Als sich der kleine Ausgang, von Flur Nummer neun, sich noch nicht geöffnet hatte, hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, was für eine Form Eden hat. Jetzt aber, kann ich auf ein riesiges Gebäude emporschauen, dass Kuppel-artig in den Himmel ragt.
Es ist gigantisch.

Ich sitze auf dem Boden und male Kreise in den Sand. Jack, Grace und Colin tun dasselbe oder blicken in den Horizont.

Den Anderen wurde es entweder zu heiß oder sie sehen keinen Sinn darin bis zum Umfallen, die Sonne anzustarren. Sie haben sich in die Schatten von Eden zurück gezogen.

Soweit ich weis, kocht Melanie Büchsenbohnen auf. "Meine Haut verträgt die Hitze nicht, davon bekommt sie schneller Falten." Hat sie zu Colin gesagt, der mit geschlossenen Augen im Sand lag.

Was er noch immer tut.

Seine langen, dunklen,Wimpern berühren seine Wangen und sein Mund ist leicht geöffnet, als schliefe er.

Ich betrachte seine Haare, die schwarz und dicht sind und in leichtenWirbeln von seinem Kopf abstehen.

Mir fällt auf, dass sein Gesicht einem Mädchen besser gestanden hätte.

Er öffnet seine Augen. Sie sind graublau mit gelben Flecken in der Iris.
Als er merkt, dass ich ihn beobachtet habe, verzieht er seine schmalen Lippen zu einem undefinierbarem Lächeln.

Schnell sehe ich weg.

"Spürst du das? Spürst du den Wind? Riechst du die Luft? Das ist es, was ich in Eden vermisst habe." Sagt er, nach einem kurzen Moment des Schweigens.

"Ich spüre nur die Hitze." Stelle ich fest.

"Schon klar, aber..." Er wird unterbrochen.

Jack steht mit verschränkten Armen vor uns und versperrt den Blick auf die Sonne. "Ich bitte euch wieder reinzukommen."

"Wieso?" Collins Stirn ist mit einem Male gerunzelt.

"Es ist wichtig. Bitte, kommt einfach."Jack schaut uns eindringlich in die Augen. Ich seufze und richte mich auf. Als ich stehe, klopfe ich mir den Sand von den Beinen. Colin folgt wiederstrebend meinem Beispiel. Gemeinsam gehen wir die paar Schritte zurück, die uns von Eden entfernten. Ein letztes Mal starre ich in die pralle Sonne und in den hellblauen Himmel.

***

"Das ist absolut bescheuert." Abby, zieht angespannt die Luft ein.

Wir sitzen im Kinosaal, der ohne große Worte, eine Art...Versammlungsort geworden ist.

"Natürlich ist es bescheuert, aber gleichzeitig auch das einzige, dass wir in unserer Situation tuen können." Jack richtet sich in seinem Sessel auf, während seine grünen Augen unruhig die Umgebung taxieren.

Vor wenigen Minuten, hatten Er, Peter, Jeff und Thomas, allesamt muskulöse Männer in den 40igern, uns erklärt, dass sie es als ihre Pflicht sahen (haha), die große, weite, gefährliche, unberechenbare Wüste von México zu überqueren, um nach den Spuren unserer verfallenen Zivilisation Ausschau zu halten. Offenbar halten sie es für keinen Zufall, dass Eden, ausgerechnet jetzt, einen Ausgang freigegeben hat.

Ein absoluteres Himmelfahrtskommando also.

Das erste Mal seit Tagen, melde ich mich zu Wort: "Das ist nicht nur bescheuert, das ist dämlich. Ihr wisst doch überhaupt nicht wie sich die Natur, die ganze Evolution verändert hat. Was ist, wenn es Tiere gibt, die den Menschen angreifen...?!"

"Das Risiko ist uns durchaus bewusst, aber wir haben uns bereits dazu entschieden. Keiner hat das Recht uns aufzuhalten." Thomas strafft seine Schultern. Er sieht mir nicht so aus, als ob er besonders helle sei.

Wie gesagt: ein absolutes Himmelfahrtskommando.

Emmelie hebt hilflos ihre Arme in die Höhe "Natürlich können wir euch nicht aufhalten, aber denkt bitte daran, dass es wichtig ist, besonders in diesen Zeiten, zusammenzuhalten. Es ist keinem geholfen, wenn jeder einfach nur sein Ding durchzieht.
Vor allem in meinem Alter..."
Fügt sie noch hinzu und sieht leicht spöttisch auf Jack hinab.

Ich verkneife mir ein Grinsen, das mir aber sofort vergeht, als mein Blick auf Colin fällt.

Er hat sein Kinn auf den Händen abgestützt und starrt nach vorne. Er sieht angespannt und nervös aus. Seine Augen huschen ab und zu konzentriert über unsere Köpfe hinweg.

Ich weis nicht, wieso mich sein Verhalten so beunruhigt.

***

"Und ihr seid sicher, dass ihr das tun wollt?" Fragt Grace unsicher.

"Ja.", Jack kratzt sich am Kinn und reißt kurz an den Riemen seines Rucksackes, einer von vielen, den er uns sein "Gefolge" in einem der Zimmer, gefunden haben, "Aber wir sind ja auch bald zurück. Wir erkunden nur ein bisschen die Umgebung."

Die Sonne ist schon fast am untergehen und sickert in roten Streifen den Himmel hinab. Alles ist in dämmriges Licht getaucht und ich kann kaum atmen, so schön finde ich diesen Anblick.

Wir stehen, eine kleine Ansammlung zusammengewürfelter Menschen, unterschiedlicher Herkunft, vor den langsam aufkommenden Sternen und verabschieden, in unmittelbarer Nähe von Eden, Thomas, Jeff, Peter und Jack, die mit ihren geschulterten. Rucksäcken, einen ziemlich waghalsigen Eindruck machen.

"In zwei Tagen sind wir zurück." Sagt Jeff. Sein rotes Haar, sieht im Dämmerlicht aus, als stünde es in Flammen. "Versprochen."

Wieso hab ich nur dieses unbestimmte Gefühl, dass es ein riesen, riesen, riesengroßer Fehler ist den sie tun?!

EdenWhere stories live. Discover now